Alle wollen den „warmen“ Wechsel – MNZ

Arbeitskreis Konversion Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne sucht zivile Nutzer
Von Horst Joh. Boßhammer (0 64 28) 44 88 40 h.bosshammer@mittelhessen.de
Neustadt. Die Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne bleibt sechs Monate länger als zunächst verkündet mit Soldaten belegt. Danach drohen Leerstand und Vandalismus. Der Bund als Eigentümer riskiert in diesem Fall einen hohen Wertverlust. Das zu verhindern, ist das Ziel der Arbeitsgruppe „Konversion“ , die gestern erstmals im Neustädter Rathaus zusammenkam, um Optimismus zu verbreiten. Ihr Ziel: ein möglichst „warmer“ Wechsel der Nutzer.
„Auf einer hundert Meter langen Hürdenstrecke haben wir erst wenige Zentimeter zurückgelegt“, nahm Bürgermeister Thomas Groll (CDU) nach der ersten Sitzung der Arbeitsgruppe eine Anleihe aus dem Sport. Groll sieht die Suche nach einer zivilen Nutzung der Neustädter Kaserne als sportliche Herausforderung, wird in einem Punkt aber deutlich: „Die Stadt kann das nicht allein schultern. Nach warmen
Worten müssen Bund und Land das Scheckbuch zücken“, stellt Groll klar.
Von Geld ist noch nichts zu sehen. Aber ein Anfang ist gemacht. Das Verteidigungsministerium hat mit der Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb (GEBB) seine Tochter-Gesellschaft eingeschaltet, die wiederum die Berliner Standortentwicklungs-GmbH (GKU) mit der Bestandsaufnahme des Neustädter Kasernengeländes beauftragt hat. Es geht darum, Flächen und Gebäudesubstanz zu erfassen und zu bewerten.
■ Neustadt interessiert sich für Sporthalle und Sportplatz der Bundeswehr
Die Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne liegt am südlichen Stadtrand von Neustadt. Das Gelände ist 320 000 Quadratmeter groß. Ein Fünftel dieser Fläche ist bebaut. Gebäude und Infrastruktur stammen überwiegend aus den sechziger Jahren.
Für die Stadt selbst sind die Sportanlagen mit Sportplatz und Halle interessant. Laut Bürgermeister gibt es in der Stadt dafür Bedarf, zumal das Waldstadion stark frequentiert wird. Einzig die Folgekosten für Sanierung, Heizung und Unterhaltung machen dem Bürgermeister noch Kopfzerbrechen.
Für den technischen Bereich mit Werkstätten und Lagerhallen sieht Hartmut Röder, Regionalplaner beim Standortentwickler GKU, gute Chancen für eine zivile Nutzung. Röder denkt dabei beispielsweise an Speditionen und Handwerksbetriebe, die aus Kostengründen nicht auf der „grünen Wiese“ bauen wollen. Erleichtert wird die Vermarktung der Kaserne mit dem in Aussicht gestellten Weiterbau der A 49 und dem geplanten Autobahn-Anschluss für Neustadt.
Weniger Zuversicht gibt es derzeit für die Mannschafts- und Verwaltungsgebäude in der Kasernenmitte. Für sie können sich Röder und Bürgermeister eine hotelähnliche Nutzung vorstellen – schließlich liegt Neustadt an der Märchenstraße. Groll wären auch ein Energiepark oder ein Campingplatz willkommen.
Röder geht davon aus, dass die Kaserne innerhalb von drei bis vier Jahren nach Auszug der Soldaten zivil genutzt werden kann. Die Standortentwicklungs GmbH, für die Röder tätig ist, vermarktet bundesweit 80 leerstehende Kasernen und ist aktuell mit der Konversion der Standorte Wolfhagen und Fuldatal beschäftigt. Im Arbeitskreis herrscht Einvernehmen darüber, dass die Konversion der Neustädter Kaserne nur dann gelingen kann, wenn alle an einem Strang ziehen und die Stadt finanzieller Hilfe die planrechtlichen Weichen stellen kann.