Vom Leben in und mit der Natur

„Mengsberg – auf dem Weg zum Bundesentscheid1′ (Teil 1): Der Kinder- und Naturlehrpfad

Die Natur ist eines der Pfunde, mit denen Mengs­berg wuchern kann. Acht Besonderheiten lassen sich auf dem drei Kilo­meter langen Kinder- und Naturlehrpfad „Rund um den Engelhain“ erkunden.

von Florian Lerchbacher

Mengsberg. „Das Dorf bietet die Möglichkeit, ganz nah an der Natur zu leben und sie zu erleben“, sagt Manfred Völzke, der vor 30 Jahren nach Mengs­berg kam und sich ein großes Grundstück außerhalb des Or­tes kaufte. „Ich interessiere mich für die Lebenszusammenhänge im Wald als Spiegel der Mensch­heit. Im Wald gibt es eine hoch­komplexe Gesellschaft – die an vielen Stellen der unsrigen ent­spricht“, erklärt der 70-Jährige, der in seiner Zeit als Lehrer in der Welt viel herumgekommen war, in Mengsberg aber hei­misch wurde – und dort nun auch seine langjährigen Lehrerfahrungen einbringt: Er ist einer von drei Mitgliedern des „Begleiterteams“, das Schulen, Kindergärten und andere Grup­pen fachkundig über den Kin­der- und Naturlehrpfad führt.

Acht Stationen gibt es auf dem Rundweg, der aus einem klei­nen Projekt der Waldinteressen­ten entstand: Ursprünglich war in Zusammenarbeit mit Kin­dergarten und Ortsbeirat die Idee entstanden, dass jedes an­gehende Schulkind einen Baum im sogenannten Kinderwald pflanzt, um zum einen eine Er­innerung an die Zeit im Kin­dergarten zu haben, zum ande­ren eine direkte Verbindung zur Mengsberg prägenden Wald­landschaft zu bekommen.

Aus dieser kleinen Initiative entstand ein Naturlehrpfad mit acht Stationen, der unter ande­rem an einer Streuobstwiese, am Feuchtgebiet Erlenbruch aber auch am zentral im Dorf liegen­den Lindenplatz vorbeiführt. Ei­ner der herrlichsten und mithin beliebtesten Plätze ist der Kin­derwald, in dem die Waldinte­ressenten um Vorsitzenden Er­win Schorbach ihr Revier er­lebbar machen. Kinder bekom­men dort zum Beispiel Informationen zu Tieren und Pflanzen, können die Natur spielerisch erkunden, über Bäume balan­cieren, sich in einem Tipi aus Holz verstecken oder zahlrei­che geschnitzte Figuren bewun­dern. Direkt an den Kinderwald schließt sich ein Baum-des-Jahres-Gatter an, in dem die Wald­interessenten alle Bäume des Jahres der vergangenen Jahre pflanzten und ausschilderten.

Wer sich Informationen auf dem Lehrpfad nicht selbst er­arbeiten will, kann in den Ge­nuss von Führungen von Schor­bach, Gerhard Wagner oder Manfred Völzke kommen. „Ich kam mit dem Vorsitzenden der Waldinteressenten in Vorberei­tung auf den Wettbewerb, Unser Dorf hat Zukunft‘ ins Gespräch und erklärte mich bereit, Füh­rungen anzubieten“, erinnert sich der 70-Jährige und er­gänzt: „Kinder und Lehrer hat­ten bei solchen Führungen viel Spaß und es gab immer mehr Anfragen. Dann trat ich in den Arbeitskreis ein und brach­te mich mit Schwerpunkt Naturlehrpfad in die Vorbereitungen ein.“

Daraus resultierte ein Infoblatt mit Wegbeschreibungen und Kontaktdaten. Das Herz geht Völzke allerdings weniger beim Arbeiten in der Theorie als viel­mehr in der Praxis auf: Voller Be­geisterung informierte er wäh­rend der Führungen über das Leben im Wald, die Tiere, die Bäume – oder was seine Gäste eben interessiert. Die Begeiste­rung ist jedenfalls ansteckend, und das nicht nur, weil der pen­sionierte Lehrer keine Zuhörer sondern Mitmacher haben will: Immer wieder lässt er sie pro­bieren oder schätzen, zum Bei­spiel die Höhe eines Baumes, den Umfang eines Stammes oder schlicht das Alter.

Weniger aufs Schätzen als viel­mehr aufs Anfassen setzt der­weil Heinrich Kaczor, ein An­wohner des sogenannten „He­geholz“. Er ist Hauptansprech­partner für die Kopfhainbuchen – die natürlich ein Teil des Na­turlehrpfades sind. „Früher war das ein Hutewald – das heißt, es liefen auch noch Kühe und Schweine umher. Die Bäume waren nur so hoch, dass man sie ohne Leiter beschneiden konn­ten“, berichtet er und erklärt: „Die Äste nutzten die Mengs-berger als Brennholz, das Laub als Futter, Streu oder als Stabilisation für die Gefache von Fachwerkhäusern.

Die Rest­bestände der Nutzholzpflan­zung seien 150 Jahre alt und ein „echter Schatz“, weil es sie kaum noch gebe. Hainbuchen haben das härteste Holz, das es in Deutschland gibt. „Die Kro­nen wurden alle zwei bis drei Jahre gestutzt, um das Holz nut­zen zu können – die Krone ver­dickte sich und so entstanden die Kopfhainbuchen“, wirft Völzke ein. Seit vielen Jahren kümmern sich die Anwohner des „Hegeholz“ um die Kopf­hainbuchen – eine der „Trieb­federn“ ist Heinrich Kaczor, der sich noch ein weiteres Fach­gebiet erarbeitet hat: die Hirsch­käfer. „Der Engerling frisst das Totholz und setzt es um. Das ist der Sinn seines Lebens“, sagt der 64-Jährige. „Er ist ein Spe­zialist, weil er eben auch das härteste Holz verarbeitet“, be­tont Völzke und erinnert an die Parallelen zwischen Wald und Menschen.

Einen deutlichen Unterschied stellt Kaczor heraus: „Hirschkä­fer haben eine lange Entwick­lungszeit. Bis sie aus der Erde rauskommen, sind fünf oder sechs Jahre vergangen.“ Und dann folgen jede Menge Details: „Wenn ein Weibchen befruchtet wird, geht es etwa 50 bis 60 Zen­timeter tief in die Erde – immer da, wo Totholz ist. Der Hirsch­käfer ist kein Schädling: An fri­sche Wurzeln würde er nie ran­gehen. Wenn er auf der Welt ist, lebt er etwa fünf Wochen lang -nur, um sich fortzupflanzen.“

Mit großer Begeisterung ver­mittelt er diese Informationen, die der als „Beigefreiter“ nach Mengsberg gekommene Vor­ruheständler sich selbst angelelsen hat: „Es gibt wenig Lektüre über Hirschkäfer.“ Dafür weiß er eine Menge über die Tiere. Seine Faszination entdeck­te er, als er mit seinen Kindern die Hirschkäfer entdeckte und , genauer unter die Lupe nahm – kein Wunder, schließlich leben .

Mengsberger mit und in der Natur.