Neustadt und der Lego-Haushalt

Planungen für 2021 sehen trotz Investitionen von mehr als vier Millionen Euro einen Überschuss von 721 000 Euro vor
Von Florian Lerchbacher
Neustadt. Weit über vier Millionen Euro will die Stadt Neustadt im Jahr 2021 investieren und dabei noch Verbindlichkeiten in Höhe von rund 500 000 Euro tilgen. So zumindest der Plan von Bürgermeister Thomas Groll, der gestern Abend den Haushaltsplanentwurf für das kommende Jahr (mit einem errechneten Überschuss von 721 000 Euro) einbrachte. Er stellte dabei die Kontinuität heraus und betonte, der Haushaltsplan stehe in einer Reihe mit den Zahlenwerken seit 2017. „In 2021 werden wir daher zunächst die bereits begonnenen Großprojekte der letzten Jahre zu Ende bringen“, sagte er und brachte im Gespräch mit dieser Zeitung das Bild eines Lego-Bauwerkes auf: Die Haushaltspläne würden aufeinander aufbauen beziehungsweise miteinander verwoben sein – sie seien wie Legosteine ineinander verbaut, sodass eine feste Mauer entstehe.

Im kommenden Jahr soll der Schwerpunkt auf der Umgestaltung des Bürgerparks liegen. Dafür sind 400 000 Euro eingeplant, insgesamt werden in die grüne Lunge der Stadt also 750 000 Euro investiert. Die Renaturierung des Wehrs habe die Stadt übrigens ausgegliedert, um nach Wasserrechtsrahmenrichtlinie um die 90 Prozent Förderung zu erhalten, so der Rathauschef. Geplant ist außerdem, ein Gutachten über den ruhenden und fahrenden Verkehr in der Innenstadt auf den Weg zu bringen.

Fahrradabstellplätze
am Bahnhof geplant

Am Bahnhof will die Stadt für 25 000 Euro (bei erwarteten Zuschüssen von 17 500 Euro) Fahrradabstellplätze einrichten. In diesem Zusammenhang machte Groll seinem Unmut darüber Luft, dass der Investor seine Pläne zur Umgestaltung nicht angehe – und sich nicht einmal mehr melde. Beim Freibad sollen Wohnmobilplätze entstehen (Kosten 75 000 Euro, Zuschuss 54 000 Euro). Sogar sechsstellig schlagen die Erweiterung der Kita Regenbogen (450 000 Euro, Zuschuss 250 000 Euro), der Umbau des alten Kindergartens Momberg zum Multifunktionalen Haus (620 000 Euro, Zuschuss 454 000 Euro) und die Umgestaltung des Jugendraums Speckswinkel zu Umkleide beziehungsweise Werkraum für die Feuerwehr zu Buche (inklusive Heizungsaustausch 220 000 Euro – Teile waren schon für den Haushalt 2020 angesetzt worden). „Dazu findet auch wieder kommunaler Straßenbau in der Goethe- und der Karl-Braun-Straße sowie die leider dringend notwendige Erneuerung der Straßeneinläufe in der Leipziger Straße für 185 000 Euro statt“, so Groll. Die angedachten Bauprojekte in der Bahnhofstraße und der Kasseler Straße seien auf Bitten von Hessen Mobil auf 2022 verschoben worden.

Die Stadt will des Weiteren in den Fuhrpark der Verwaltung und des Bauhofs investieren, hat die Sanierung des Parkplatzes am Kultur- und Bürgerzentrum ins Auge gefasst und muss sich weiter den historischen Gebäuden in der Kernstadt widmen. Daher enthält die mittelfristige Finanzplanung „Merkposten“ in Höhe von 330 000 Euro für das Archiv und 390 000 Euro für das Historische Archiv. Ebenfalls noch nicht etatisiert, aber fest in den Planungen des Kämmerers verankert, ist die Frage nach einem modernen und barrierefreien Gemeinschaftshaus für Mengsberg. Für 2021 sei vorgesehen ein Konzept zu erarbeiten, Gespräche mit möglichen Fördermittel-Gebern zu führen, und die Planungen auf den Weg zu bringen. Der Weg sei eben nicht „kurz“, sagte Groll in Anspielung auf den Nachnamen des Ortsvorstehers – sondern könnte auch steinig werden.

Beim Blick noch weiter nach vorne sprach Groll davon, die Themen Klimaschutz und Mobilität sowie die Ärztesituation weiter ins Blickfeld zu rücken. Außerdem möchte er das Stadtmarketing verbessern: „Wir schaffen sehr viel Positives, das wir in einer einheitlichen Linie vermarkten sollten.“ Neustadt werde immer attraktiver – und so gelte es angesichts einer zunehmenden Nachfrage, auch über die Entwicklung neuer Baugebiete zu sprechen.

„Gut vorbereitet“
trotz fehlender Einnahmen

„Innovativ, investiv, sozial“, lautet das Motto des Haushaltsplan-Entwurfs, den die Stadtverordneten nun beraten müssen. SPD-Fraktionsvorsitzender Hans-Gerhard Gatz-weiler hatte einst angesichts der zahlreichen Großprojekte davon gesprochen, dass es für Neustadt wie in einem Traum laufe, aus dem er nicht aufzuwachen hoffe. Darauf bezog sich Groll mit Blick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Stadt auch noch einmal in seiner Haushaltsrede. Er erklärte, der Wecker im Jahr 2020 habe zwar ein paar Mal geklingelt, die Stadt sei aber gut vorbereitet gewesen und trotz fehlender Einnahmen in Höhe von rund 550 000 Euro (unter anderem Gewerbesteuer 170 000 Euro, Einkommenssteuer 300 000 Euro) nicht unsanft geweckt worden.