Ein Haus voller neuer Möglichkeiten

Ehemaliger Kindergarten Momberg soll „multifunktionales Gebäude“ mit fünf „tragenden Säulen“ werden
„Endlich ist es so weit, wir gehen über von der trockenen Theorie in die Umsetzungsphase“, freute sich Ortsvorsteher Jörg Grasse während der Dorfversammlung zum Thema „multifunktionales Haus“.
von Karin Waldhüter
Momberg. Vom Kindergarten beziehungsweise Leerstand zum multifunktionalen Haus: Dazu gaben Landkreis, Kommune, Ortsbeirat und Bürger während der Dorfversammlung den Startschuss. „Es ist ein wunderbarer Abend für einen wunderbaren und mutigen Prozess, weil mit diesem Prozess neue Wege gegangen werden“, sagte Landrätin Kirsten Fründt. Der Anspruch sei, jetzt in die Umsetzung zu gehen und diesen Prozess mit Leben zu füllen. Neustadt habe einen ausgesprochen aktiven Bürgermeister, der nichts auslasse, um Fördergelder für die Stadt zu akquirieren, lobte Fründt. Deswegen freue es sie, nicht nur das Projekt zu begleiten, sondern auch einen Förderbescheid in Höhe von 30 273 Euro zur Umsetzung des hessischen Dorfentwicklungsprogramms – hier in Form einer städtebaulichen Beratung – zu überreichen.
„Von diesem Abend soll ein Impuls ausgehen. Diesen Impuls haben Sie im ersten Aufschlag gesetzt“, unterstrich Kirsten Fründt am Ende des Abends. Ein multifunktionales Haus biete den Vorteil, den eigenen Ort mitzugestalten. Dabei stecke keine unternehmerische Handlung dahinter. „Da steckt das pure Interesse dahinter, den Ort mit Leben zu füllen und Gemeinschaft zu schaffen“, so Fründt.
Im Februar hatte es in Momberg eine Umfrage gegeben, dessen Ziel es war zu erfahren, welche Angebote junge und alte Einwohner von einem multifunktionalen Haus erwarten. Der Fragebogen hatte in Momberg eine Rücklaufquote von 21 Prozent. Thomas Groll freute sich über rund 50 Teilnehmer an der Versammlung: „Das spiegelt wider, dass es um ein Thema geht, das uns alle angeht.“ „Es geht darum, dass wir für Momberg – aber auch für Speckswinkel, Mengsberg und die Kernstadt – etwas aufbauen, was zugeschnitten ist auf die Bedürfnisse hier vor Ort. Und dass wir eigene Ideen entwickeln und gesamtkommunal arbeiten“, stellte Groll heraus. Dabei wies er dem Wort „Wir“ weitere Bedeutungen zu: Das „W“ stehe für Weitblick, das „i“ für innovativ und das „r“ für regional. Gemeinsam mit der Landrätin habe er diesen philosophischen Gedanken entwickelt. Bei der Umsetzung des „Wir“ komme es darauf an, dies partnerschaftlich zu tun – ausgehend von der Dorfgemeinschaft. Alle Teilnehmer der Versammlung müssten als Multiplikatoren wirken, damit dieses Projekt erfolgreich sein könne.
Das Gebäude des ehemaligen Kindergartens bezeichnete Groll als Hardware, für die die Stadt verantwortlich sei. „Wenn alles glatt läuft, können wir im September den Antrag so weit haben und dann auch die Förderung bekommen, um dann
mit den Planungen zum Umbau beginnen können“, sagte Groll. Das werde mehrere 100 000 Euro kosten – teils getragen durch Zuschüsse. Die „Hülle“ sei nicht ausreichend. Die Arbeiten werden wahrscheinlich 2021 fertig sein. „Dann kommt es auf die Software an und auch darauf, dass Sie das Haus mit Leben füllen“, appellierte Groll an die Zuhörer: „Machen Sie mit, lassen Sie das Ganze zu einem ,Wir‘-Prozess werden und tragen sie sich in die Listen ein“, warb er um Mitarbeit und kündigte an, dass auch für Mengsberg eine Gemeinschaftseinrichtung geplant sei.
Mena Söhlke vom Fachdienst Kreisentwicklung stellte das Ergebnis der Fragebogenaktion vor. Die fünf tragenden Säulen des multifunktionalen Hauses sind: Bildung und Beratung, Bewegung, Kultur und Begegnung, Dienstleistungen und „Helfende Hände“. Bei dem Thema „das tägliche Leben“ waren die Angebote Nachbarschaftshilfe, Selbsthilfewerkstatt und Dorftreff für die Befragten am wichtigsten. Im kulturellen Bereich waren es Kino/Film, Vorlesungen/Vorträge und Musikunterricht. Beim Thema Bildung lagen VHS-Angebote, Computerkurse und Nachhilfe vorne, und im Themenbereich Gesundheit waren es die Angebote Fitnesskurse, Reha und Physiotherapie. Wie die Fragebogenaktion zeigte, wünschen sich Senioren einen Kaffeeklatsch, Seniorensport und Spielenachmittage. Bei Kindern und Familien ist es eine Sport- und Spielgruppe, Kinderbetreuung und ein Bastelangebot.
Bei der sich anschließenden Diskussion ging es hauptsächlich um die Frage, ob Räume des Hauses dauerhaft von Vereinen genutzt werden können. Eine dauerhafte Nutzung könne es nicht geben, beantwortete Groll eine Anfrage des Gesangvereins. Gegen eine zeitlich abgestimmte Nutzung nach einem Stundenplan spreche dagegen nichts. Auch sei die Nutzung des Dorfgemeinschaftshauses möglich.
„Wir haben lange darauf hingearbeitet“, unterstrich Ortsvorsteher Jörg Grasse und kündigte mit einem Sommercafe im Freien und einem Flohmarkt für Kindersachen, ebenfalls im Freien, zwei erste Angebote an. „Alles, was wir umsetzen wollen, soll nicht in Konkurrenz zu bestehenden Angeboten stehen“, unterstrich er und warb um Mitarbeit in der Arbeits- und der Lenkungsgruppe. Das Konzept ziele auf eine gesamtkommunale Nutzung ab, angestrebt sei eine enge Verzahnung der Ortsteile mit der Kernstadt.
Wenn sich die einzelnen Arbeitsgruppen gefunden haben, sollen Sondierungsgespräche folgen. Auch soll in naher Zukunft eine Besichtigung des ehemaligen Kindergartens möglich sein.