Lebt ein Wolf im Wald bei Mengsberg?

Jäger hat Filmaufnahmen gemacht / Tipps für eventuelle Begegnungen
Von Florian Lerchbacher

Neustadt-Mengsberg.
In Neustadt ist seit Neuestem ein Biber heimisch. Nun scheint sich ein weiteres Tier im Stadtgebiet niedergelassen zu haben – oder sich zumindest dort aufzuhalten. Die Aufnahmen sind dunkel, und viel ist auch nach dem Aufhellen nicht zu erkennen. Doch Jagdpächter Joachim Rudewig ist sich sicher: Bei dem Tier, das ein Jäger vor rund zwei Wochen nur wenige Hundert Meter von der Wohnbebauung Mengsbergs filmisch festgehalten hat, handelt es sich um einen Wolf. Die Mengsberger Jäger gehen sogar noch einen Schritt weiter und erklären in einer Warnung, die sie an „alle örtlichen Pferdehalter“ richten, dass es sich um ein ausgewachsenes Tier zu handeln scheine und es möglich beziehungsweise gar wahrscheinlich sei, dass dieses am östlichen Rand des Landkreises Marburg-Biedenkopf seinen dauerhaften Standort habe.
Ein durchziehender Wolf ist nichts ungewöhnliches

„Ich gehe seit 40 Jahren auf die Jagd und kann einen Wolf von einem Hund unterscheiden“, sagt der Jagdpächter: „Ich kenne mich aus. Auf den Bildern ist ein einzelner Wolf zu sehen. Ein Rüde. Ein Rudel gibt es bei uns nicht.“ Die Aufnahmen seien vor dem „Wieraer Wald“, der die Grenze zum benachbarten Schwalm-Eder-Kreis darstellt, gemacht worden. Und es sei auch nicht der erste Wolf, der bei Mengsberg aufgetaucht ist: „Vor zwei oder fast drei Jahren ist mir Richtung Lischeid ein Wolf über den Weg gelaufen.“ Zwar sei dieser in der Folge nicht noch einmal gesichtet worden, doch in der Nähe des passenderweise Rotkäppchenbad heißenden Hallenbades hätten die Jäger später noch eine Fährte des Wolfs gefunden.

„Es kann sein, dass der Wolf auch dieses Mal hier nur durchzieht. Es ist jedenfalls nichts Ungewöhnliches, denn der Wolf ist auf dem Vormarsch und hat seine Existenzberechtigung“, sagt Rudewig. Nichtsdestotrotz sei es ihm wichtig, heimische Tierhalter zu informieren – vor allem von Pferden und Hunden. „Der Wolf hat bei uns keine natürlichen Feinde, und auch Hunde gehören für ihn zur Beute.“ Insgesamt müssten seine Mitmenschen aber keine Angst vor dem Wolf haben – ihm aber natürlich mit Respekt begegnen: „Und Kinder würde ich derzeit auch nicht unbedingt alleine am oder im Wald spielen lassen.“

Der Wolf sei ein Wildtier, hebt auch Moritz Frey, Pressesprecher von Hessen Forst, hervor – und verweist auf einige Verhaltensregeln. In der Regel hätten Wölfe kein Interesse an Menschen und versuchten, den Kontakt zu vermeiden – wobei sie etwas die Scheu verloren haben, wie auf der Website des Wolfszentrums Hessen hervorgehoben wird. Sollte es zu einer Begegnung zwischen Tier und Mensch kommen, ziehe sich der Wolf „gelassen“ zurück und bleibe wahrscheinlich noch einige Male stehen, um die Situation neu einzuschätzen.

Keine offizielle Bestätigung für Sichtung bei Mengsberg

Insgesamt würden Wölfe Menschen meiden, nicht aber die menschlichen Strukturen. „Seit der Rückkehr der Wölfe nach Deutschland vor mehr als 20 Jahren hat kein Übergriff von Wölfen auf Menschen stattgefunden. Wolfsübergriffe in anderen Ländern wie beispielsweise dem Iran oder der Türkei sind zum Großteil auf mit Tollwut erkrankte Tiere zurückzuführen“, betont das Wolfszentrum.

Von dortiger Seite gibt es keine offizielle Bestätigung, dass es sich bei dem gefilmten Tier bei Mengsberg um einen Wolf handelt. „Eine Wolfssichtung kann nur ein Experte aus dem Wolfszentrum bestätigen, die sich dabei an bundesweit einheitliche Methoden und Kriterien orientieren“, erläutert Frey und ruft dazu auf, Sichtungen offiziell zu melden und Spuren, Fotofallenaufnahmen oder Kot einzureichen. Entsprechende Kontaktdaten sind online auf der Website der Institution zu finden.

Weidetierhalterinnen und -tierhalter sind derweil dazu aufgerufen, für einen sachgerechten Schutz ihrer Tiere zu sorgen. Dies reduziere das Risiko eines Übergriffs deutlich und vermeidet, dass Wölfe lernen, Nutztiere als leicht zugängliche Nahrungsquelle einzuordnen. Um zu erfahren, wie sie dies am besten machen, können Weidetierhalter den Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) kontaktieren und kostenfreie Beratung erhalten.