„Tore schließen und liegen lassen“

Während einer Tagung in Neustadt wurde über die Zukunft der Kaserne diskutiert
Neustadt. Während einer Tagung in Neustadt informierten sich Politiker und Bürger über die Möglichkeiten einer Zukunft für die Bundeswehrliegenschaften in Neustadt.
von Tobias Hirsch
Bis 2008 schließt die Bundeswehr in Hessen zehn von 31 Standorten. Vier davon in Nordhessen und dem nördlichen Mittelhessen. Wie seit November bekannt, gehören auch Neustadt und Schwalmstadt zu den betroffenen Standorten.
Nach einem Gutachten der Hessen-Agentur in Wiesbaden bedeutet dies für Neustadt und Schwalmstadt einen Wegfall von insgesamt 190 Arbeitsplätzen. Mit der Frage: „Abmarsch aus Hessen – Was nun?“ beschäftigten sich am Mittwochabend Politiker, Wirtschaftsexperten, Soldaten und interessierte Bürger während einer Tagung im Haus der Begegnung in Neustadt.
Ende 2008 werden in der Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne
(EMA) in Neustadt nach 48 Jahren endgültig die Lichter ausgehen. Ob sie ein privater Investor irgendwann einmal wieder einschaltet, ist nach der Tagung der Agentur Hessen-Markt und der Stadt Neustadt noch Ungewisser als zuvor.
Das Tor zuschließen und die 33 Hektar „einfach liegen lassen“, das ist nach Ansicht der am Mittwochabend referierenden Wirtschaftsexperten die beste Alternative für Neustadt.
„Versuchen Sie nicht zwanghaft, irgendwas mit der Fläche anzufangen“, riet Christian Schulze, Geschäftsführer des Technologie- und Innovationszentrum Gießen, den Neustädter Mandatsträgern. Als Grund nannte er neben der Lage im Außenbereich und dem ungünstigen Zugang zu überregionalen Verkehrswegen auch die geringe Nachfrage an derartigen Objekten.
Die Referentin Susanne Piesk von der Hessen-Agentur in Wiesbaden stand den Möglichkeiten einer gewerblichen Nutzung der Kasernenfläche ebenfalls skeptisch gegenüber. Das Angebot an Gewerbeflachen in Neustadt sei größer als die Nachfrage, auch mittel- bis langfristig gesehen. Darüber hinaus passe das Angebot nicht zu der speziellen Nachfrage an Großflächen. Die seien erst ab 100 Hektar interessant. Auch eine Entwicklung von Wohnflächen habe laut einem Gutachten zu den „Sozioökonomischen Wirkungen des Truppenabzugs“ kaum Vermarktungschancen.
Martin Krauß vom Regierungspräsidium in Gießen riet den Neustädtern „sich mit dem Gedanken anzufreunden, die Liegenschaft sich selbst zu überlassen“.
Bei Bürgermeister Manfred Hoim stirbt die Hoffnung allerdings zuletzt. „Bange machen gilt nicht“, sagte Hoim.
Karl-Ludwig Brückmann, Fachgebietsleiter der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, versicherte, dass der Bund die soziale und gesellschaftliche Verantwortung für die EMA-Kaserne übernehme. „Wir werden die Stärken und Schwächen des Standortes ermitteln und sie Interessenten anbieten“, sagte Brückmann.
Nach dem Gutachten empfiehlt die Hessen-Agentur der Stadt Neustadt keine Aufstellungsbeschlüsse oder planungsrechtliche Ausweisungen an der Bundeswehrliegenschaft vorzunehmen. Darüber wird vom Erwerb des Geländes durch die Kommune oder einen Zweckverband abgeraten.