„Kommunen sollten nie Unternehmen werden" – MNZ

Groll bringt Haushalt ein und kritisiert neue Buchführung
Neustadt (aws). In der letzten Sitzung des Jahres hat Bürgermeister Thomas Groll (CDU) den Neustädter Parlamentariern den Haushaltsentwurf für 2010 vorgestellt. Wie viele anderen Städte bleibt die Junker-Hansen-Stadt nicht von den Auswirkungen der Wirtschaftsflaute verschont.
„Man gibt sein Bestes, aber die nicht zu beeinflussenden Rahmenbedingungen verhindern einen Erfolg“, resümierte Groll zu Beginn seiner Rede. Die vom Kämmerer prognostizierten Mindereinnahmen und Mehrausgaben belaufen sich auf 1,24 Millionen Euro.
Gegenüber 2009 beträgt dabei der erwartete Rückgang bei der Gewerbesteuer rund 10 000 Euro, bei den kommunalen Anteilen an den Gemeinschaftssteuern sind es etwa 219 000 Euro und die Schlüsselzuweisungen verringern sich um weitere 749 000 Euro. „Eine erneute Kürzung bei den Schlüsselzuweisungen kann unsere Stadt künftig nicht mehr verkraften“, sagte Groll. Dazu kommen aufgrund der Marktsituation zu erwartende Mindereinnahmen im Bereich des Forstes gegenüber dem diesjährigen Haushaltsansatz von rund 150 000 und zusätzliche Gebühren des Zweckverbandes Mittelhessischer Abwasserwerke für die Entsorgung der Straßenabwässer in Höhe von 39 500 Euro.
Die tariflich bedingten Erhöhungen bei den Personalaufwendungen betragen etwa 75 000 Euro, dabei entfallen alleine rund 60 000 Euro auf den Bereich der Erzieherinnen. Dafür, dass die Entwicklung nicht noch verheerendere Züge annimmt, sieht Groll mehrere Gründe: Zum einen gehen bei sinkenden Einnahmen der Kommune auch die Kreis- und Schulumlage zurück. Die Minderung beträgt hier rund 600 000 Euro. Zum anderen ist es dem Kämmerer gelungen, bei den Ausgaben 230 000 Euro zu sparen.
■ Neubau drückt auf die Stadtkasse
Der Fehlbedarf des Ergebnishaushaltes soll nun durch eine Rücklagenentnahme von rund 1,1 Millionen Euro ausgeglichen werden. Trotz der dargestellten finanziellen Einbrüche will Groll mit Magistrat, Stadtverordneten und Ortsbeiräten schmerzhafte Kürzungen und Streichungen vermeiden
Dies gelte besonders für die Unterhaltung kommunaler Gebäude, wo die Stadt am Beispiel des Rathausdachs einen hohen Handlungsbedarf habe.
Die Investitionen werden vom Neubau der Kindertagesstätte Regenbogen in der Allee (1,6 Millionen Euro), der Verlagerung der städtischen Bücherei (150 000 Euro) und dem Beginn der Erschließungsarbeiten in der Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne bestimmt. „Denken Sie auch daran, was wäre, wenn es nicht diesen Einbruch bei den Einnahmen gäbe und wenn wir keine neue Kindertagestätte bauen müssten“, sagte Groll zum Parlament. Dann stünde Neustadt ganz anders da.
Das prognostizierte Finanzloch will Groll mit einer Kreditaufnahme in Höhe von 1,4 Millionen Euro schließen. Die Nettoneuverschuldung beläuft sich demnach im Ergebnis auf 1,15 Millionen Euro.
Kritisch setzte sich Groll mit dem Systemwechsel von der Haushaltsform Kameralistik zur Doppik auseinander. Seiner Meinung nach bringt die Doppik den Kommunen mehr Nach- als Vorteile. Die damit verbundene Mehrarbeit sei für eine Verwaltung der Neustädter Größenordnung neben dem normalen Tagesgeschäft nicht in den vorgesehenen Zeiträumen zu leisten. „Die doppelte Buchführung ist für Kaufleute geschaffen. Kommunen sind aber keine Wirtschaftsunternehmen und sollten es auch nie werden“, betonte Groll.