Die Mehrheit sieht keine Alternative

 

Neustädter Eltern zahlen für die Kernbetreuung an Kindergärten demnächst höhere Gebühren

In Neustadt werden die Kindergartengebühren zum 1. Januar 2018 noch einmal ansteigen. Ausnahmsweise fiel diese Entscheidung mal nicht einstimmig aus.

von Michael Rinde

Neustadt. Mit den Stimmen von CDU und SPD und nach einer für Neustädter Stadt- parlaments-Verhältnisse langen Aussprache wurde die vorgeschlagene Erhöhung der Kindergartengebühren beschlossen. Ab dem 1. Januar nächsten Jahres zahlen Eltern für die Kernzeit von 7.45 bis 13 Uhr zukünftig statt bisher 120 dann 127 Euro. Es ist die nunmehr zweite Anhebung von Kindergartengebühren in Neustadt innerhalb von 15 Monaten. Der Grund aus Sicht des Magistrats, der die Erhöhung vorgeschlagen hat: Das Defizit bei der Kinderbetreuung ist aufgrund höherer Personalkosten und Mehrausgaben gestiegen. Laut Magistrat um rund 40 000 Euro im nächsten Jahr.

Auch die Anhebung der Gebühren bringt laut Neustadts Bürgermeister Thomas Groll (CDU) lediglich etwa die Hälfte des benötigten Geldes. Den Rest trage die Stadt aus ihren Steuermitteln. Die Steuereinnahmen hat das Stadtparlament in derselben Sitzung verbessert, in dem es die Spielapparatesteuer angehoben hat. Erhoffte Mehreinnahmen: 20 000 Euro.

In Neustadt ist durch die Ankündigung der hessischen Landesregierung, ab August 2018 die ersten sechs Kindergartenstunden am Tag gebührenfrei werden zu lassen, eine besondere Situation entstanden (die OP berichtete am Montag ausführlich). Der Bürgermeister verwies in der Debatte am Montag darauf, dass bisher nur die Ankündigung aus Wiesbaden bekannt ist samt Eckpunkten. Er forderte dazu auf, dass das Land die geplanten Zahlungen von 136 Euro je Kind und Monat dynamisch gestaltet.

Mit Blick auf Neustadts Haushalt hält Groll die Anhebung für unerlässlich, gerade auch aufgrund des Defizits bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Die jetzige Gebührenerhöhung führt dazu, dass Eltern künftig 1,12 Euro je Stunde statt bisher 1,06 Euro zahlen werden. Im Stadtparlament war dies alles nicht unumstritten. In der CDU-Fraktion und bei der SPD hatte der Vorschlag des Magistrats eindeutige Fürsprecher. Auch nach der Gebührenerhöhung sei Neustadt auch mit Blick auf Nachbarstädte günstiger, sagte Hans-Dieter Georgi (CDU).

Kritik der Freien Wähler

Zugleich wies er darauf hin, dass Neustadt auch mit höheren Gebühren noch ein Stück weit von der Drittelregelung bei der Kostendeckung entfernt sei. Diese Regelung sieht eine Drittelung der Kosten zwischen Kommune, Land und Eltern vor. In Neustadt werden laut Groll rund 25 Prozent der Kosten durch die Gebühren der Eltern gedeckt. Jörg Grasse von der SPD bezeichnete die Erhöhung als „ganz moderat und zumutbar“. Was sich in Neustadt in den vergangenen elf Jahren in der Kinderbetreuung entwickelt habe „sucht seinesgleichen“, lobte der Sozialdemokrat.

Einzig die Freien Wähler scherten bei dieser Gebührenerhöhung aus und sagten Nein. Ihr Fraktionsvorsitzender Karsten Gehmlich erinnerte unter anderem an die vorangegangene Erhöhung. „Wenn wir jetzt dem Vorschlag des Magistrats zustimmen, so ist das eine Gebührenerhöhung von 15 Prozent in nur einem Jahr“, sagte er.

Gehmlich erinnerte an die Ankündigung der Landesregierung. Man spreche in Neustadt jetzt über einen Zeitraum von

sieben Monaten, in denen die Eltern mehr zu bezahlen hätten. Die Freien Wähler sähen alternative Finanzierungsquellen, etwa wiederum die Spielapparatesteuer oder auch schon bekannte Einsparungen an anderer Stelle im Haushalt.

Gar nicht glücklich über die Ankündigung von Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies, in Marburg auch die U3- Betreuung kostenfrei für Eltern zu machen, schien Neustadts Bürgermeister. Er sprach im Verlauf der Debatte von 70 000 Euro Mehrkosten, die es bedeutete, wenn Neustadt genauso handeln sollte. Und er wunderte sich über die scheinbare Verbesserung der finanziellen Situation der Stadt Marburg.