Graffiti-Projekt an Turnhalle der Martin-von-Tours-Schule war Schülerinitiative
Von Florian Lerchbacher
Neustadt.
„So sieht es doch viel schöner aus – und es ist auch noch eine schöne Erinnerung für die Schule“, sagt Aylin Yavuz aus der 8c der Martin-von-Tours-Schule, nachdem sie gemeinsam mit Mitschülerinnen und Mitschülern zahlreiche Graffiti an die Turnhalle gesprüht hat. Die Idee für das Projekt war von der Schülervertretung gekommen, die Kontakt zu Hannes Becker von der Lebensweltbezogenen Schulsozialarbeit und zu Stadtjugendpfleger Philipp Berg aufnahm – die wiederum den Landkreis Marburg-Biedenkopf als Schulträger kontaktieren.
Schmierereien an der Rückseite der Turnhalle
Denn bisher Unbekannte hatten insbesondere an der Rückseite der Turnhalle gewütet und nicht nur Tags (Schriftzüge) hinterlassen, sondern unter anderem auch transgenderfeindliche Aussagen und Zeichen verfassungswidriger Organisationen (in diesem Falle Hakenkreuze). Inzwischen ermittelt entsprechend die Polizei. Die Schülerinnen und Schüler beziehungsweise die Schulgemeinde insgesamt empfanden die Schmierereien als Schande und wollten etwas dagegen tun, berichtet Berg. Und so sei die Idee gekommen, ihrerseits mit Graffiti zu arbeiten.
Denn zum einen hat es in Neustadt vonseiten der Stadtjugendpflege schon mehrfach Graffiti-Projekte gegeben, mit denen beispielsweise die Bahnhofsunterführung und der Jugendraum verschönert wurden. Zum anderen bestehe die Hoffnung, dass Graffiti nicht mit Graffiti übersprüht werden, so Becker – denn das sei eine Art Ehrenkodex in der „Szene“. Und schon gar nicht mache man dies, wenn man die Künstlerinnen und Künstler auch noch kenne.
Die sind Schülerinnen und Schüler aus sechs Klassen der Jahrgänge acht bis zehn, denn der Landkreis segnete das Projekt ab. Die genannte Argumentation sei gut angekommen – und die Turnhalle hätte ohnehin neu gestrichen werden müssen, berichtet Berg: „So war das dann auch noch günstiger.“
Und die Jungen und Mädchen sowie einige Lehrkräfte hatten nicht nur großen Spaß, sondern schufen auch noch Kunst, die zur Identifikation mit ihrer Schule beiträgt – und die wahrscheinlich auch lange zu sehen sein wird. Jüngst habe er einen Vater getroffen, der eine andere Wand der Halle vor Jahrzehnten mit seinen Klassenkameraden gestaltet hatte – und sich heute noch über die Bilder freut, ergänzt Becker.
Unterstützung von Graffiti-Profis
Anleitung bekamen die Jugendlichen von Moritz Habermann und Mathis Hagenau, die schon zahlreiche Graffiti-Projekte in der Region umsetzten oder begleiteten – auch schon in Neustadt. Sie standen mit Rat und Tat zur Seite, während die Schülerinnen und Schüler verschiedene Themen künstlerisch umsetzten. Einige griffen Aktionen aus ihrer Schulzeit auf wie Alpaka-Wanderungen oder Kanufahrten, andere widmeten sich der Raumfahrt, dem Dschungel oder dem Sport, und wieder andere gestalteten Sprüche in bunten Farben wie „Dream but don’t sleep“ (Träume, aber schlafe nicht). Die einzige Einschränkung, die es gab: Sie durften nichts Politisches oder Konfliktbehaftetes aufgreifen.
Und wie stolz sie auf ihre Werke sind, zeigt sich daran, dass sie eigentlich alle die Bilder signierten. „Ich dachte nicht, dass es so viel Spaß macht“, freute sich Aylin Yavuz, die erstmals Kunst mit der Sprühdose gemacht hat und anfangs skeptisch gewesen sei. „Das war auf jeden Fall eine coole Aktion“, fügte Jan Hasko hinzu. Gunter Weber, Neustadts Schutzmann vor Ort, stattete der mehrtägigen Aktion auch einen Besuch ab und nutzte die Gelegenheit, die Schüler über verschiedene Punkte aufzuklären.
Schutzmann vor Ort nutzt Projekt für Aufklärungsarbeit
Er erläuterte unter anderem, was für rechtliche Konsequenzen das illegale Besprühen von Flächen haben kann – und thematisierte dabei auch die Verwendung von Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen. Angedacht ist, dass mit dem Projekt an zwei Seiten (Richtung Hauptgebäude wurde unter anderem das neue Logo gesprüht) die Verschönerung der Turnhalle noch lange nicht abgeschlossen ist. Auch die anderen Flächen der Halle sollen noch Farbe bekommen, sagt Berg.