Morgen beginnt die Kirmes • 20 Jahre lang ging Arthur Groß an der Spitze des sonntäglichen Festumzuges
Von morgen bis Sonntag richtet der Schützenverein „Viktoria“ die 149. Momberger Kirmes aus, bei der eine Ära zu Ende geht: Arthur Groß nimmt als „Ranzemann“ seinen Hut.
von Florian Lerchbacher
Momberg. Alljährlich führt ein Handwerker den Momberger Kirmesfestumzug an: Der sogenannte „Ranzemann“ ist die Symbolfigur des Dorfes. Doch warum eigentlich? Die Antwort findet sich – wie so oft bei solchen Fragen – in der Geschichte: In Momberg gab es immer handwerkliche Betriebe und zahlreiche Handwerker – eine Folge der jahrhundertelangen Zugehörigkeit zum Bistum Mainz, wie Arthur Groß, ehemaliger Ortsvorsteher, selber Handwerker und der Ranzemann der vergangenen Jahre schlechthin, betont. Wichtigster Unterschied des Mainzer Rechts im Vergleich zum hessischen Recht: Es gab die Güterteilung. Das heißt, im Todesfall wurden Grund und Boden gleichmäßig auf alle Kinder einer Familie aufgeteilt – was zu einer Zerstückelung der Höfe führte. Entsprechend sei den Mombergern gar nichts übriggeblieben, als sich eine alternative Erwerbsmöglichkeit in der Landwirtschaft zu suchen, berichtet Groß.
So sei es dazu gekommen, dass Momberg wie eine Insel im hessischen Raum war, auf der es Vertreter aus fast allen Handwerksberufen gab, wie schon Willy Schmitt in der Chronik von 1985 schrieb: Es gab Maurer, Zimmerleute, Schindelmacher, Anstreicher (Weißbinder), Schmiede, Schuster, Schreiner, Schneider, Bürstenmacher, Dachdecker, Schlosser, Seiler, Pflasterer, Wagner, Stellmacher, Steinmetze und vieles mehr. Allerdings gab es im Ort selber natürlich nicht genug Arbeit, was dazu führte, dass die Momberger auch in den Nachbardörfern und weit darüber hinaus aktiv waren. Sein Großvater väterlicherseits sei beispielsweise auf der Baustelle der Dombauhütte in Fulda als Steinmetz tätig gewesen, erzählt Groß. Und eines durfte dabei niemals fehlen: der Ranzen der Handwerker, in der sich neben Werkzeug die Verpflegung für den Tag befand. Daraus entstand der Begriff „Ranzemann“.
Seit wann diese Symbolfigur die Spitze des Kirmesumzuges bildet, lässt sich nicht mehr genau nachvollziehen, meint Groß. Als er als junger Mann an der 100. Kirmes teilnahm, habe ein Ranzemann den bunten Zug durchs Dorf jedenfalls schon angeführt. Er selber übernimmt dieses Jahr diesen Posten zum 20. – und letzten – Mal. Er sei dazu einst gekommen wie die Jungfrau zum Kinde: „Ich stand in der Uniform der Feuerwehr am Treffpunkt, als der Vorsitzende des Kirmesveranstalters auf mich zukam und fragte, ob meine Handwerkerkluft sauber war und ich die Rolle des Ranzemanns übernehmen kann“, erinnert er sich – der eigentlich im Spielmannszpg die Marschtrommel spielte. Sein Vorgänger Hans-Erich Ludwig habe kurzfristig absagen müssen, und da er niemanden hängen lassen wollte, habe er das Okay gegeben. Ein Okay, das er noch 19- mal wiederholte: „Doch nächstes Jahr muss Schluss sein. Da soll es ein Jüngerer machen.“
Auch in Momberg gibt es immer weniger Handwerker
Groß selber wollte einst unbedingt Zimmermann werden. Da sein älterer Bruder den Beruf jedoch bereits bekleidete, musste er sich eine Ausweichmöglichkeit suchen und wurde Elektriker. Danach ließ er sich zum Holzbearbeitungsmechaniker (damals noch Sägewerker) ausbilden, um später dann doch noch‘ Zimmermann zu werden. Mit 45 legte er seine Gesellenprüfung ab, mit 49 stieg der heute 68-Jährige dann als staatlich geprüfter Restaurator ins Zimmerhandwerk ein. Er war also prädestiniert, den Ranzemann zu geben.
Doch Groß übernahm nicht nur beim Kirmesumzug eine Führungsrolle. Er engagierte sich auch anderweitig für den Ort beziehungsweise die Kommune: Zwischen 1981 und 2011 bekleidete er verschiedene kommunalpolitische Ämter: Er war Stadtverordneter, Mitglied des Magistrats und Ortsvorsteher. Mit 60 legte er dann alle Posten nieder. Ebenso wie in Zukunft die Position des Ranzemanns Nummer eins. Die Kirmesveranstalter müssen also im kommenden Jahr einen neuen Freiwilligen finden. So einfach wie früher ist das allerdings nicht, denn – wie Groß betont – auch in Momberg gebe es immer weniger Handwerker. Sein Sohn sei mit 40 Jahren beispielsweise der letzte gelernte Zimmermann.
Das Programm der 149. Kirmes im Überblick
Die Momberger Kirmes beginnt morgen mit einer 80er/ 90er-Disco-Party im Zelt auf dem Festplatz in der Speckswinkler Straße. Ab 21 Uhr sorgt DJ Tobi für Musik. Der Samstagnachmittag steht ganz im Zeichen der Unterhaltung für Jung und Alt. Im Zelt treten im Laufe des Nachmittags die Momberger Garden auf. Stefanie Pieper (Junker-Hänschen-Malerei) kümmert sich ums Kinderschminken, außerdem tritt Luftballonzauberer Michael O. auf. Und natürlich wartet der Vergnügungspark mit Kettenkarussell, Süßwarenstand, Schießbude und vielem mehr auf die Besucher. Abends findet dann eine „Sack-Party“ (Sack ist ein für Momberg typischer Nachname) statt – und einige „Säcke“ werden, neben der Ranzegarde, auf der Bühne auftreten. Für Musik sorgt die Partyband „The Skyliners“.
Der Sonntag beginnt um 10 Uhr mit einem Festhochamt in der katholischen Pfarrkirche St. Johannes der Täufer, bevor der Festzug mit zahlreichen liebevoll gestalteten und mit Sicherheit einigen satirischen Nummern um 13.30 Uhr startet. Für den musikalischen Rahmen sorgen die Emsdorfer Blasmusik und die Original Momberger Blaskapelle. Nach dem Festzug tritt die Momberger Musikgruppe im Festzelt auf, wo es Kaffee und Kuchen gibt. Den Kirmes- ausklang am Abend gestaltet das Duo „By the Way“.