Auf der Suche nach Expansionsmöglichkeiten

Region Herrenwald plant Zukunft • „Findelkind“ Amöneburg?

Wie müssen sich die „Re­gionen“ in Zukunft auf­stellen? Was für Verände­rungen stehen an? Und was passiert mit Amöne­burg? Zahlreiche Fragen sind auf dem Weg an EU-Fördertöpfe zu klären.

von Florian Lerchbacher

Ostkreis. In der Gemeinde Ebs­dorfergrund denkt Bürgermeis­ter Andreas Schulz über die Gründung einer neuen „Leader“-Förderregion und die Ex­pansion in Richtung Mittel-hessen nach (die OP berichte­te). Nicht enthalten in der Re­gion, die er präsentierte, ist die Stadt Amöneburg – die ebenso wie Ebsdorfergrund bisher zur Region Marburger Land gehört. „Den vereinzelt vorgetragenen Vorschlag, die Region Marbur­ger Land und damit das Auf­gebaute regelrecht zu zerschla­gen, halte ich nicht für sinn­voll. Die Zukunft des Marbur­ger Landes liegt sicher nicht im Landkreis Gießen“, sagt Amö­neburgs Bürgermeister Michael Richter-Plettenberg auf Anfrage dieser Zeitung.

Er verweist darauf, dass über die Anforderungen an die Lea-der-Regionen für die Vergabe von EU-Zuschüssen aus der zweiten Säu­le der Agrarförderung in der Förderperi­ode ab 2014 noch nicht all­zu viel bekannt sei: „Ich rech­ne nicht damit, dass sich aus der Richtung Wies-baden vor der Landtagswahl noch viel ergeben wird. Des­halb besteht keinerlei Grund für übereiltes Handeln.“

Nichtsdestotrotz sind vieler­orts Planungen im Gange. „Ich mache mir bereits seit länge­rem Gedanken, wie man die Re­gion Marburger Land nach der ersten Förderperiode, in der sie existiert, weiterentwickeln kann, da damit zu rechnen ist, dass die neuen Regeln größere regionale Gebilde erforderlich machen“, sagt Richter-Pletten­berg. Für „realistisch“ hält er die Erweiterungen der Region im Süden um Lohra und im Nord­osten um die Region Her­renwald – da allerdings vor­nehmlich um Stadtallendorf, weil Neustadt eine Option in die Schwalm hinein habe. In diesem Zusam­menhang verweist er auf die Mitgliedschaft der Junker-Han­sen-Stadt in der Tourismus-Ver­einigung „Rotkäppchenland“.

In Neustadt scheint Bürger­meister Thomas Groll indes nicht darüber nachzudenken, sich aus der Region Herrenwald herauszulösen. Er will viel eher auf eine Expansion über die Kreisgrenzen hinaus setzen, um die im Raum kursierende ge­forderte Zahl von mindestens 50 000 Bürgern zu erreichen: „Im Kreis Marburg-Biedenkopf sind viele Kommunen in Re­gionen gebunden. Ich kann mir aber eine Zusammenarbeit mit Gemeinden im Vogelsberg- oder im Schwalm-Eder-Kreis durch­aus vorstellen.“ Dies gelte es selbstredend mit dem Part­ner Stadtallen­dorf abzuklä­ren: „Wir sind offen für alles. Warum soll­ten wir nicht über den Kreis hinaus kooperieren? Wir müs­sen über Grenzen hinweg den­ken“, kommentiert Bürgermeis­ter Christian Somogyi und be­tont, Ziel sei es schließlich, sich gemeinschaftlich besser auf­zustellen: „Wir müssen sehen, wie wir gute Synergieeffekte er­reichen können.“

Beide Stadtoberhäupter wä­ren jedenfalls offen dafür, Amö­neburg in die Region Herren­wald aufzunehmen, falls es zum „Findelkind“ werden sollte. In jedem Fall müsse es das Ziel sein, weiter als Region an EU-Fördermittel für den ländlichen Raum kommen zu können, er­klärt Groll. Allein seine Gemein­de habe für di­verse Projekte 350 000 Euro an Unterstüt­zung bekom­men – un­ter anderem 150 000 Euro für den Neu­bau der Kindertagesstätte „Re­genbogen“. Die gleiche Summe gab es für die Erweiterung von Firmen.

„Will man noch Regionalför­derung? Diese Frage beantwor­te ich mit einem klaren Ja“, fasst er zusammen: Neustadt wolle zum Beispiel das ein oder ande­re Projekt aus dem Silek-Prozess und soziale Vorhaben fördern lassen. Für Unternehmen sei die Förderung wichtig bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. Insgesamt findet er es bedauer­lich, dass durch die bisher nicht im Detail bekannten Neurege­lungen beziehungsweise Anfor­derungen „Sachen, die gut funk­tioniert haben, zerschlagen wer­den könnten“. Es gelte nun, die Neuausrichtung in Angriff zu nehmen und die Frage zu klä­ren, wie die Regionen zur neuen Förderperiode Anfang 2014 die Kriterien erfüllen können. Dies sei ein Thema der anstehenden Vorstandssitzung.

Eine ähnliche Aussage trifft Richter-Plettenberg: „Die Stadt Amöneburg sollte nach meinem Dafürhalten auch zukünftig ei­ner Leader-Region, am besten dem Marburger Land, angehö­ren. Auf der Tagesordnung unse­rer Vorstandssitzung am nächs­ten Mittwoch stehen allein zwei Förderanträge aus dem Stadt­gebiet Amöneburg – und Pro­jektideen gibt es noch viele.“