Speckswinkler hoffen auf Fördermittel

Hessische Landgesellschaft zieht Neustädter Stadtteil als Modellprojekt für Bekämpfung von Leerständen in Erwägung
Die Stadt Neustadt hofft, dass die Hessische Landgesellschaft die Umsetzung des Ideenwettbewerbs für die Ortsmitte Speckswinkel fördert. Der Denkmalbeirat des Kreises tagte gestern im Zollhof.
von Florian Lerchbacher
Stadtallendorf. Die Mitglieder des Denkmalbeirates des Landkreises Marburg-Biedenkopf setzten sich gestern mit den Ideen auseinander, die drei Planungsbüros für die Ortsmitte von Speckswinkel entwickelt hatten (die OP berichtete). Die meisten von ihnen waren sich einig, dass das von Bürgermeister Thomas Groll favorisierte Konzept des Architekturbüros Schmidt und Strack nicht in das Dorfbild Speckswinkels passe – die Alsfelder hatten zehn moderne neue Wohngebäude im Sinn. Dem Bürgermeister sagt dies am meisten zu, da es am kostengünstigsten realisierbar sei und aufgrund der kleinen Wohneinheiten für Neubürger, die in Speckswinkel wohnen und in der Umgebung arbeiten könnten, am interessantesten wäre. Groll hat dabei zum Beispiel Offiziere im Sinn, die in die Kaserne in Stadtallendorf versetzt werden.
Die Mitglieder des Denkmalbeirats gaben zum einen zu bedenken, dass der Entwurf am weitesten von der Dorfstruktur entfernt sei, „gerastert“ und „uniform“ wirke und so quasi eine abgeschlossene Einheit bilde, die schwer integrierbar sei. Andererseits könne es jedoch auch kontraproduktiv
Speckswinkels Ortsvorsteher Karl Stehl erläutert Mitgliedern des Denkmalbeirats des Kreises die Ideen, die Planungsbüros für die Dorfmitte eingereicht hatten. Foto: Florian Lerchbacher
sein, wenn die Neubauten an die alte, aus landwirtschaftlichen Strukturen entstandene Gebäudeordnung angepasst würden: „Wir wollen keine historisierenden Lügen“, betonte Beiratsvorsitzende Dr. Renate Buchenauer.
In der Gunst der Beiratsmitglieder ganz oben stand der Entwurf der gebürtigen Speckswinklerin Petra Geißel-Born, da
sie sich am ehesten an den bestehenden Strukturen orientiere: Sie hatte unter anderem den Abriss aber auch die Umnutzung von Scheunen und anderen Gebäuden vorgesehen und unter anderem einen Mehrgenerationenwohnhof, einen Bauernmarkt und Kleinigkeiten wie einen Brunnen und Denkmaltafeln angedacht. Menschen, die aufs Dorf ziehen,
hätten eher im Sinn, großflächige Grundstücke zu kaufen, gab ein Mitglied zu bedenken – ganz im Gegensatz zur Annahme Grolls.
Holger Möller vom Kasseler Büro für Architektur und Stadtplanung, der seit mehr als 20 Jahren in Neustadt mit der Altstadtsanierung beschäftigt ist, hatte ebenfalls Neubauten vorgeschlagen, die sich in das Bild der alten Gebäude gut integrieren sollten. Er stellte Landschaft, Ökologie und Energie als Schlagworte heraus. Auf seinen Vorschlag gingen die Beiratsmitglieder am wenigsten ein, allerdings waren sie zumeist der Ansicht, die Ortsmitte würde in diesem Konzept ebenfalls wie eine eigene, abgeschlossene Siedlung wirken.
Magistrat will Familien fördern, die Grundstücke im alten Ortskern kaufen
Wie es mit der Ortsmitte von Speckswinkel weitergeht, liegt* inzwischen ohnehin in der Hand der Hessischen Landgesellschaft, mit der die Stadt Gespräche geführt hat. Die Landgesellschaft plant Modellprojekte, um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken und scheint akutes Interesse angemeldet zu haben. Die Stadt hofft auf eine Förderung ihres Projektes durch EU-Mittel. Sollte, sich die Gesellschaft für Speckswinkel als „Leuchtturm-Modell“ entscheiden, würde sie über die Konzeption entscheiden und als erstes Gespräche mit den Eigentümern führen. „Wir wollen nicht über die Köpfe unserer Bürger hinweg entscheiden“, betont Groll, der weiterhin die Innen- vor der Außenentwicklung fördern möchte. Der Magistrat plant, im März ein Förderprogramm in der Stadtverordnetenversammlung einzubringen, um Familien zu unterstützen, die Gebäude und Grundstücke in den Altortslagen kaufen möchten. 15 000 Euro sind jährlich für den Haushalt vorgesehen – eine Familie mit zwei Kindern würde zum Beispiel maximal 10 000 Euro in fünf Jahren erhalten.