Klage kann Autobahnbau verzögern

Unternehmen Deges will Auftragsvergabe vom Stand des Verfahrens vor Gericht abhängig machen
Vorerst laufen alle vorbereitenden Arbeiten für den A-49-Weiterbau ab Schwalmstadt weiter.
Doch birgt die eingereichte Klage der Umweltschutzorganisation BUND Risiken.
Fortsetzunvon Michael Rinde
Stadtallendorf. Vor einer Woche meldete der BUND Vollzug. Er klagt vor dem Bundesverwaltungsgericht dagegen, dass das hessische Verkehrsministerium den Antrag auf Rücknahme des Baurechtes Anfang Oktober abgelehnt hat. Der BUND begründet das unter anderem mit einer angeblichen Gefährdung von Trinkwasserschutzgebieten wie im Gleental. Dort betreibt der Zweckverband Mittelhessische Wasserwerke Trinkwasserbrunnen, unter anderem in Nähe der geplanten 30 Meter hohen Brücke. Wiederholt hatte der Zweckverband in der Vergangenheit davon berichtet, dass er sich seit Langem auf den Autobahn-Bau vorbereitet und dass unter anderem zwei Brunnen vorsichtshalber abgeschaltet werden müssen.
Ungeachtet der Klage, die sich gegen das Land Hessen richtet, will die Firma Deges ihre Bauvorbereitungen fortsetzen. „Zunächst ist festzuhalten, dass vollziehbares Baurecht auf der Grundlage bestandskräftiger Planfeststellungsbeschlüsse besteht“, erklärte Unternehmenssprecher Lutz Günther auf ^Nachfrage dieser Zeitung. Degges handelt im öffentlichen Auftrag. Das Bund-Länder-Unternehmen betreibt das Verfahren für die Ermittlung des privaten Partners, der rund 30,8 Kilometer Autobahn bauen und 60 Kilometer A49 danach betreiben soll. Für den Weiterbau ist eine öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) vorgesehen. Außerdem ist Deges für Bauvorbereitungen bis hin zur Fällung der Bäume im Herrenwald wie auch im Dannenröder Forst verantwortlich. Die Baumfällungen hatte das Unternehmen vor einigen Wochen auf den Herbst 2020 verschoben.
Doch ganz ohne Folgen ist die neuerliche Klage des BUND nicht. Derzeit plant das Unternehmen Deges, im zweiten Quartal nächsten Jahres den Zuschlag für den privaten Partner zu erteilen. Doch ob das wirklich möglich sein wird, ist angesichts der neuerlichen Klage offen. Denn Deges macht deutlich, dass die Zuschlagerteilung auch vom Stand des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht abhängen wird. „Eine Beauftragung wird erfolgen, wenn für den öffentlichen Auftraggeber und für den privaten Vertragspartner Sicherheit hinsichtlich der planmäßigen Ausführung des Projekts besteht“, so Lutz Günther.
Wieder ist der 9. Senat zuständig
Bei der Klage von BUND und Nabu gegen den Planfeststellungsbeschluss, also den Erlass des Baurechts für den Abschnitt Stadtallendorf-Gemünden (Felda) waren zwei Jahre bis zur Gerichtsentscheidung vergangen.
Das Gericht will eine entsprechende Anfrage der OP zum Verfahrensablauf in den nächsten Tagen beantworten.
Damals wie jetzt ist der 9. Senat des höchsten Verwaltungsgerichts zuständig. Im April 2014 hatte er die Klage der Umweltschutzverbände abgewiesen. Seinerzeit hatte sich der Senat schon einmal mit dem Thema Trinkwasserschutz befasst und keine Bedenken geäußert. „Die Befürchtungen der Kläger, die Trasse könne die Trinkwasserversorgung gefährden, weil sie durch ein Wasserschutzgebiet der Zone II geführt wird, sind im Ergebnis nicht begründet“, heißt es in der Urteilsbegründung (Aktenzeichen BVerwG 9 A 25.12). Der BUND erkennt jedoch Verstöße gegen die EU- Wasserrahmenrichtlinie. Ob es tatsächlich neue Gesichtspunkte zu diesem Thema gibt, wird jetzt Sache des 9. Senats.
Gestern wies Deges selbst den Vorwurf des BUND zurück. Neben den umfangreichen Vorgaben aus dem Planfeststellungsbeschluss verweist das Unternehmen auch auf die Vorgaben, die ein privater Partner während der Bauphase bekommt. Hierüber hatte die OP bereits berichtet. So gibt es umfassende Vorgaben für die Grundwasserkontrollen, Baumaschinen müssen in den Wasserschutzzonen II und III strikte – Vorgaben einhalten.
Eigentlich sah der bisher letzte Zeitplan vor, dass der A 49-Weiterbau trotz der Verschiebung der Baumfällarbeiten im nächsten Jahr beginnen und im Jahr 2024 abgeschlossen werden soll. Unabhängig davon muss bei der Vergabe noch einmal nachgewiesen werden, dass ÖPP tatsächlich wirtschaftlicher ist als eine rein staatliche Finanzierung.