Neustädter Mitteilungsblatt

Sitzung der Fachausschüsse I und II

Zur Vorbereitung der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 11. November 2019 tagten am 6. November zunächst der Fachausschuss II (Stadtentwicklung, Bauen, Umwelt, Landwirtschaft und Forsten sowie Soziales und Kultur) und anschließend der Fachausschuss I – Grundsatzangelegenheiten, Finanzen und Öffentliche Sicherheit.
Die Vorsitzenden Karl Stehl (CDU) und Markus Bätz (FWG) führten wie immer zügig durch die Sitzungen, die Verwaltung hatte die Ausschussmitglieder im Vorfeld mit ausführlichen Vorlagen versorgt.
Obwohl einige wichtige Tagesordnungspunkte auf der Agenda der Ausschüsse standen waren nur zur Sitzung des Fachausschusses II zwei Zuschauer anwesend. Dies ist schade, da doch gerade in diesen Zusammenkünften die einzelnen Vorlagen ausführlicher als in der Stadtverordnetenversammlung besprochen werden und es Hintergrundinformationen zu den Anträgen und Magistratsvorlagen gibt. Breiten Raum nahm die Einführung der Wiederkehrenden Straßenbeiträge ein. Bürgermeister Thomas Groll erläuterte drei in diesem Zusammenhang wichtige Vorlagen.
Beide Ausschüsse empfahlen einstimmig, für die Kernstadt das Bauprogramm 2019-2022 verbindlich zu beschließen. In diesem Zeitraum plant die Kommune die Nebenanlagen der Querallee einschließlich eines unselbständigen Stichweges in die Allee hinein und der Bahnhofstraße/Kasseler Straße grundhaft zu sanieren. Der Bund wird die Fahrbahn der B 454 in diesen Bereichen ebenfalls erneuern. Außerdem ist eine grundhafte Sanierung der Karl-Braun- Straße vorgesehen.
Für die Kernstadt und die Stadtteile empfahlen die Ausschüsse der Stadtverordnetenversammlung zudem die Prioritätenliste für den kommunalen Straßenbau 2019-2031 anzunehmen. Der Bürgermeister wies darauf hin, dass diese Liste aufgrund des langen Zeitraumes im Laufe der Jahre durchaus noch Veränderungen erfahren könnte. Dies wäre unter anderem bei dringenden größeren Maßnahmen des Wasser- bzw. Abwasserverbandes oder bei Baumaßnahmen an Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen der Fall. Aus Gründen der Synergie würde die Kommune in diesen Fällen ebenfalls tätig und den Straßenzug bzw. die Nebenanlagen ebenfalls erneuern.
Die Ausschüsse empfahlen ebenfalls einstimmig, den Beitragssatz pro qm veranlagungsfähiger Fläche in der Kernstadt für den Zeitraum 2019-2022 auf 0,12 Cent festzulegen. Die Bescheide werden voraussichtlich im II. Quartal 2020 versandt. Der Bürgermeister wies darauf hin, dass es sich hierbei um keinen „Festpreis“ handele. Nach vier Jahren werde nachkalkuliert und Einsparungen oder Verteuerungen bei den Baumaßnahmen an die Anlieger weitergegeben.
Für die Stadtteile waren noch keine Beschlüsse nötig, da hier 2019 und 2020 kein kommunaler Straßenbau stattfindet.
Thomas Groll begründete ausführlich die Entwicklung des Beitragssatzes von der ersten Modellberechnung 2017 – 3 Cent – über die zweite Modellberechnung Mitte 2019 – 9 Cent – hin zum Satzungsbeschluss von 12 Cent.
Das kommunale Straßenbauprogramm habe gegenüber 2017 gravierende Änderungen erfahren müssen. Seinerzeit war man davon ausgegangen, dass die Querallee vom Bund bereits 2018 in Angriff genommen werde. Auch die Karl-Braun-Straße sei aufgrund der Planungen der Ver- und Entsorger neu aufgenommen worden. Einschließlich einer Teuerung im Bausektor von rund 25 Prozent in den letzten drei Jahren gehe man nun in der Kernstadt von Gesamtbaukosten bis 2022 in Höhe von 1,35 Mio. Euro aus. 2017 seien es noch knapp 400.000 Euro gewesen. In der Neustädter Kernstadt trägt die Kommune 28,9 Prozent der Baukosten.
Bei den Modellrechnungen 2017 bzw. 2019 seien die zunächst befreiten Flächen noch nicht oder nur teilweise berücksichtigt worden. Nun seien diese komplett heraus gerechnet und der Artzuschlag für Gewerbetreibende und öffentliche Gebäude mit starker Verkehrsfrequenz eingepreist worden. Die veranlagungsfähige Fläche habe sich von 2,5 Millionen qm auf knapp 2 Millionen qm reduziert. Bürgermeister Thomas Groll und SPD-Fraktionsvorsitzender Hans- Gerhard Gatzweiler fanden diese Entwicklung der Beiträge zwar nachvollziehbar, bedauerten aber, dass das beauftragte Büro bei der Modellberechnung 2017 aufgrund bereits gewonnener Erfahrungen in anderen Kommunen nicht schon einen pauschalen Abzug von der damals zur Berechnung herangezogenen Gesamtfläche der Kommune vorgenommen habe.
Trotzdem waren alle Anwesenden der Auffassung, dass die Einführung der Wiederkehrenden Straßenbeiträge der richtige Schritt sei. Das alte Veranlagungssystem wolle keiner beibehalten und eine vollständige Abschaffung der Straßenbeiträge sei vor Ort nur über eine massive Grundsteuererhöhung finanzierbar.
Weiterhin gab es eine Empfehlung über die Einstufung sämtlicher Straßen in der Kernstadt und den Stadtteilen. Für die Kernstadt wurde diese Einstufung verbindlich vorgenommen, bezüglich der Stadtteile handelt es sich zunächst um eine vorläufige Einstufung. Hier werden endgültige Beschlüsse erst für Beginn einer Abrechnungsperiode gefasst.
Hans-Gerhard Gatzweiler bat in diesem Zusammenhang gegenüber den Betroffenen um so viel Offenheit wie möglich. Die Einstufungslisten sollen daher im „Mitteilungsblatt“ veröffentlicht werden.
Der Fachausschuss II traf seine Empfehlung einstimmig. Bürgermeister Groll hatte erläutert, dass Verwaltung und Magistrat unter Zugrundelegung der Rechtsprechung „größtmögliches Ermessen“ zugunsten der Grundstückeigentümer ausgeübt hätten. Lediglich Grundstücke für die es noch keine abgeschlossene Erschließungsakte gebe würden von den Wiederkehrenden Straßenbeiträgen ausgeschlossen. Wenn hier eine Fertigstellung erfolge, müssten die Anlieger 90 Prozent der Kosten tragen.
Der Fachausschuss I traf seine Empfehlung bei zwei Enthaltungen. Georg-August Metz (SPD) sah zumindest bezüglich des Ruschelberges die Einstufung als historische Straße kritisch und enthielt sich der Stimme.
Einig war man sich dann wieder darin, dass in den kommenden Jahren die lange Liste der noch nicht endgültig fertiggestellten Erschließungsanlagen – alleine in der Kemstadt sind es 30 – kontinuierlich abgearbeitet werden müsse. Hierfür sollen noch Kriterien festgelegt und anhand dieser eine Prioritätenliste erarbeitet werden.
Zahlreiche Bauleitplanungen standen auf der Tagesordnung des FA II.
Einstimmig wurde der Bebauungsplan Nr. 28 „St. Martin-Weg“, Neustadt, zur Annahme empfohlen. Hier ist die Errichtung einer Lagerhalle für Kulturgüter (Oldtimer) vorgesehen.
Auch einstimmig erfolgte die Empfehlung zur Änderung des Flächennutzungsplanes für den Bereich „Auf dem Hardtfeld“ in Momberg bzw. den damit einhergehenden Bebauungsplan Nr. 7. Hierdurch wird die Nutzung des Areals als Tierarztpraxis mit Schmiedebetrieb und Therapiezentrum für Pferde ermöglicht. Durch Veröffentlichung werden beide B-Pläne Rechtskraft erlangen.
Der Ausschuss empfahl auch die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 30 „Solarpark östlich der Hainmühle“ einstimmig. Die Energiegenossenschaft Vogelsberg möchte auf einer Fläche zwischen der B 454 Richtung Wiera und der Bahntrasse eine Photovoltaik (PV)- Freianlage errichten.
Im Vorfeld der Ausschusssitzung hatte sich der Ortsvorsteher der Kemstadt an einige Mandatsträger per Mail gewandt und mitgeteilt, dass diese Vorlage „Schäden für die Bevölkerung bedeute und daher nicht widerspruchslos hingenommen werden könne“. Der Ortsvorsteher verwies darauf, dass er durch den Solarpark das von ihm immer wieder ins Gespräch gebrachte Neubaugebiet „Hundskaute“ in Gefahr sehe.
Bürgermeister Groll, der dieses Schreiben nicht erhalten hatte, teilte hierzu mit, dass der Ortsvorsteher bei seiner Einschätzung nicht richtig liege. Mit der „Hundskaute“ habe diese Vorlage nämlich überhaupt nichts zu tun. Der Solarpark solle vielmehr auf der anderen Seite der Bahn entstehen. Es sei zwar richtig, dass ein Hamburger Unternehmen Interesse habe, auch auf der Seite zwischen Bahn und Wasenberger Straße tätig zu werden und eine PV-Freiflächenanlage zu errichten, hier sei man aber noch lange nicht so weit, dass eine Beschlussfassung anstünde.
Der Magistrat stünde zwar grundsätzlich allen Vorhaben im Bereich erneuerbarer Energien positiv gegenüber, aber es gelte natürlich zahlreiche Punkte, darunter auch die Interessen der Landwirtschaft, in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.
Hans-Gerhard Gatzweiler kündigte in diesem Zusammenhang einen Antrag der SPD-Fraktion für Dezember an. Die Fraktion spreche sich ebenfalls grundsätzlich für erneuerbare Energien vor Ort aus, aber eine entsprechende Bauleitplanung solle nur dann erfolgen, wenn zukünftig die Kommune und auch interessierte Bürger hieran teilhaben könnten.
Der Bürgermeister gab zu erkennen, dass er dieses Ansinnen unterstützt.
Mit einer Enthaltung durch Volker Zinser (CDU) wurde eine Resolution zum Weiterbau der A 49 auf den Weg gebracht. Die Kommune bleibt damit bei ihrer jahrzehntelangen Beschlusslage: Die Autobahn soll kommen und zwar zügig. Die Verschiebung von Rodungsarbeiten im Danneröder Forst dürfe keine negativen Auswirkungen auf Neustadt haben.
Da in Neustadt selbst ohne die Geflüchteten in der Erstaufnahmeeinrichtung über 1.000 ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger leben muss im Herbst 2020 ein Ausländerbeirat gewählt werden. Dieser soll entsprechend einer Empfehlung des Magistrats aus fünf Mitgliedern bestehen.
Der FA I empfahl einstimmig eine Erhöhung des Wasserpreises in den von der Kommune versorgten Stadtteilen Mengsberg, Momberg und Speckswinkel. Dieser soll ab dem 1. Januar 2020 inclusive der Mehrwersteuer 2,25 Euro betragen. Bisher waren es 2,14 Euro. Begründet wird die Erhöhung mit gestiegenen Sach- und Personalkosten sowie einer Neuregelung des Bereitschaftsdienstes, die zu Mehrkosten von rund 10.000 Euro führt.
Bezüglich des Neubaus des Kultur- und Bürgerzentrums konnte der Bürgermeister eine positive Zwischennachricht geben. Die geschätzten Bruttobaukosten belaufen sich auf 6,3 Mio. Euro. Davon sind 800.000 Euro sogenannte Baunebenkosten wie Honorare für Planer und Genehmigungen. Von den verbleibenden Bauleistungen in Höhe von 5,5 Mio. Euro wurden bisher Gewerke im seinerzeit geschätzten Auftragswert von 4,5 Mio. Euro vergeben. Dabei liegt man aktuell 100.000 Euro unter den Kostenschätzungen. Dies ist bisher ein sehr gutes Ergebnis und läuft sicher gegen den allgemeinen Trend. „Gute Vorarbeit und auch Glück haben uns bisher begleitet“, so Thomas Groll.
Beim Freibad wurden bisher drei Gewerke für 1,2 Mio. Euro vergeben, hier liegen die Planungen gegenwärtig knapp 50.000 Euro unter den Schätzungen.
Hans-Gerhard Gatzweiler fragte, ob es etwas Neues bezüglich des Nachbargrundstückes des Kultur- und Bürgerzentrums gebe, nachdem der Investor seine Pläne zur Errichtung barrierefreier Wohnungen aufgegeben habe. Er stehe sowohl mit dem Eigentümer als auch möglichen Investoren in Kontakt, so Bürgermeister Groll, aber noch gebe es nichts Neues.
Der Bürgermeister teilte abschließend mit, dass die „Blocks“ in der Leipziger und Königsberger Straße kürzlich veräußert worden seien. Er hoffe, dass sich die Zustände dort nun verbessern.
Bei der geplanten Seniorenwohnanlage an der Marburger Str. habe es ebenfalls einen Eigentümerwechsel gegeben. Nun treibe ein Gie- ßener Unternehmungen die Planungen voran. Der Satzungsbeschluss sei für Dezember 2019 vorgesehen.