Nächster Halt?

Stadt ärgert sich über Bahnhofsinvestor und die Verzögerungen / Unternehmen fordert mehr Geduld
Von Florian Lerchbacher
eustadt. Zwei Jahre ist es ziemlich genau her, dass Stefan Steinert von der Aedificia GmbH den Stadtverordneten seine Pläne für das erworbene Bahnhofsgebäude vorstellte. Er teilte damals unter anderem mit, dass es die Überlegung gebe, in dem roten Backsteingebäude ein Backpacker-Hotel unterzubringen und andere kleine Geschäfte. Dabei betonte er, dass sein Unternehmen zwar den Kauf mit Eigenmitteln umgesetzt habe, Banken aber für Renovierungen erst Geld zur Verfügung stellen würden, wenn er potenzielle Mieter für mindestens 70 bis 80 Prozent der Räume gefunden habe.

Seitdem hat sich allerdings nichts getan, bedauert Bürgermeister Thomas Groll – seine Kommune steht damit im Landkreis aber nicht alleine: Beim Bahnhofsgebäude in Biedenkopf geht’s sogar schon seit fünf Jahren nicht voran. Problem sei, dass er noch nicht einmal regionale Bäckereien oder Metzgereien finde, die sich in Neustadts Bahnhofsgebäude einmieten wollen, sagt Steinert auf Anfrage dieser Zeitung – die damit mehr Austausch mit dem Investor hat, als die Stadt. Er schreibe ihm regelmäßig, erhalte aber seit Mitte des Jahres 2020 keine Antworten, moniert Groll und ergänzt, dass nun sogar der postalisch zugestellte Gebührenbescheid in Sachen wiederkehrende Straßenbeiträge als unzustellbar zurückgekommen sei.

Wie die OP erfuhr, ist das Unternehmen umgezogen – und befindet sich laut Steinert im Konsolidierungsprozess, die Homepage ist derweil im Umbau. „Ich kam nicht dazu. Ich hatte keine Zeit“, lautet die Erklärung des Investors, warum er die regelmäßigen Anfragen der Stadt nicht mehr beantwortet: Die Corona-Krise und daraus resultierende Probleme mit Mietern nennt er dabei als Hauptgrund. Außerdem habe er von Anfang an gesagt, dass die Entwicklung des Bahnhofsgebäudes Zeit brauche. Er sei ja noch nicht einmal im Grundbuch eingetragen – was aber wiederum auch nicht seine Schuld sei.

In Hessen müsse dafür eine „Teilungsgenehmigung“ vorliegen – und um diese habe sich die Bahn noch nicht gekümmert. „Und wenn ich nicht im Grundbuch stehe, dann kann ich auch keine Sanierungsfinanzierung beantragen. Ich bin also gefangen – was keine Entschuldigung sein soll.“ Immerhin an einer Stelle ist er einen Schritt weiter als vor zwei Jahren: Er sei an der Gründung einer Gesellschaft beteiligt gewesen, die Backpacker-Hotels betreibt. Das Projekt stagniere aber aufgrund der Corona-Pandemie. Zur Stadt hat derweil ein Unternehmensberater Kontakt aufgenommen, der laut Groll mitteilte, dass das Bahnhofsgebäude bald zum Verkauf stehen werde. Zu einem vielfachen des Preises, zu dem der Investor es einst erworben hatte (damals war von rund 60 000 Euro die Rede). Auch an dieser Stelle hat Steinert eine andere Betrachtungsweise: Seine Mitgesellschafter wollten die Marktwerte der einzelnen Standorte wissen, es gehe also eher darum, mögliche Preise zu erkunden – was ja in der Wirtschaft legitim sei.

Stadt will Gebäude nicht für einen höheren Preis kaufen

Gleichzeitig hält er es jedoch für fragwürdig, dass eine Gemeinde „eine Immobilie erwirbt, um damit zu wirtschaften“. Er bezieht sich damit auf einen Gedanken des Bürgermeisters, der angesichts der Stagnation des Projektes darüber nachgedacht hatte, dass die Stadt das Gebäude entgegen ursprünglicher Planungen doch kaufen könnte, um die Umgestaltung auf den Weg zu bringen. „Ich spreche gerne mit der Stadt. Vielleicht kommt sie ja besser an Mieter oder Nutzer ran“, sagt Steinert – dann lasse sich auch über einen Verkauf reden.

Groll wäre es wichtig, dass es vorangeht. Der Bahnhof sei schließlich nicht nur ein städtebaulich bedeutendes Objekt, sondern eminent wichtig für die Mobilität und Anbindung der Stadt. Entsprechend gelte es, die Anlage barrierefrei zu machen und auf Vordermann zu bringen – und das möglichst rasch. Die Stadt sei zwar bereit, das Heft in die Hand zu nehmen – das gelte auch für die Fraktionen –, werde allerdings keinesfalls einen höheren Preis zahlen: „An Spekulationen beteiligen wir uns nicht“, resümiert Groll.