Marktführer haucht Will neues Leben ein

Wuppertaler Familienunternehmen bewahrt Neustädter Werkzeugfabrik vor dem Aus
Neustadt (b). Die Zangenproduktion in Neustadt ist gesichert. Vier Monate lief das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Werkzeugfabrik Harry P. Will. letzt hat es gutes Ende gefunden: Der Wuppertaler Zangen-Hersteller Knipex will die Produktion in Neustadt fortführen und dafür eine Nachfolge-Gesellschaft gründen. Die bestehenden 70 Arbeitsplätze bleiben erhalten.
In guten Zeiten hat Will an der Gleimenheimer Straße in Neustadt mit rund hundert Beschäftigten zwei Millionen Zangen im Jahr produziert, bis zu 16 000 Stück am Tag. Über Jahre war Harry F. Will Zulieferer der Automobil-Industrie, belieferte unter anderem Volkswagen und Mercedes. Will war Europas größter Private-Label-Hersteller von Markenzangen, belieferte vornehmlich Industrie und Handel und Baumärkte. Zuletzt war das 1947 in Neustadt angesiedelte Familienunternehmen selbst in die „Zange“ geraten.
Betriebsrenten sind gesichert
Öffentlich wurde die finanzielle Schieflage erst durch mehrere spektakuläre Verhandlungen vor dem Marburger Arbeitsgericht. Weil Harry P. Will die zugesagten Betriebsrenten nicht mehr aufbringen konnte und mit der Zahlung in Verzug geraten war, zogen 120 ehemalige Mitarbeiter vor den Kadi.
„Mit Ausnahme der zeitlichen Verzögerung ist den ehemaligen Mitarbeitern kein Schaden entstanden,“ stellt Frederic Still, Sohn des Will-Geschäftsführers Thomas Still und zuständig für den Vertrieb, fest. Die Betriebsrenten werden zwischenzeitlich durch den Pensionssicherungsverein mit Sitz in Köln übernommen, die immer dann mit Zahlungen eintritt, wenn die angeschlossenen Mitgliedsbetriebe in Insolvenz oder Konkurs gehen.
Nicht ganz so glimpflich traf es die Beschäftigten von Harry P. Will.
Der vom Marburger Amtsgericht zum Insolvenzverwalter bestellte Kasseler Rechtsanwalt Garsten Koch hat 34 Mitarbeitern entlassen. Begründet wurde dies mit einem Umsatz-Rückgang von vierzig Prozent und der vagen Aussicht, dafür die restlichen Arbeitsplätze zu retten.
Keine weiteren Entlassungen
Weitere Entlassungen sind nicht vorgesehen. Derzeit sind die Kapazitäten in Neustadt ausgelastet, so Still.
Nach einer Vereinbarung zwischen Insolvenzverwalter und Knipex-Geschäftsführer Ralf Putsch sollen entlassene Mitarbeiter bei eventuellen Neueinstellungen bevorzugt werden. Unabhängig davon hatte Insolvenzverwalter Koch mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich zugesagt und einen Sozialplan aufgestellt.
Knipex hat Will rückwirkend zum l. Januar übernommen. Das in Wuppertal ansässige Familienunternehmen ist Marktführer und beschäftigt allein in Wuppertal rund 700 Mitarbeiter. Seit 1991 gibt es im thüringischen Viernau das Tochterunternehmen Rennsteig Werkzeuge mit weiteren 180 Mitarbeitern.