Bürgermeister sieht sich als Handlanger des Landes

Groll übt Kritik an Vorgaben zur Haushaltskonsolidierung

Die Stadt reduziere Jahr für Jahr das Defizit, das am Ende des Haushalts steht. Sie spare mit Maß, betont der Bürgermeister und ärgert sich über das Land Hessen, das die Brechstange fordere.

von Florian Lerchbacher

Neustadt. Am Montagabend hielt Thomas Groll während der Stadtverordnetenversammlung einmal mehr eine flammende Rede. Grund für seinen Zorn ist das Land Hessen, das in einem Schreiben von den Kommunen fordert, dass diese spätestens im Jahr 2017 wieder ausgeglichene Haushalte vorlegen müssten. „Haushaltsausgleich muss sein, keine Frage. Unstrittig ist auch, dass die Kommunen hier zu Kraftanstrengungen aufgefordert sind und auf die Bürger höhere Belastungen zukommen. Aber Innenminister Peter Beuth nimmt nun die Brechstange in die Hand“, sagt Groll und ärgert sich über „massiven Druck“, der nun ausgeübt werde.

Als konkretes Beispiel führte er die Grundsteuer B an, welche die Stadt um 20 Punkte anheben wollte, um einen kleinen Schritt in Richtung Haushaltsausgleich zu gehen. Aufgrund der Vorgaben des Landes – das Kommunen mit defizitärem Haushalt anhält, mindestens zehn Prozent über dem Landesdurchschnitt zu liegen – müsse die Erhöhung gar bei 39 Punkten liegen. Ähnliches gelte für andere Steuern und Gebühren.

Besonders stört Groll, dass die Vorgaben kurzfristig übermittelt würden, und die Stadt keine Zeit habe, angemessen zu reagieren. Kommunen und Kommunalaufsicht würden vor vollendete Tatsachen gestellt: „Wenn man uns fast alles vorschreibt, dann fühle ich mich bald eher wie ein Staatskommissar als ein direkt gewählter Bürgermeister und die Stadtverordneten müssen Dingen zustimmen, die anderenorts festgelegt werden und auf die man keinen Einfluss hat.“ Entsprechend beklagt er den „schleichenden Verlust der kommunalen Selbstverwaltung“.

„Das Land kann nicht nur anordnen, es muss uns eine angemessene Finanzausstattung gewährleisten“, moniert Groll und kommt zu einem seiner „Lieblingsthemen“: dem kommunalen Finanzausgleich. Das Land habe im vergangenen Jahr erklärt, dass die Kommunen 2015 von einem Anstieg der Schlüsselzuweisungen um drei Prozent ausgehen könnten. Für Neustadt wären dies rund 120 000 Euro. „Die Realität ist aber eine andere. Die Kommune wird etwa 60 000 Euro weniger erhalten als in diesem Jahr. Das hängt auch damit zusammen, dass die Finanzkraft angestiegen ist.“ Ursache dafür seien nicht zuletzt die aufgrund der Haushaltskonsolidierung „von oben“ angeordneten Steuer- und Gebührenerhöhungen.

Lob verteilt er dafür in Richtung Landkreis: Landrätin Kirsten Fründt halte ihr Versprechen und werde die Kreisumlage um ein Prozent senken, wodurch Neustadt 100 000 Euro einspart. „Aber auch nur auf den ersten Blick. Aufgrund des komplizierten Systems des kommunalen Finanzausgleichs und der vom Land ermittelten Datengrundlage muss die Kommune 2015 sogar 100 000 Euro mehr ins Kreishaus überweisen als 2014.“

Für Groll ist dies ein erneuter Beleg dafür, dass der Finanzausgleich reformiert werden müsse – wozu der Staatsgerichtshof das Land zum Jahr 2016 auch verpflichtet hat (siehe Seite 11). Die rund 23 000 Euro, die Neustadt künftig mehr erhalten soll, bezeichnet Groll als „völlig unzureichend“ und spricht von einem „Nullsummenspiel“, das er auch befürchtet habe.

Immerhin sei die Kompensationsumlage abgeschafft worden, freut er sich, gibt aber gleichzeitig zu bedenken, dass diese Umlage die Stadt Neustadt seit 2011 immerhin 600 000 Euro gekostet habe.