Zeichen stehen auf Wechsel

Stadtverordnete sind größtenteils für Einführung wiederkehrender Straßengebühren

von Florian Lerchbacher

Neustadt

Die endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen, aber alles deutet daraufhin, dass es bei der Erhebung der Straßengebühren zu einem Systemwechsel kommt. Nun gibt es Infoveranstaltungen.

Neustadt. Für die meisten Bürger soll es günstiger werden, vor allem aber sind die wiederkehrenden Straßengebühren solidarischer, als die bisherige Form der Gebührenerhebung. In Neustadt stehen die Zeichen daher auf Systemwechsel. Aus diesem Grund will die Stadt ihre Bürger schon einmal im Detail informieren – beginnend mit dem heutigen Tag, wenn um 19 Uhr im Haus der Begegnung die erste von vier öffentlichen Veranstaltungen zum Thema stattfindet.

Seit dem Frühjahr 2016 befassen sich die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung, des Magistrats und der Ortsbeiräte mit dem Thema „wiederkehrende Straßenbeiträge“ – die Kommunen seit dem Jahr 2013 einführen können (diese Zeitung berichtete mehrfach). Es kam schließlich in der Vergangenheit immer wieder zu Beschwerden und Protesten, wenn Anlieger gemäß des bisher gültigen Systems innerhalb eines kurzen Zeitraums zu fünfstelligen Zahlungen aufgefordert wurden. Unter anderem waren eine Referentin des Hessischen Städte- und Gemeindebundes und der Bürgermeister der Gemeinde Biblis, dem Vorreiter in Hessen, vor Ort. Zudem ließen die Neustädter über ein Fachbüro eine Modellrechnung mit – entsprechend der Stadtteile – vier Abrechnungsbezirken erstellen. Die Verwaltung hatte dazu ein Straßenbauprogramm für die Jahre 2019 bis 2030 erstellt, das – entsprechend des Durchschnitts der vergangenen Jahre – vier Straßenprojekte für die Kernstadt und je zwei für die Stadtteile umfasst. Je nach Größe des Bezirks variieren die über vier Jahre zu zahlenden Beiträge: Für die Kernstadt ergab die Modellberechnung eine Gebühr von rund zwei Cent pro Quadratmeter Grundstücksfläche, in den Stadtteilen würde der Beitrag zwischen 17 und 43 Cent liegen. Anlieger von noch nicht fertiggestellten Erschließungsstraßen oder Straßen, die in den vergangenen Jahren grundhaft saniert wurden, sind bis zu 25 Jahren freigestellt.

Ansonsten müssen alle Anlieger des jeweiligen Bezirks zahlen. Pauschal lässt sich allerdings nicht sagen, dass sie alle günstiger wegkommen. Das ist auch Bürgermeister Thomas Groll bewusst, der darauf hinweist, dass die Kommune „das große Ganze“ betrachten muss, die Bürger jedoch den Einzelfall: Aber immerhin gehörten hohe Beiträge für einzelne Anlieger der Vergangenheit an – und diese hattep ihm immer wieder schwer auf dem Herzen gelegen. „Man kennt die Menschen, denen es schwerfällt, auf einmal hohe Summen zahlen zu müssen – und dann muss man dennoch den Gebührenbescheid unterzeichnen. Das sind Dinge, die man nicht einfach so wegsteckt, sondern mit nach Hause nimmt“, betont der Rathauschef.

„Ein Paradigmenwechsel ist immer schwierig. Für die allermeisten wird es deutlich günstiger als bisher. Aber wo es Gewinner gibt, sind auch Verlierer zu verzeichnen“, ergänzt Groll und verweist darauf, dass diejenigen, die in den vergangenen Jahren für Straßenbau zahlen mussten, trotz der Befreiung von den Gebühren diese Beiträge nicht kompensieren könnten. Für diejenigen, die Anlieger von Bundes-, Landesund Kreisstraßen sind und bisher für die Nebenanlagen zahlen mussten, werde es nach dem neuen System immerhin „eher nicht teurer“.

CDU und SPD haben dem Bürgermeister bereits mitgeteilt, dass sie bei der Entscheidung in der Stadtverordnetenversammlung am 23. Oktober mit großer Mehrheit für die Umstellung auf wiederkehrende Straßenbeiträge stimmen wollen. Die FWG lehnt dies ab. Vonseiten der Ortsbeiräte berichtet Groll, dass die Mengsberger einstimmig dafür seien – ebenso wie die Momberger, bei denen es allerdings eine Enthaltung gab. Aus Speckswinkel und der Kernstadt stehen die Voten noch aus.

Für den städtischen Haushalt würde die Umstellung der Gebührenordnung Kosten von bis zu 70000 Euro bedeuten – die i gemäß Plänen des Magistrats aber nicht auf die Bürger umgeschlagen werden sollen. Bei den folgenden laufenden Kosten wie den Nachberechnungen oder der Bescheiderstellung sieht das anders aus – ebenso wie bei den Beiträgen, die die Stadt für ihre Grundstücke berappen muss. Bis 2030 seien dies „grob geschätzt“ rund „450000 Euro plus X“. Der Magistrat sehe vor, dies durch eine „moderate Anhebung der Grundsteuer“ aufzufangen. „Eine verbindliche Zahl kann hier noch nicht genannt werden, 10 bis 15 Punkte dürften in Betracht kommen“, sagt Groll und betont: „Nach der Modellberechnung wäre es selbst mit dieser Erhöhung für die übergroße Zahl der Eigentümer bezogen auf 40 Jahre günstiger als bisher.“