Dringlich – und doch zu spät

Antrag der Neustädter SPD-Fraktion zum Polizeidienst ist zwecklos

Die SPD will Land und Kommunen Geld sparen. Ihr Dringlichkeitsantrag kommt allerdings zu spät – und würde, so Bürgermeister Thomas Groll, ohnehin nicht auf fruchtbaren Boden fallen.

von Florian Lerchbacher

Neustadt. Vor etwas mehr als einer Woche reichte die Neustädter SPD-Fraktion für die morgige Sitzung der Stadtverordnetenversammlung einen Dringlichkeitsantrag ein. Darin appelliert Vorsitzender Hans- Gerhard Gatzweiler an die Bürgermeister von Neustadt, Stadtallendorf und Kirchhain, einen Antrag auf interkommunale Zusammenarbeit beim freiwilligen Polizeidienst zurückzunehmen beziehungsweise einen Bewilligungsbescheid für finanzielle Fördermittel nicht anzunehmen.

Die Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) für Flüchtlinge in Stadtallendorf ist nicht mehr in Betrieb, die Unterkunft in Kirchhain wurde nie genutzt. In zwei Städten sei die Hauptbegründung für den Antrag auf eine Ausweitung des freiwilligen Polizeidienstes damit entfallen, erklärt Gatzweiler und betont, dass auch in der Neustädter EAE nur noch etwa halb so viele Geflüchtete lebten wie zu dem Zeitpunkt, als die Stadtverordneten den Antrag auf Fördermittel beschlossen. „Es ist deshalb nicht mehr sinnvoll, Steuerfelder des Landes und der Kommune für diese Ausgabe auszugeben“, resümiert der SPD-Fraktionsvorsitzende.

In den Ausschusssitzungen machte Bürgermeister Thomas Groll dem Antragsteller wenig Hoffnung auf Erfolg: „Die beiden anderen Bürgermeister wollen nichts ändern, und ich gehe nicht davon aus, dass etwas aus den Stadtverordnetenversammlungen kommt.“

Noch dazu spricht der Zeitplan gegen den Dringlichkeitsantrag, den die Neustädter Stadtverordneten am Mittwoch in ihrer Sitzung (19 Uhr, historisches Rathaus) behandeln sollen: Dreieinhalb Stunden zuvor nehmen Groll und seine Amtskollegen Christian Somogyi und Olaf Hausmann von einem Staatssekretär des Hessischen Innenministeriums den Förderbescheid für die interkommunale Zusammenarbeit entgegen und unterzeichnen den dazugehörigen Vertrag,

Dominik Zutz, der Leiter der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge, stattete dem Bauausschuss einen Besuch ab und stand den Mitgliedern Rede und Antwort. Von der Möglichkeit machte aber nur Karsten Gehmlich (FWG) Gebrauch, der ihn mit Fragen/ Gerüchten aus der Bürgerschaft konfrontierte. Ob Neustadt ein „Abschiebelager“ sei, wollte er wissen – und bekam ein klares „Nein“ zur Antwort. Danach fragte er, wie hoch unter den 400 Bewohnern der Anteil an Menschen aus dem Westbalkan sei – also an Flüchtlingen, die sich eigentlich keine Hoffnung auf Asyl machen müssen. Rund 150 Bewohner seien aus der Region, entgegnete Zutz und betonte, dass der Anteil im Sommer kurzzeitig ungewöhnlich gewesen sei. Zum Abschluss wurde Zutz noch zu Konflikten zwischen Menschen verschiedener Ethnien beziehungsweise Religionen befragt. „Es gab schon Konflikte zwischen Glaubensrichtungen – aber nicht bei uns“, hob der EAE-Leiter hervor. Es habe zwar Auseinandersetzungen gegeben – dann aber zumeist „Alkohol begünstigt zwischen Landsleuten“. Alkohol sei zwar in der EAE verboten, aber es komme immer wieder zu erfolgreichen Schmuggelversuchen. Noch dazu sei gegen Alkoholkonsum außerhalb der ehemaligen Kaserne nichts zu machen.

Zutz erinnerte aber auch noch einmal daran, dass es für neu- ankommende Flüchtlinge stets eine Begrüßungsveranstaltung gebe, bei der neben ihm und seinen Mitarbeitern auch die Polizei und Vertreter der Kommune über Pflichten, Erwartungen und Möglichkeiten sprechen: „95 Prozent der Flüchtlinge sind dankbar, in Deutschland zu sein und wollen sich integrieren.“ Es seien maximal fünf Prozent, die dieses Bild verzerren: „Unabhängig von Herkunftsland und Glaubensrichtung!“