Neustädter Mitteilungsblatt

Mitgliederversammlung der SPD Neustadt

Die Mitglieder der SPD-Ortsvereine trafen sich am 14. März im Haus der Begegnung, um mit dem Landtagsabgeordneten Dr. Thomas Spies über die Zukunft im Hessischen Landtag zu diskutieren.
Zunächst berichtete Spies über die Entwicklung seit der Wahl. Er stellte fest, dass Neustadt zu den acht Gemeinden Hessens mit der größten Steigerungsrate für das SPD-Ergebnis zählt. Die weitere Berichterstattung wurde von einer lebhaften Diskussion begleitet. In Bezug auf das Landesergebnis bleibt festzustellen, dass die Wähler eindeutig zugunsten der Parteien stimmten, die versprachen, Roland Kochs Politik zu beenden.
Und noch eines ist klar, nämlich dass es keiner Koalition möglich sein wird, die im Wahlkampf abgegebenen Aussagen lückenlos einzuhalten. Hessen muss aber regiert werden. Alle Parteien werden über ihren Schatten springen müssen, wenn sie die Regierungsverantwortung in die Hand nehmen wollen.
Es ist also klar, dass es nicht leicht sein wird eine Regierung ohne Koch zu bilden; unmöglich wäre es jedoch nicht. Andrea Ypsilanti war natürlich auch klar, an ihrem zweiten Versprechen, nicht mit den Linken zusammenzuarbeiten, nur festhalten zu können, wenn die FDP Regierungsverantwortung übernimmt. Eine große Koalition scheidet schon deshalb aus, weil die CDU auf Roland Koch als Ministerpräsident besteht und dies somit den Bruch des ersten und wichtigsten Wahlversprechens bedeuten würde.
Die SPD appellierte mehrfach an die FDP, die ihr vom Wähler übertragene Verantwortung für Hessen wahrzunehmen und in Koalitionsgespräche einzusteigen.
Bereits am 27. Januar signalisierte Andrea Ypsilanti der FDP die Bereitschaft zur Koalition. Es folgten weiter Initiativen die von der FDP jedoch mit Kommentaren, wie „schlimmer als lästige Verehrer“, „Stalking“ und „die SPD ist offenbar „begriffsstutzig“ (Nicola Beer) abgetan wurden.
Am 12.02. folgte ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der hess. FDP, Jörg-Uwe Hahn. Für dieses Gespräch war Vertraulichkeit vereinbart, dennoch lädt Hahn vorab für vorher und nachher zur Pressekonferenzen ein. Er sagt: „alle Beteiligten wissen, dass die Diskussion jetzt beendet ist“. Bis zur Hamburg-Wahl (24. 2.) führt die SPD zahlreiche Gespräche mit Mitgliedern der FDP sowie zahlreichen Wirtschaftverbänden und anderen Institutionen, Einrichtungen und Personen mit dem Ziel, die FDP doch noch zumindest zur Aufnahme von Gesprächen zu bewegen. Am 25.02. fordert die SPD die FDP erneut schriftlich auf, Gesprächen zu führen mit dem Ziel, eine hessische Regierung zu bilden. Kommentar von Jörg-Uwe Hahn (FDP) am 28.02.: „Entweder leidet Frau Ypsilanti an partiellen Wahrnehmungsstörungen oder sie will es nicht verstehen“.
Die SPD gab noch nicht auf und sandte am 29.02. ein erneutes Schreiben an die FDP, in dem noch einmal deutlich dargelegt wird, in welchen zahlreichen Politikfelder hohe Übereinstimmung
besteht und eine Einigung unproblematisch sein dürfte. Daraufhin erklärt die FDP: „Schluss mit lustig“. Sie würde nun keine Briefe mehr der SPD beantworten.
Am 04. März stellen SPD-Landesvorstand und Fraktion fest, dass die Versuche mit der FDP zu verhandeln, vorläufig gescheitert sind. Daher beauftragen sie den geschäftsführenden Landesvorstand, in Verhandlungen mit den Grünen zur Bildung einer Minderheitsregierung einzutreten.
Um ihr Versprechen einzulösen, die Politik von Roland Koch zu beenden und die Programmziele der SPD zu realisieren, sah Andrea Ypsilanti nach der Totalblockade der FDP keinen anderen Ausweg, als vor der Öffentlichkeit ihre Absicht zu erklären, eine Minderheitenregierung von SPD und Grüne zu bilden. Dazu müss-te sie dann auch die Unterstützung der Partei „die Linke“ bei der Wahl zur Ministerpräsidentin akzeptieren. Diese Erklärung erfolgte nach sorgfältiger Prüfung, mit welchen Personen man es bei dieser Partei im Hessischen Landtag zu tun hat. Dabei konnte festgestellt werden, dass es sich offenbar nicht um kommunistische Altkader oder ehemalige SED-Funktionäre handelt, wie es die CDU in ihrem Wahlkampf immer wieder darzustellen versuchte. Die Tür für Koalitionsgespräche gegenüber der FDP steht nach wie vor offen, so Spies.
Man kann nicht verleugnen, dass die gegen Andrea Ypsilanti gerichtete Medienkampagne, deren populistische Auswüchse weit unter die Gürtellinie reichen, ihre beabsichtigte Wirkung nicht verfehlt hat. Selbst bei Mitgliedern innerhalb der SPD bestehen Meinungsverschiedenheiten über den weiteren Fortgang in der Regierungsbildung und bei Gewichtung abgegebener Zusagen und Ziele.
Die anwesenden SPD-Mitglieder machten deutlich, dass sie die von Andrea Ypsilanti eingebrachten politischen Ziele – eine neue Bildungs-, Energie- und Familienpolitik- nach wie vor begrüßen. Hessen braucht den vom Wähler gewünschten Wechsel, nicht zuletzt wegen der Schulpolitik auch hier in Neustadt. Die Versammlung dankte Dr. Thomas Spies für seine ausführliche Berichterstattung und die Gelegenheit, über die Hintergründe zur Regierungsbildung endlich einmal in sehr sachlicher Atmosphäre diskutieren zu können.
Das weitere parlamentarische Geschehen wird zeigen, ob der Wählerwille erfüllt und eine Regierung ohne Roland Koch erreicht werden kann.