„Werden weiter zu Werten stehen“

Fraktionen und Magistrat sprechen sich mit Resolution gegen rechte Gewalt und Radikalisierung aus
„Wir dürfen Demokratie nicht als gegeben hinnehmen“, mahnte Bürgermeister Thomas Groll – ein Appell, der sich nicht an Neustadts Kommunalpolitiker richtete, denn diese setzen sich gegen Hass und Gewalt von Rechts ein.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Keinerlei Erklärungen oder Diskussionen waren nötig, schon sprangen die anderen Fraktionen und der Magistrat einem Resolutionsantrag der SPD bei. Vorsitzender Hans- Gerhard Gatzweiler hatte diesen per Dringlichkeitsantrag ganz kurzfristig in der Stadtverordnetenversammlung eingebracht – die Anregung hatte er aus dem Haupt- und Finanzausschuss des Kreistages mit
gebracht, dessen Mitglieder diese Resolution ebenfalls in der morgigen Sitzung beschließen wollen.
Die Resolution ist Folge des Mordes an Regierungspräsident Walter Lübcke. Die Stadtverordneten stellen darin unter anderem mit „tiefer Besorgnis“ fest, dass die Tat nach bisherigen Kenntnissen dem rechtsterroristischen Milieu zuzuordnen ist. Es sei eine „neue, die demokratische Gesellschaft bedrohende Dimension rechter Gewalt und politischer Radikalisierung entstanden“, die mit „der ganzen Macht staatlicher Gewalt zu bekämpfen ist“. Zudem verurteilen die Neustädter die in den sozialen Medien aufgetauchten Verhöhnungen, Verunglimpfungen und ehrverletzenden Beleidigungen des Ermordeten sowie die „seit Jahren sich immer mehr verstärkende Gewalt und den Hass der rechten Szene gegen Menschen, die
in Politik, Gesellschaft und Kirche Verantwortung tragen“. Sie wenden sich gegen die strukturelle Verljiarmlosung rechter Gewalt und die Verharmlosung rechter Ideologien und fordern die Menschen auf, jeden Missbrauch der Meinungsfreiheit zu bekämpfen und sich für eine respektvolle Kommunikation und Toleranz einzusetzen.
Gatzweiler stellte heraus, dass Lübcke für seine Werte eingestanden sei – was Politiker auch weiterhin tun sollten: „Der ein oder andere von uns hat auch schon komische Mails bekommen (…). Es ist manchmal sehr schwierig, zu seinen Werten zu stehen und eine Grundhaltung zu haben.“ Es gelte, den Extremisten Grenzen aufzuzeigen: „Wir werden weiter zu unseren Werten stehen“, versprach er.
Hans-Dieter Georgi (CDU) schloss sich mit seiner Fraktion sofort an: „Es muss ein Zeichen gesetzt werden.“ Für Karsten Gehmlich und die FWG- Fraktion galt das Gleiche, wobei die Freien Wähler jegliche Form von Gewalt und Extremismus verurteilen, wie der Vorsitzende herausstellte. Gatzweiler entgegnete, dass dies wichtig und richtig sei – dieses Mal jedoch die rechte Gewalt explizit im Mittelpunkt stehen solle.
Bürgermeister Thomas Groll erinnerte daran, dass das Grundgesetz in diesem Jahr 70 Jahre alt ist. Die Werte darin würden für alle Menschen gelten. Er erinnerte an die 1970er- Jahre und den RAF-Terror, gegen den sich der Staat wehrhaft gezeigt habe und nicht gewankt sei. Auch derzeit sei wieder wichtig, dass alle Demokraten zusammenstehen und sich für die Demokratie einsetzen.
■ Während die Neustädter sich einstimmig in offener Abstimmung für die Resolution aus- sprachen, hatten die Kirchhai- ner die Thematik bereits im Ältestenrat besprochen und sich ebenfalls hinter die Resolution gestellt.
■ Die Neustädter beschlossen ebenfalls einstimmig eine Resolution, mit der sie sich für den Erhalt des ICE-Systemhalts Stadtallendorf aussprachen (siehe Bericht aus der Kirchhainer Stadtverordnetenversammlung auf Seite 6).
11 Der einzige Beschlussantrag, über den die Neustädter abstimmten, betraf eine überplanmäßige Aufwendung bei der Abfallentsorgung. Die Parlamentarier hatten sich im vergangenen Jahr für den Beitritt zum Müllabfuhrzweckverband entschieden. Durch die Umstellung entstanden Kosten, die sich Stadt und Zweckverband teilen wollten – beispielsweise für das Ausrüsten mit neuen Tonnen. Die Stadtverordneten mussten dafür zusätzliche 60 500 Euro an Ausgaben absegnen, was sie einstimmig taten.