„Leere Kasse“ zieht nicht mehr

Narren eroberten das Neustädter Rathaus und rieten der Bürgergarde zum Seitenwechsel
Mit all ihrem (nicht zu unterschätzenden) Gewicht lehnten sich Holger Krapp und Karsten Gehmlich gegen das extra errichtete Holztor, doch einmal mehr überwanden die Narren die Bürgergarde und eroberten das Rathaus.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Jahrelang gab es maximal Spinnweben aus Neustadts Stadtkasse zu erbeuten. Entsprechend versuchte Bürgermeister Thomas Groll es mit der alten Taktik und verwies während des Ansturms der Narren darauf, dass die Kassen leer seien. Schon in der Vergangenheit hatte ihm dieser Ansatz nicht geholfen – doch dieses Mal kassierte er dafür auch noch Gelächter der zahlreichen Besucher. Kol- ping-Sitzungspräsident Andreas Gnau freute sich anschließend auch gleich, dass es sich endlich mal lohne, das Rathaus zu erobern – und forderte Fördermittel für die Narren von 111 Prozent. Außerdem riet er der Bürgergarde, doch endlich die Seiten zu wechseln und mit den Narren gemeinsame Sache zu machen. Er muss es ja wissen: Im alltäglichen Leben ist er schließlich Hauptmann eben jener Garde.
Ein Höhepunkt des verregneten Rathaussturms war die Rede von VfL-Sitzungspräsident Michael Launer, dessen Notizen der anhaltende Regen fortgespült hatte – was seiner ohnehin schon urigen Art zusätzlichen Charme verlieh. Er versuchte jedenfalls, über das neue Bürger- und Kulturzentrum zu berichten: mit Glasaufzügen in die Saunawelt auf dem Dach, 400 Parkplätzen im Keller und einer Bier-Standleitung zum örtlichen Getränkehändler.
Michaela Gies (Frauenverein), Felicitas Trebes-Börner (St. Maria) und Carmen Clos-Kleiner (Blasorchester) betonten noch einmal, wie gut die Zusammenarbeit beim gemeinsamen Karnevalfeiern funktioniert habe. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass sich alle Vereine freuen, ab dem kommenden Jahr im neuen Bürgerzentrum wieder ihre eigenen Veranstaltungen ausrichten zu können.
Die Stadt solle dort die Preise klein halten, mahnte das Kinderprinzenpaar, Jonas Schultheiß und Emely Schönfeld. Prinz Henry (Gawlitta) und Prinzessin Bettina (Abel) lobten in ihren Reden ebenfalls den Zusammenhalt der karnevalstreibenden Vereine. Außerdem betonte der Prinz, er würde während seiner Zeit im Rathaus gerne eine Trauung abhalten.
Julian Schratz entschuldigte sich als Junker Hans noch für die überraschend missglückte Verteidigung des Rathauses. Marion Hill sang zum Abschluss eine Ode an ihre „Perle“ Neustadt – die sie auch bei der Einweihung des neuen Bürgerzentrums vortragen möge, wie Bürgermeister Thomas Groll betonte.
Bei aller Narretei hatte der Rathauschef noch eine ernste Botschaft an seine Mitmenschen. Ob man Neustadt nun als Boot (Narren), kleiner Segler (er selber) oder Traumschiff (Pfarrerin Kerstin Kandziora) bezeichne:
Jeder habe darin seinen Platz. „Es gehört jeder dazu, der sich an die Hausordnung hält.“