Stadt will alte Abfallsatzung in die Tonne treten

Magistrat will vom Personen- auf den Gefäßmaßstab umstellen Groll: „Bürger bekommen mehr Gestaltungsmöglichkeiten“
Nachdem die Stadtverordneten im Zusammenhang mit der Neuausschreibung der Müllabfuhr einen Grundsatzbeschluss über die Gestaltung der Abfallsatzung fassten, sollen sie diesem nun mit einer Neufassung der Satzung Rechnung tragen.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Ab dem 1. Januar 2011 wird der Restmüll nur noch alle drei Wochen abgeholt, die Abfallsatzung sieht schließlich künftig nur noch eine Restmüllmenge von acht statt zwölf Litern pro Person und Woche vor. Damit, so Bürgermeister Thomas Groll, reagiere die Stadt auf die verbesserte Mülltrennung der Bürger seit Inkrafttreten der alten Satzung aus dem Jahr 1999. Zugleich habe der Magistrat auf Erfahrungswerte anderer Kommunen zurückgegriffen. Der Biomüll wird alle zwei Wochen abgefahren, bis auf eine Phase zwischen November und März, in der er alle drei Wochen abgeholt wird – dabei wurde berücksichtigt, dass in diesem Zeitraum weniger Gartenabfälle anfielen, betont Groll.
Haushalte ab drei Personen können ein kleineres Abfallgefäß als das ihnen eigentlich zugeteilte beantragen und Nachbarn können sich eine Tonne teilen. Für beide Fälle sind gesonderte Anträge an die Stadtverwaltung notwendig.
Diese Neuerungen bilden das Grundgerüst des vom Magistrat nun eingebrachten Satzungsentwurfs.
Die Stadt will vom Personen auf den Gefäßmaßstab umstellen. „Die Bürger bekommen mehr Gestaltungsmöglichkeiten beim Müll“, sagt Groll und hebt hervor, dass es in Deutschland kaum noch Kommunen gebe, die den Personenmaßstab anwendeten. Für Einpersonenhaushalte werden die Kosten steigen, räumt er ein. Zweipersonenhaushalte werden wahrscheinlich minimal mehr zahlen, Mehrpersonenhaushalte können sich indes auf niedrigere Abrechnungen freuen – je nachdem, wie sie sich an das neue System anpassen. „Die Systeme sind schlecht vergleichbar“, will Groll indes keine pauschalen Aussagen treffen. Er stellt allerdings heraus, dass die Fixkosten der Entsorgung, die unabhängig vom Müllvolumen anfallen, derzeit bei Einpersonenhaushalten nicht durch die Gebühr von 49 Euro gedeckt würden.
Da die Einpersonenhaushalte, die bisher vergleichsweise gut wegkamen, nun mit einigen Mehrkosten zu rechnen haben, sollen sie zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten bekommen: Eine Variante, die den Stadtverordneten zur Abstimmung vorliegt, sieht eine Absenkung der kalkulierten Gebühr um 15 Euro vor – um dies auszugleichen, würde die Stadt Mittel aus der „Gebührenausgleichsrücklage Abfall“ entnehmen. Variante zwei beinhaltet einen sechswöchigen statt eines dreiwöchigen Ab-hol-Turnus – was der Magistrat auch für Zweipersonenhaushalte vorgeschlagen hat, um auch diesen mehr Gestaltungsfreiraum zu geben. Statt 105 Euro müssten sie bei dieser Variante nur 85 Euro zahlen – aufgrund der Fixkosten sei eine weitere Verbilligung nicht möglich, betont Groll.
Einpersonenhaushalte können sich ab 2011 auch mit dem Nachbarn eine Tonne teilen und würden so nur eine leichte Erhöhung tragen müssen. Dieses Modell steht grundsätzlich auch . anderen Haushaltsgrößen offen. Zum Vergleich käme ein Fünfpersonenhaushalt, der bisher 246 Euro für eine 120-Liter-Tonne zahlte, nunmehr auf 203 Euro -könnte aber auch eine 80-Liter-Tonne beantragen und müsste dann nur noch 138 Euro zahlen.
Gleichzeitig sind aber Änderungen beim Biomüll geplant, dessen Kosten sich bisher nach Größe der Tonne und Anzahl der Personen rechnete. Ein Einpersonenhaushalt konnte zum Beispiel für 17 Euro eine 60-Liter-Tonne nutzen oder für 30 Euro eine 240-Liter-Tonne, während ein Fünfpersonenhaushalt für die 60-Liter-Ton-ne 87 Euro und für die 240-Liter-Tonne gar 150 Euro zahlen musste. 60-Liter-Ton-nen kosten nun pauschal 30 Euro, 240-Li-ter-Tonnen 110 Euro. Diese massiven Änderungen basieren auf den Berechnungen von Diplom-Ingenieur Dietmar Kuhs -der Müllexperte hatte während einer öffentlichen Ausschusssitzung allerdings auch bereits gesagt, dass er Zweifel daran hege,
ob die bisherigen Gebühren für die Biotonnen einer juristischen Prüfung standhalten würden. Im Vergleich ähneln die geplanten neuen Gebühren jenen, die auch die Nachbarstädte Stadtallendorf oder Amöneburg ihren Bürgern in Rechnung stellen. „Das sind realistische, keine politischen Preise“, kommentiert Groll und ergänzt, die Kosten für Biomüll seien bisher über den Restmüll subventioniert worden.
Hätte die Kommune den Abfuhrrhythmus nicht umgestellt, wären Mehrkosten von 70 000 Euro angefallen, die die Bürger zu tragen hätten. „Wer bemängelt, dass jetzt weniger Abfuhren stattfinden und es daher im Vergleich teurer wird, muss dies berücksichtigen“, kommentiert der Bürgermeister.
Die Stadt plant, in den kommenden acht Jahren – so lange läuft der neue Vertrag mit dem Entsorgungsunternehmen 184 000 Euro aus ihrer 23 0000 Euro schweren Rücklage zu entnehmen, um die Preise für Rest und Biomüll zu stützen. „Wir geben den Bürgern zurück, was sie angespart haben“, so Groll. Der Rest ist für die eventuelle Subvention der Einpersonenhaushalte oder für „Unvorhergesehenes“ eingeplant. In diesem Zusammenhang weist Groll darauf hin, dass der Kreis seine Zahlungen für den Transport ab der Gemeindegrenze an die Kommunen überarbeitet hat und nun statt Pauschalen auf konkrete Zahlen setzt – was für die Stadt Neustadt 44 000 Euro weniger bedeutete. Zudem sei in den neuen Berechnungen auch die Leerung der öffentlichen Papierkörbe und vieles mehr eingerechnet worden.
Kritik übte der Bürgermeister bereits an der einmaligen kostenlosen Abholung des Sperrmülls: 91 000 Euro würden so auf alle umgelegt, sagt Groll und hebt einen weiteren Vorteil der Abholung auf Karte gegen Gebühr hervor: Es gäbe keine öffentliche Bekanntmachung, wann die Abholung ist, was „Sperrmülltouristen“ fern hielte.
Insgesamt lautet sein Fazit zur neuen Müllgebührensatzung, über die sich die Stadtverordneten nun Gedanken machen müssen: „Größere Familien zahlen weniger, bei kleineren Haushalten kommt es zunächst einmal zu Erhöhungen – aber durch die vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten lässt sich durchaus etwas verändern.“
Am 16. November findet um 18.30 Uhr im Rathaus eine Sondersitzung zum Thema Abfallsatzung statt. Ende Dezember, Anfang Januar sollen Bürger die Möglichkeit bekommen, auf Wunsch ihre Tonnen zu tauschen. Unmittelbar nach dem für den 13. Dezember vorgesehenen Satzungsbeschluss wird jeder Haushalt über die neue Satzung informiert.
Restmüll (jährlich):
60-Liter-Tonne 105,60 Euro
80-Liter-Tonne 138,60
Euro 120-Liter-Tonne 204 Euro
240-Liter-Tonne 402 Euro
Groß-Container 1 803 Euro
Biomüll (jährlich):
60-Liter-Tonne 30,60 Euro
80-Liter-Tonne 39,60 Euro
120-Liter-Tonne 56,40 Euro
240-Liter-Tonne 110,40 Euro