Aufgerissene und geschotterte Straßen und Gehwege: In Neustadt und Niederweimar stocken die Bauarbeiten
Von Florian Lerchbacher und Johanna Zobel
Neustadt/Niederweimar.
„Telekommunikation, Post und Bahn – das sind Bereiche, die nicht in die Hand von Wirtschaftsunternehmen gehören, sondern in staatliche Hand“, sagt Neustadts Bürgermeister Thomas Groll und kritisiert: „Die Privatisierung und Freigabe war ein großer Fehler.“
Der Grund für seinen Ärger: Mit dem Ausbau der Glasfaser-Infrastruktur in seiner Heimatstadt läuft es nicht so wie einst erhofft. Und das gleich in vielerlei Hinsicht. Immer wieder herrsche Stillstand auf den Baustellen, eine systematische Projektsteuerung fehle eigentlich komplett: „Mal wieder an der einen Ecke der Stadt etwas angefangen, dann an der anderen. Aber so gut wie nichts wird fertiggemacht.“ Zum Beispiel seien auf 2.700 Metern Gehweg und auf 1.700 Metern Straße die ausgehobenen Gräben lediglich mit Schotter aufgefüllt worden. Die Asphaltschicht fehle komplett. Hinzu kämen weitere 600 Meter, auf denen zwar eine grobe Trag-, aber keine Deckschicht aufgebracht wurde.
„Zusagen werden nicht eingehalten – und immer sollen die anderen schuld sein“, kritisiert Groll die Unternehmen Deutsche Glasfaser und Elecnet. Doch vor allem von Ersterem ist er enttäuscht, denn gemeinsam mit anderen Bürgermeistern habe er sich vor Jahren dafür stark gemacht, dass dieses Unternehmen den Zuschlag für das Glasfaser-Projekt bekomme: „In Neustadt wollten sie nach höchstens zwei Jahren fertig sein. Nun beträgt die Bauzeit bereits dreieinhalb Jahre. Und die Deutsche Glasfaser duckt sich immer wieder weg, wenn wir Kritik haben. Dabei hatten sie so große Versprechungen gemacht, denen sie nun nicht gerecht werden.“
Kurios sei auch, dass immer wieder neue Subunternehmer die Arbeiten ausführen sollten, sagt Holger Michel, der Leiter des Fachbereichs II. Und diese würden nicht wie Ingenieure planen, sondern einfach drauflosbaggern: Ein Trupp habe beispielsweise innerhalb weniger Tage mehrfach die vorhandenen Strom- und Telefonleitungen gekappt. „Die wenigsten haben Tiefbau gelernt. Und wie oft musste ich hören, dass sie in spätestens 14 Tagen fertig sein wollen.“ Ganz davon zu schweigen, dass es zahlreiche Stellen gebe, an denen er und Kollegen x-mal für Vorgespräche hätten auftauchen müssen – um dann später festzustellen, dass alles Abgesprochene vergessen oder nicht eingehalten wurde. Und nicht zu vergessen die immer wieder auftretenden Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern, die über Probleme mit ihren Anschlüssen klagen.
Doch Neustadt ist nicht die einzige Kommune, die über Probleme dieser Art berichtet: Auch Niederweimar fühlt sich von den Unternehmen Deutsche Glasfaser und Elecnet im Stich gelassen. Über drei Kilometer seien die Gehwege geöffnet und teils nur geschottert, beklagt Weimars Bürgermeister Markus Herrmann. Er sorgt sich vor allem vor dem bevorstehenden Winter. „Wie will ich da jemandem sagen, dass man ordentlich Winterdienst machen soll?“, fragt Herrmann. Schon im Herbst ist zu sehen, wie sich Laub im Schotter verfängt. An manchen Stellen befinden sich tiefe Löcher, die Gehwege sind teils abgesperrt, sodass Fußgänger auf die Straße ausweichen müssen. Auch für die Gemeinde Weimar habe die Deutsche Glasfaser die Firma Elecnet beauftragt, die wiederum mit einem Subunternehmen zur Ausführung der Arbeiten kooperiert. „Die Firma MA Grundwert GmbH stellte die Arbeiten im September von einem auf den anderen Tag ein“, sagt Herrmann. Seither befinde man sich im regelmäßigen Austausch mit den beteiligten Unternehmen – ohne Erfolg. „Die Beschwerden der Bürger kommen täglich“, sagt Herrmann. „Es ist eine Zumutung, was diese Baufirmen mit uns gemacht haben.“
Sowohl in Neustadt als auch in Niederweimar ist man mit der Firma Breitband in Austausch. „Dankenswerterweise hat sich die Breitband GmbH Marburg-Biedenkopf eingeschaltet und versucht, dass es weitergeht“, berichtet Groll. Das scheine zu fruchten: „Gespräche und Kritik der Kommune und der Breitband GmbH bringen aber scheinbar Bewegung“, denn es solle weitergehen – und erste Arbeiten seien wieder aufgenommen worden. Aber: „Taten sind mir lieber als Worte. Ich warte erstmal ab, was passiert …“
Auch Herrmann hofft, dass die Deutsche Glasfaser eine tragfähige Lösung erarbeitet. Auf Anfrage der OP äußert sich die Deutsche Glasfaser: „In Neustadt hat gestern (10. November) die Oberflächenwiederherstellung / Asphaltwiederherstellung begonnen und diese sollte bis zur Winterpause abgeschlossen sein. Auch in Niederweimar sollen die Asphaltierarbeiten demnächst beginnen.“

