Stadt lässt Wünsche abfragen / Nachwuchs will sich aktiv an Projekten beteiligen
Von Florian Lerchbacher
Neustadt.
Die Stadt Neustadt will von ihren rund 630 Jugendlichen beziehungsweise jungen Menschen im Alter von 12 bis 21 wissen, was sie sich von ihrer Heimat wünschen – beziehungsweise was sie und die Kommune benötigen, um die Lebenswelt so angenehm wie möglich zu machen. Die Initiative geht zurück auf einen Ende des vergangenen Jahres gestellten Antrag der SPD-Fraktion. Sie sei aber auch wichtig vor dem Hintergrund der Novellierung der Hessischen Gemeindeordnung, betont Bürgermeister Thomas Groll. Denn darin sei festgehalten, dass die Beteiligungsrechte Jugendlicher gestärkt werden sollen: „Ich begrüße aber ohnehin jede Initiative von Menschen, die in ihrer Gemeinde etwas bewirken und verändern wollen.“
Der Verein JEF (Junge Entwicklung Fördern) aus Cölbe hat drei Beteiligungsformate auf den Weg gebracht, um die Jugendlichen nach ihren Eindrücken und Wünschen zu befragen: Zunächst stellte das Team um Gründer Jannis Gerling im Stadtgebiet sechs Holztafeln auf, auf denen der Nachwuchs sich schriftlich äußern konnte. Zudem gab es eine Online-Befragung und einen Präsenz-Workshop.
2.500 Euro stehen für erste Projekte bereit
Bisher machten rund 50 Jugendliche von dem Angebot Gebrauch: Mehrere von ihnen kritisierten, dass der Bahnhof zu dreckig sei und es dort keine Toiletten und keinen Aufzug gebe – und dass sie sich in der Stadt abends nicht sicher fühlten. Allesamt Punkte, mit denen sich die Stadtpolitik auch schon seit einigen Jahren auseinandersetzt. Außerdem hätten die jungen Bürgerinnen und Bürger gerne „mehr coole Orte zum Abhängen“, berichtet Gerling: Vor allem für den Bereich rund ums Freibad wünschten sie sich eine höhere Aufenthaltsqualität, beispielsweise durch Bänke und Chill-Liegen. Dabei habe es auch das Feedback gegeben, dass viele Jugendliche bereit seien, sich bei der Gestaltung oder beim Bau einzubringen, so Gerling: „Das war uns wichtig: Wir wollen nicht nur nach Projektideen fragen, sondern auch die Umsetzung auf den Weg bringen.“ Im Haushaltsplan der Stadt sind 2.500 Euro für kleinere Projekte wie diese festgeschrieben, kommentiert der Rathauschef – an den gelegentlich auch Kinder und Jugendliche mit Wünschen herantreten. So seien zwei Jungs zu ihm gekommen und hätten gebeten, den Bolzplatz in der Willingshäuser Straße wieder instand zu setzen.
Zwei Jungs retten den Bolzplatz
Eine Idee, die der Bürgermeister gerne aufgriff – und das nicht nur, weil er als junger Mensch mit genau dem gleichen Projekt Kontakt zu Neustadts Politik aufnahm und dieser seitdem verbunden blieb. Eigentlich wollte die Stadt den Bolzplatz aufgeben, erklärt Groll: Aber mit Verweis auf die Anzahl von Kindern und Jugendlichen, die in dem Gebiet lebten und Interesse am Kicken hätten, sei er von den beiden Jungen überzeugt worden. Neue Tore sind bereits bestellt, allerdings muss der Platz noch mit Erde aufgefüllt und begradigt werden, ehe Rasen eingesät werden kann. Dies solle im Laufe des Jahres geschehen.
Was immer wieder an ihn herangetragen werde, sei der Wunsch nach einem Fast-Food-Restaurant, einem Kino, einer Mountainbike-Strecke und einem Skatepark. „Aber da muss man ein bisschen Realitätssinn wecken“, sagt der Bürgermeister, freut sich jedoch, dass sich junge Menschen zumindest Gedanken machten um ihre Heimat: „Ich begrüße es sehr, wenn man sich für die Geschehnisse interessiert und sich beteiligt. Man muss ja auch nicht gleich in die Kommunalpolitik einsteigen und immer dabeibleiben, so wie es bei mir der Fall war. Wobei dies natürlich mit Blick auf die nächsten Wahlen gut wäre, denn auch da wird Nachwuchs gesucht.“
In Momberg lautete die Kritik der Jugendlichen, dass der Ort zu klein sei und keine Geschäfte mehr habe. Zudem wünschten sie sich W-Lan für das Dorf. In Speckswinkel und Mengsberg gab es bisher kein Feedback. Für Groll ist die erste Rückmeldung „zufriedenstellend, aber ausbaufähig“. Gerling hätte derweil gerne schon im ersten Anlauf mehr Jugendliche erreicht. Er verweist aber darauf, dass im Herbst sowie im Frühjahr 2026 weitere Befragungen anstehen. Durch den Auftakt sei aber auch klar geworden, dass mehr in „Geh-“ denn in „Kommstrukturen“ gearbeitet werden müsse – will heißen, dass aktiv auf die Jugendlichen zugegangen werden soll.
Es gibt bereits eine Whatsapp-Gruppe, in der sich Jugendliche zusammengefunden haben, um Projekte umzusetzen. Wer daran Interesse hat, kann sich an die Jugendpflege, die Stadt Neustadt oder via Instagram an JEF in Cölbe (jef_coelbe) wenden.