Straßenbau könnte beliebt werden

Wiederkehrende Straßenbeiträge: Bürgermeister Groll glaubt, dass mehr Bürger Straßensanierungen fordern

Thomas Becker erläuterte den Zuhörern noch einmal, wie wiederkehrende Straßengebühren funktionieren. Foto: Lerchbacher

Rund 80 Bürger wohnten am Mittwochabend der Infoveranstaltung rund um wiederkehrende Straßenbeiträge bei. Ihre Bedenken zum möglichen neuen System halten sich in Grenzen.

von Florian Lerchbacher

Neustadt. Zieht die Stadt Neustadt künftig von allen Anliegern eines Abrechungsbezirks Gebühren für die grundhafte Erneuerung von Straßen ein – oder werden weiterhin nur jene Anlieger belastet, die an den jeweiligen Straßen leben? Mit dieser Frage setzen sich die Stadtverordneten nun seit vielen Monaten auseinander (die OP berichtete). Nun suchen sie das Gespräch mit den Bürgern. Am Mittwoch ging es mit einer Veranstaltung in der Kernstadt los.

Wiederkehrende Straßengebühren gelten als die solidarische Lösung, weil Anlieger nicht einmal massiv zur Kasse gebeten werden, sondern quasi die Gemeinschaft zusammen bezahlt. Aber was ist mit denen, die bereits für die grundhafte Erneuerung „ihrer“ Straße gezahlt haben, wollte Helmut Merita von Bürgermeister Thomas Groll wissen und fragte, ob diese nicht einen geringeren Beitrag leisten könnten – dies sei schließlich immer noch solidarisch. Der Rathauschef erläuterte, dass diejenigen, die in den vergangenen Jahren zur Kasse gebeten wurden, zwischen 5 und 25 Jahre von den Gebühren befreit würden. Mit der wahrscheinlichen Erhöhung der Grundsteuer, mit der die Stadt zusätzlich entstehende Kosten decken will, müssten sich die Bürger allerdings abfinden. Es gebe eben neben vielen Gewinnern auch einige Verlierer.

Dies kommentierte Clemens Zinser mit seiner Analyse, dass es genauso viele Verlierer wie Gewinner geben müsse. Zudem warnte er von entstehenden Begehrlichkeiten. An dieser Stelle pflichtete ihm Groll bei: Bürger würden sich nicht mehr mit Händen und Füßen gegen Straßenbau wehren, weil sie die Kosten scheuen, sondern fordern, dass ihre Straßen endlich erneuert werden.

FWG ist gegen Wechsel

Helmut Merita erkundigte sich, ob er als Grundstückseigentümer genaue Informationen erhalte, was er innerhalb des üblichen Abrechnungszeitraums von vier Jahren zu zahlen habe. Thomas Becker, der mit seinem Büro als Diskussionsgrundlage für die Neustädter eine Modellrechnung erstellt hatte, erklärte ihm: theoretisch ja, da es Planungskosten gebe, anhand derer die Beiträge berechnet würden. Allerdings sei nie ausgeschlossen, dass die Ausschreibungen nicht das erhoffte Ergebnis bringen oder beim Umsetzen der Arbeiten Probleme auftreten und die Kosten somit steigen. Gleichzeitig könne es aber natürlich auch sein, dass

die Kosten geringer ausfallen als ursprünglich angenommen. Dann gibt’s Geld zurück.

Ein weiterer Bürger fragte, was in den kommenden Jahren passiere, schließlich sei eine Einführung der wiederkehrenden Gebühren – so die Fraktionen sie denn am 23. Oktober beschließen – erst zum Jahr 2019 möglich. Groll erinnerte daran, dass die Stadtverordnetenversammlung die Prioritätenliste eingefroren hat und bis zur Entscheidung keine Straßenbauprojekte angegangen werden.

Bei den Stadtverordneten sieht es derzeit jedenfalls so aus, als würden sie für einen Systemwechsel stimmen. Karl Stehl (CDU) gab zu, am Anfang skeptisch gewesen zu sein, das Verteilen der Kosten auf mehrere Schultern aber eine „tolle Sache“ sei. Hans-Gerhard Gatzweiler (SPD) sagte, er habe am Anfang nicht glauben wollen, dass „so geringe Beiträge“ möglich seien und einzelnen Bürgern eine „unwahrscheinlich große Belastung“ ersparen könnten. Auch seine Fraktion hält den Wechsel – ebenso wie der Magistrat – für sinnvoll.

Nur die FWG ist dagegen. Karsten Gehmlich kommentierte, das aktuelle System habe zwar zu Härtefällen geführt, „aber zu keiner Existenzbedrohung oder -Vernichtung“. Durch die existierende Prioritätenliste wüssten die Menschen doch, wann die grundhafte Sanierung ihrer Straßen bevorstehe: Dann könnten sie daraufhin sparen. Des Weiteren habe Neustadt 197 Straßen, und es würde eben auch angesichts der Pläne 197 Jahre dauern, bis alle saniert sind. Betrachte man diesen Zeitraum und die Gesamtkosten, könnte ja auch jeder Bürger einfach seine eigene Straße finanzieren. Eine Veranstaltung

findet noch statt: am 17. Oktober um 19 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus Momberg. Danach treffen die Stadtverordneten ihre Entscheidung. Fällt sie für den Wechsel aus, wird es weitere Infoveranstaltungen geben.