Der Ausnahmezustand ist vorbei

Bürgermeister Groll ist froh über Ergebnis • Erster Tag nach Wahl begann mit OP-Lektüre und Schnee schippen

Die Anspannung ist gewi­chen und Thomas Groll hat sein natürliches La­chen wiedergefunden. Trotz aller Zuversicht seien die vergangenen Wochen aufregend gewesen, gibt der wiedergewählte Bür­germeister zu.

von Florian Lerchbacher

Neustadt. Thomas Groll sitzt an seinem Schreibtisch, blät­tert durch einige Dokumente, liest und unterschreibt sie. Nur wenige Stunden nach seinem Wahlsieg hat der Alltag den Bür­germeister wieder eingeholt.

In den vergangenen Wochen sei er durchaus angespannt ge­wesen, erklärt er und berich­tet aus seiner Gefühlswelt: vom gelungenen Wahlkampf, zahl­reichen guten Rückmeldungen, aber auch Zweiflern, die sich immer wieder zu Wort gemeldet hätten. „Man macht sich selbst und sein Umfeld verrückt“, sagt er und ist froh, dass der Ausnah­mezustand vorbei sei. „In einer Demokratie gibt es eben nur be­fristete Verträge – und alle Bür­ger können darüber entschei­den, ob man gut oder schlecht gearbeitet hat.“ Oft spielen in den kleineren Gemeinden auch persönliche Dinge, Beziehun­gen oder Emotionen eine große Rolle – da kann der „Buschfunk“ auch schon einmal für Verunsi­cherung sorgen.

Nun, die Bürger haben ent­schieden, und die Mehrheit stimmte für Thomas Groll als Bürgermeister. Der 42-Jährige legte sowohl bei den Prozenten als auch bei den absoluten Stim­men zu – und das, obwohl die

Wahlbeteiligung im Vergleich zur Wahl vor sechs Jahren noch einmal zurückgegangen ist. „Ich bin zufrieden“, lautet sein Fazit. Wäre er auf 51 oder 52 Prozent der Stimmen gekommen, hät­te er zwar gesiegt: „Aber das wä­re schon etwas anderes gewesen als so.“

Gratulation von Ex-Minister

Rückblickend ist er froh, dass Speckswinkel als erstes Ergeb­nis einging: „Bei dem Trend war klar, dass es ein gutes Ergebnis wird“, erinnert er sich an seine Gedanken und gibt zu: „Wäre Momberg (dort kassierte er die einzige Schlappe, d. Red.) als ers­tes eingegangen, wäre ich sicher viel angespannter gewesen.“

Den Triumph feierte Groll letztendlich gemütlich auf der Couch mit seiner Frau Tanja. „Ich nahm noch zwei oder drei Anrufe entgegen, gegen halb zwölf ging es dann ins Bett“, gibt er einen Einblick in sein Privatle­ben – und geht sogar noch wei­ter: Bereits um kurz nach vier Uhr sei er wieder aufgewacht, habe die Oberhessische Pres­se aus dem Briefkasten gefischt und den Abend noch einmal Re­vue passieren lassen. Um sechs Uhr half er seiner Mutter beim Schneeschippen – ganz boden­ständig.

Im Rathaus nahm sofort das „normale Geschäft“ den Chef ein. Doch zwischendrin klingel­te immer mal wieder das Tele­fon, weil Bürger zur Wiederwahl gratulieren wollten: „Das war bei der letzten Wahl nicht so. Ich freue mich über die Gratulanten – besonders die aus Momberg.“

Und ganz besonders über ei­nen: Franz Josef Jung, Minister a.D. und stellvertretender Vor­sitzender der hessischen CDU, hatte fast zwei Minuten lang auf die Mailbox gesprochen und Glückwünsche hinterlas­sen: „Das hat mich sehr beein­druckt. Es zeigt, dass sein Be­such beim Neujahrsempfang der Neustädter CDU eben doch keine Pflichtübung war, sondern er wirklich Anteil nahm.“

Zurück zum „normalen Ge­schäft“, das den Grollschen Schreibtisch füllt, seine Zeit in Anspruch und keine Rücksicht auf Wahlerfolge nimmt: Als nächstes will sich der neue und alte Bürgermeister der Wind­energie und somit dem Regio­nalplan Mittelhessen widmen. Zudem stehen im ersten Quar­tal Gespräche mit den Fach­bereichsleitern an über die Um­strukturierung des Bauhofs und der Verwaltung: um zu sparen -aber ohne Qualitätsverlust. Und schon hat der Wahlkampf den Bürgermeister wieder einge­holt, denn dies war eines seiner zentralen Versprechen.