Thomas Groll: „Wir alle sind gefragt“

Bürgermeister stellte Neustädter Bürgern das Demografie-Projekt „Zukunft Neustadt“ vor
Neustadt. Der Magistrat der Stadt Neustadt stellte rund 40 Besuchern im „Haus der Begegnung“ das „Projekt Zukunft Neustadt – Beginn eines Demografie-Dialogs“ vor.
von Karin Waldhüter
Den Kommunen steht – zu unterschiedlichen Zeitpunkten -ein tief greifender Wandel in der Bevölkerungsstruktur bevor. Die Bevölkerung Neustadts schrumpft laut einer Berechnung der Bertelsmann-Stiftung bis zum Jahr 2020 um fast zwölf Prozent. Bürgermeister Thomas Groll sprach darüber, was diese Veränderungen mit sich bringen und wie man ihnen begegnen kann: „Wir alle sind gefragt“, war seine Botschaft.
„Es wird weniger Einwohner in Nord- und Mittelhessen, im ganzen Land mehr ältere Menschen und immer vielfältigere Lebensstile geben. Weniger, älter, bunter – das ist kurz gefasst die Beschreibung des demografischen Wandels“, sagte er. Entscheidend sei die Bereitschaft der Menschen, sich ernsthaft mit den Konsequenzen des demografischen Wandels auseinander zusetzen. Die Stadtverordnetenversammlung setzte ein erstes Zeichen und stimmte dafür, 10 000 Euro für den Demografie-Dialog bereitzustellen. Die hessische Landesregierung steuert 5 000 Euro bei, der Landkreis unterstützt das Projekt mit 2 750 Euro.
Der Verlauf des Projektes muss moderiert und dokumentiert werden (die OP berichtete). „Bis Oktober müssen wir eine Zwischenbilanz vorlegen“, sagte Groll. Neustadt sei dabei Vorreiter im Landkreis. Ziel des Demografie-Dialogs sei es, „einen Gesprächsrahmen zu schaffen, der alle lokalen Akteure einbezieht“ – von der Politik über Verwaltungen, Schulen und Vereine, Kirchen, bis hin zu örtlichen Betrieben.
Ellen Ehring, Kooperationspartnerin der Bertelsmann Stiftung, verglich in ihrem Vortrag „Weniger, älter, bunter“ den demografischen Wandel in Neustadt mit dem in den Nachbarkommunen. Neustadt gehöre zu den Gemeinden mit geringer Dynamik im ländlichen Raum, vergleichbar mit Kirchhain, Homberg/Efze und Neukirchen. Die Altersgruppe der über 80-Jährigen werde in Neustadt weiter erheblich wachsen, während die Altersgruppe der Menschen bis fünf Jahren rapide schrumpfe, betone die Expertin. Die Auswirkungen auf Kindergärten und Schulen lägen ihrer Ansicht nach auf der Hand, aber „auch Unternehmen werden keine Arbeitskräfte mehr finden und abwandern.“ Integration und gute Schulbildung der Menschen mit Migrationshintergrund sei deshalb unverzichtbar, so Ehring.
Der Landkreis Marburg Biedenkopf war von 2006 bis 2008 eine von vier Modellregionen in Hessen. Sechs Arbeitsgruppen befassten sich mit den Themen: Kinder, Pflege, Integration, Standort, Umbau und junge Alte, um dem Bevölkerungsrückgang entgegenzuwirken. Gesa Zickermann, Projektleiterin des Landkreises, fasste in ihrem Vortrag „Wir packen es an“ die Ergebnisse der Arbeitsgemeinschaften beisammen. Anja Ceulaers von der Hessen-Agentur präsentierte ein Stadtentwicklungsgutachten.
Nach der Analyse der Ausgangssituation soll ein Handlungskonzept für Wohn- und Freizeitstandorte, Infrastrukturen und Gewerbe und Dienstleistungen in Zusammenarbeit mit den Bürgern erstellt werden. Die Stadt brauche eine „Zukunftswerkstatt“, ein Konzept für die unterschiedlichen Handlungsfelder. „Die Entwicklung von Neustadt sei die Summe der Entwicklung der Bürger, die im Jahre 2020 hier leben und arbeiten wollen“, sagte Ceulaers.
„Drei Vorhaben möchten wir auf den Weg bringen“, betonte Bürgermeister Groll: „Zwei Gesprächsgruppen zu den Themen Stadtentwicklungsfragen und Seniorenarbeit, ein Planungsgutachten zur Weiterentwicklung der dörflichen Mitte in Speckswinkel und einen Ideenwettbewerb für Schulklassen mit der Fragestellung, wie sich Schülerinnen und Schüler ihre Heimatstadt im Jahre 2020 vorstellen.“