Kaum gewünscht, schon geplant

Schüler äußerten während Jugendgipfels Kritik und Forderungen Bürgerparkverein baut Basketballplatz
Ein Skatepark, ein Fast-Food-Restaurant oder mehr Sauberkeit am Bahnhof – Neustadts Jugendliche haben viele Wünsche. Gestern bekamen sie die Möglichkeit, diese zu äußern.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Alleine können Jugendliche ohnehin nichts bei der Stadt erreichen, geäußerte Wünsche landen höchstens in der Schublade. Mike Fürst hat eine harte Meinung von der Stadt – obwohl er noch keine Erfahrung mit ihr gesammelt hat. Umso besser fand der Neustädter Schüler den gestrigen Jugendgipfel, bei dem Sechst- bis Neuntklässler ihre Meinung zu verschiedenen Orten, den Angeboten von Vereinen und anderen Institutionen, Wünsche, Sorgen und vieles mehr äußern konnten. Initiiert wurde die Veranstaltung von dem für die Jugendpflege zuständigen Verein bsj aus Marburg und der Stadt Neustadt – denn diese ist sehr wohl an der Meinung des Nachwuchses interessiert, wie Bürgermeister Thomas Groll versichert. Die Pädagogen des bsj sprechen derweil von einer „Sozialraumanalyse“ .
Ein wenig Lob, meist jedoch Kritik äußerten die Jugendlichen zu den Themenfeldern „Gute und schlechte Orte“ und „Mobilität“: Der Bahnhof sei schmutzig und stinke, der Biotop-Weg zur Waldschule sei zwar als Abkürzung gut aber bei Regen zu matschig und viel zu dunkel, die Unterführung „Gießener Brücke“ sei nicht nutzbar, weil überall Glas herumliege. Und das sind nur einige Kritikpunkte. Der Bürgerpark indes erntete Lob: Er eigne sich zum Abhängen. Schade sei nur, dass „Trinker“ oft Glasscherben am Spielplatz hinterließen, was für Kinder gefährlich sei.
Nicht gut weg kam der öffentliche Nahverkehr: Die Bahn ist den Jugendlichen zu teuer, der Bahnhof zu dreckig. Die Bus-Anbindung an die Stadtteile finden sie in Ordnung, allerdings fahre der letzte Bus gegen 17 Uhr. „Das reicht nicht – wir sind immer auf unsere Eltern als Fahrdienst angewiesen“, monierte ein Neuntklässler. Nur so könne er Freunde besuchen oder die Angebote der umliegenden Sportvereine nutzen.
Dustin Ratayczak und Betül Kücük wünsch-ten sich Bekleidungs- und Schuhgeschäfte, mehrere Jugendliche forderten einen Skatepark. „Was
finanzierbar ist und uns betrifft, nehmen wir auch in Angriff“, versprach Hartmut Boß, der Leiter der Martin-von-Tours-Schule und verriet, gemeinsam mit dem Förderverein wolle die Schule in den kommenden Jahren Skate-Elemente auf dem Pausenhof aufbauen. Begeistert war er von der Idee der Jugendlichen, eine Halle auf dem (bald) ehemaligen Kasernengelände zu nutzen: „Zieht man das richtig auf, ist die Anlage auch für Auswärtige interessant. So könnte man Jugendliche nach Neustadt locken und die Stadt attraktiver machen.“
Hatten sich die Jugendlichen morgens im Üben von Kritik versucht, so durften sie dem Bürgermeister, weiteren Kommunalpolitikern und Vereinsvertretern nachmittags Verbesserungsvorschläge unterbreiten. Auch Groll gefiel die Idee mit dem Skatepark auf dem Kasernengelände – so einfach sei dies aber nicht
umsetzbar. Ebenfalls weniger gute Nachrichten hatte er zur Forderung nach Toiletten für den Bahnhof, einem Anstrich für das Gebäude, Überwachungskameras sowie Sitzmöglichkeiten: „Ich teile Eure Ansichten, aber die Bahn sieht das Gebäude nur noch als Nutzobjekt“ – und werde vermutlich nichts mehr daran erneuern oder verbessern.
Auf fruchtbaren Boden stießen die Jugendlichen mit ihren Wünschen nach einem Basketballplatz, einem Boxverein sowie einem Jugendcafe. Groll stimmte einigen Siebtklässlern zu, die den ehemaligen Abenteuerspielplatz am Jugendraum als geeignet für einen Basketballplatz auserkoren hatten. Noch besser war jedoch die Nachricht von Ella Milewski: Der Bürgerparkverein, dessen Mitglied sie ist, plane für den Bürgerpark bereits einen kleinen Sportplatz mit Toren und Körben. Entsprechend lud sie die Jugendlichen zur Sitzung am Montag ein, während der das Thema konkretisiert werden soll. Sogar die Finanzierung scheint schon in großen Teilen geregelt.
Zum Boxclub äußerte sich Wolfram Ellenberg als Vorsitzender des VfL Neustadt. Es habe nicht nur bereits Gespräche gegeben: „Das ist schon fast am Laufen.“ Und auch beim Bau eines Basketballplatzes würde der Verein die Jugendlichen unterstützen, sagte er zu.
Noch besser kam der Vorschlag einiger Schüler an, sie könnten ein Jugendcafe im Jugendraum einrichten. Auch über die Bewirtschaftung hatten sie sich Gedanken gemacht, die Groll teilweise übernehmen wollte: „Das Freibad hat keinen Pächter für einen Imbiss – vielleicht ließe sich das vom und über den Jugendraum regeln.“ Entsprechend animierte er Jugendpfleger Habura sogleich, die Thematik weiter zu verfolgen.