Neustädter Mitteilungsblatt

Bioenergiedorf Mengsberg:

Jetzt geht’s endlich richtig los!

Vertrag mit der Firma Viessmann als Generalunternehmer unterzeichnet

2012 kamen u. a. Mengsbergs Ortsvorsteher Karlheinz Kurz und Bürgermeister Thomas Groll erstmals mit Georg Stegemann, dem Leiter Projektentwicklung Bioenergiedörfer und -Systeme der Firma Viessmann, zusammen. Seinerzeit wurde besprochen, ob und ggfs, wie Mengsberg den Weg zum „Bioenergiedorf“ einschlagen kann. Mit Fördermitteln der Europäischen Union zur Entwicklung des ländlichen Raumes finanzierte die Kommune eine Machbarkeitsstudie. Diese kam zu einem positiven Ergebnis und daraufhin gründete sich im Herbst 2014 eine Energiegenossenschaft. Anschließend folgten viele Gespräche, Überlegungen und Planungen. Diese mündeten dann in ein konkretes und umsetzbares Konzept. Der Genossenschaftsverband bestätigte die Wirtschaftlichkeit und mit der VR-Bank HessenLand wurden die notwendigen Schritte zur finanziellen Umsetzbarkeit besprochen. Eng begleitet wurde dieser Prozess von der Kommune. Diese unterstützt die Bioenergiegenossenschaft bei der Bauleitplanung, gewährt eine entsprechende Bürgschaft und veräußert Land, damit die Bioenergiegenossenschaft den Bau einer Heizzentrale verwirklichen kann. Nachdem zwischenzeitlich 138 Anschlussnehmer, darunter auch die Stadt Neustadt (Hessen) und der Landkreis Marburg-Biedenkopf, gefunden wurden, stand der Vertragsunterzeichnung mit der Firma Viessmann als Generalunternehmer nichts mehr im Wege.

Diese fand am 7. April 2017 im Werksgebäude in Allendorf/Eder statt. Hieran nahmen die Vorstandsmitglieder der Bioenergiegenossenschaft Karlheinz Kurz, Klaus Schwalm, Susanne Wilhelm und Thomas Theis sowie Aufsichtsratsvorsitzender Harald Trümner und Aufsichtsratsmitglied Thorsten Samsa teil. Begleitet wurden sie von Bürgermeister Thomas Groll, Bauamtsleiter Thomas Dickhaut und Klaus Pfalz von der VR-Bank HessenLand. Eingangs betonten Georg Stegemann und Marco Ohme, Leiter des Projekts und Engineering Center der Firma Viessmann, dass dies ein guter Tag für Mengsberg und das Unternehmen sei. Ein langer Weg nehme einen

erfolgreichen Abschluss und gemeinsam wolle man nun an die Umsetzung des Vorhabens gehen. Ohme dankte Vorstand und Aufsichtsrat der Bioenergiegenossenschaft für die konstruktiven Gespräche und das Vertrauen in die Firma Viessmann.

Im Namen des Vorstandes ließ Ortsvorsteher Karlheinz Kurz nochmals die letzten Jahre Revue passieren. Er sei stolz darauf, dass Mengsberg nun zu einem Bioenergiedorf werde und damit eines der Hauptziele des Wettbewerbes „Unser Dorf hat Zukunft“, an welchem Mengsberg mit so großem Erfolg teilgenommen habe, nunmehr in die Umsetzung gehe. Noch 2017, so Kurz, wolle man rund 50 Haushalte an die Nahwärmeversorgung anschließen. Die weiteren sollen dann 2018 folgen. Kurz hob das gute Miteinander mit der Kommune hervor und dankte insbesondere Bürgermeister Groll und Bauamtsleiter Dickhaut für die stets konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Bürgermeister Thomas Groll gratulierte den Mengsbergern zu diesem mutigen Schritt. „Fast 6 Mio. Euro werden in den kommenden beiden Jahren investiert. Ihr habt die Goldmedaille beim Bundeswettbewerb nicht nur für die Vitrine gewonnen, sondern geht daran, Eure damaligen Ziele umzusetzen. Das ist der richtige Weg. Euer Dorf hat wirklich Zukunft“, so der Bürgermeister.

Gemeinsam mit Marco Ohme Unterzeichneten die Vorstandsmitglieder den entsprechenden Generalunternehmervertrag. Die Firma Viessmann wird nun darangehen, das Vorhaben alsbald umzusetzen.

Ortsvorsteher Karlheinz Kurz kündigte an, dass in wenigen Wochen ein Spatenstich erfolgen solle, zudem alle Mitglieder der Genossenschaft eingeladen werden. Eine solche Veranstaltung, solle das Zusammengehörigkeitsgefühl nochmals stärken und deutlich machen, dass man eine starke Gemeinschaft für Mengsberg sei.

20

Bürgermeister Thomas Groll empfiehlt Planungen zur Sanierung zunächst ruhen zu lassen. Ein Vorgespräch mit der WI-Bank gebe Anlass, doch nochmals über einen Neubau nachzudenken

Am 20. April 2017 sollte die Neustädter Stadtverordnetenversammlung einen Grundsatzbeschluss zur umfassenden Sanierung des „Hauses der Begegnung“ fassen, welcher das neue Nutzungs- und Raumkonzept sowie die geplante Finanzierung beinhaltet. Die entsprechende Magistratsvorlage beruht auf der öffentlichen Vorstellung der Planungen am 21. März 2017. Die seinerzeitigen Ausführungen fanden die grundsätzliche Zustimmung der anwesenden Kommunalpolitiker und Vereinsvertreter und wurden Ende März vom Fachausschuss II einstimmig gebilligt. Bei dieser Sitzung betonten die Sprecher der Fraktionen übereinstimmend, dass die Präsentation eine Woche zuvor überzeugend gewesen sei.

Bereits bei der Zusammenkunft am 21. März hatte der Bürgermeister betont, dass die Planung und Umsetzung dieses Großvorhabens „ein dynamischer Prozess“ sei, der zweifellos in der Folge noch Veränderungen erfahren werde. Groll hatte zudem darauf hingewiesen, dass noch vor der Beschlussfassung durch die Stadtverordnetenversammlung ein erster Vor-Ort-Termin mit der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WI-Bank) stattfinden werde, damit das Prozedere der vorgeschriebenen baufachlichen Prüfung vorbesprochen werden kann.

Um das bisherige Vorgehen der Kommune zu verdeutlichen spricht Thomas Groll von einem „Drei Ebenen-Modell“:

Die erste Ebene sei der Kontakt mit den Fördergebern – dem hessischen Umwelt- bzw. Finanzministerium – gewesen. Bei diesen habe die Kommune das Vorhaben der grundlegenden Sanierung des ehemaligen „Soldatenheimes“ vorgestellt und dafür dann Förderbescheide aus dem Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ und den Kommunalen Investitionsprogrammen von Bund und Land erhalten.

Die zweite Ebene habe die Erarbeitung einer Planung, deren öffentliche Vorstellung und Beratung dargestellt. „Brauchen wir doch vor weiteren Schritten die Gewissheit, dass die Stadtverordnetenversammlung die Überlegungen des Magistrats mitträgt“, so Thomas Groll. Dieses Wissen habe nach der Sitzung des Fachausschusses II am 29. März vorgelegen, denn dieser habe der Stadtverordnetenversammlung die Annahme des Grundsatzbeschlusses einstimmig empfohlen.

Dritte Ebene, und dem Baubeginn bzw. der Fördermittelauszahlung vorgeschaltet, ist dann nachfolgend die baufachliche Prüfung durch die WI-Bank. Diese lege fest, was tatsächlich förderfähig sei und in welcher Höhe die gewährten Zuschüsse letztlich auch ausgezahlt würden, erläutert der Bürgermeister den Ablauf näher.

Dabei könne diese Prüfung erst nach Erstellung aller Planungsunterlagen nebst konkreten Kostenberechnungen erfolgen.

Um nicht die Planungsarbeiten weiter voranzutreiben und dann in der zweiten Jahreshälfte 2017 „unliebsame Überraschungen“ zu erleben, drang Bürgermeister Thomas Groll auf ein möglichst frühzeitiges Gespräch mit der WI-Bank. Dieses fand am 5.4.2017 statt. Und dabei, so Neustadts Bürgermeister, habe sich gezeigt, dass der eingeschlagene Weg genau richtig gewesen sei.

Die Mitarbeiter der WI-Bank nahmen das Gebäude bei einem ausführlichen Rundgang gründlich in Augenschein. Mehr als einmal sei dabei die Wirtschaftlichkeit der angedachten grundlegenden Sanierung des „Hauses der Begegnung“ hinterfragt worden. Dabei wurde auch daraufhin gewiesen, dass nach den Richtlinien des Programmes „Soziale Stadt“ eine Zweckbindungsfrist von 25 Jahren bestehe. Die Kommune sei daher verpflichtet, Maßnahmen so durchzuführen, dass eine uneingeschränkte Nutzung für diesen Zeitraum gewährleistet sei. Vor diesem Hintergrund wurde die Feuchtigkeit in den unteren Gebäudeteilen thematisiert.

Bisher war die Kommune von einer umfassenden Sanierung ausgegangen. Kurzzeitig wurde zwar einmal darüber nachgedacht, die Turnhalle der „Waldschule“ gemeinsam mit dem Landkreis zu sanieren und zu erweitern und als Mehrzweckhalle zu nutzen oder in der „Lehmkaute“ eine Art „Festhalle“ zu errichten. Diese Gedanken wurden aber aus verschiedenen Gesichtspunkten heraus nicht weiterverfolgt. Gründe für ein Festhalten am ehemaligen „Soldatenheim“ gab es aus örtlicher Sicht – zumindest bisher – zahlreiche: In der Vergangenheit wurden erhebliche Mittel in das Gebäude investiert, zum größten Teil, um überhaupt die Nutzung weiter zu ermöglichen. Bereits bei der Präsentation am 21. März wurde aber deutlich, dass bei einer grundlegenden Sanierung bis auf die Sanitärräume wohl die allermeisten Installationen entfernt werden müssen. Bis 2042 zahlt die Kommune noch jährlich 40.000 Euro für den Gebäudeerwerb im Jahre 1993 ab. „Ein Gebäude abzureißen, das nicht einmal bezahlt ist, war für uns bisher doch eher unvorstellbar“, fasst Groll die Meinung der Verantwortlichen zusammen. Die Abrisskosten von etwa 250.000 Euro schienen zudem nicht förderfähig. Ein Teil der angedachten Fördermittel kann prinzipiell nur bei einer Sanierung verwendet werden. Aufgrund dieser Gemengelage, so Thomas Groll, wurde in den städtischen Gremien ein Neubau bisher nie ernsthaft ins Auge gefasst und der bisherige Planungsauftrag umfasste folgerichtig nur eine grundlegende Gebäudesanierung.

„Dem Gespräch mit der WI-Bank konnten wir entnehmen, dass ein Abbruch des Gebäudes über das Programm „Soziale Stadt“ mit knapp 75 % der förderfähigen Kosten als Ordnungsmaßnahme unterstützt werden könnte. Ansonsten gab es aber noch viele Fragen“, betont Neustadts Bürgermeister.

Er verweist darauf, dass es im bisherigen Verlauf des Verfahrens keine Anhaltspunkte für diese geänderte Sachlage gegeben habe, was nochmals die Wichtigkeit des Gespräches zum gegenwärtigen Zeitpunkt unterstreiche. „Wir sind dankbar für jede finanzielle Unterstützung, die uns gewährt wird. Müssen aber im Gegenzug natürlich auch akzeptieren, dass uns Rahmenbedingungen vorgegeben werden.“

Aufgrund der geänderten Sachlage nahm der Bürgermeister unmittelbar Kontakt mit dem für Städtebau zuständigen hessischen Umweltministerium auf. Von dort wurde ihm geraten, einen Antrag auf umfängliche Förderung der Abriss- und Neubaukosten zu stellen. Thomas Groll wird daher am 20. April der Stadtverordnetenversammlung empfehlen, den angedachten Grundsatzbeschluss in Sachen „Haus der Begegnung“ in der angedachten Form zumindest gegenwärtig nicht zu fassen. Magistrat, Stadtverordnetenvorsteher, Fraktionsvorsitzende und den Ortsvorsteher hat er bereits am vergangenen Dienstag gemeinsam mit den Fachbereichsleitern Thomas Dickhaut und Holger Michel über die neue Entwicklung informiert.

Groll spricht sich aufgrund der bei dem Termin mit der WI-Bank gewonnenen Erkenntnisse und mehrerer Telefonate mit den zuständigen Mitarbeitern des hessischen Umweltministeriums vielmehr dafür aus, kurzfristig über einen Neubau nachzudenken. Ein solcher, so der Bürgermeister, wäre nicht an die vorhandene Gebäudekubatur gebunden, würde sich beim Raumangebot an den heutigen Bedürfnissen orientieren und da er wohl eingeschossig errichtet würde, gäbe es weder die Feuchtigkeitsproblematik noch wäre ein Aufzug nötig. Die Barrierefreiheit wäre insgesamt viel leichter zu gewährleisten. „Wir haben sofort die Kosten für einen Neubau ermitteln lassen. Abriss und Neubau würden mit Bruttobaukosten von 5 Mio. Euro zu Buche schlagen. Wir arbeiten nun daran, die Förderkulisse neu zu stricken. Noch ist es aber natürlich zu früh für konkrete Aussagen.“

Klar sei, so Groll, dass auch zukünftig seine Aussage gelten müsse:

Das was wir tun, muss solide finanziert sein. Der städtische Haushalt dürfe nicht in Schieflage geraten. Dabei müsse seiner Auffassung nach zudem gewährleistet bleiben, dass man auch bei der angestrebten Freibadsanierung ein gutes Stück vorankomme. Mit Blick auf die angeratenen Förderprogramme und die mittelfristige Finanzplanung bis 2020 sieht der Bürgermeister diese Voraussetzungen gegenwärtig als gegeben an.

„Ich gehe stets mit Optimismus ans Werk und glaube daran, dass es gelingen wird, diese Aufgabe zu meistern“, erklärt der Bürgermeister. Für ihn sei klar, dass Neustadt weiterhin ein Bürgerhaus haben werde, möglicherweise aber eben einen Neubau an gleicher Stelle, denn dies sei der einzig richtige Platz für ein solches Gebäude. Die in den letzten Wochen erarbeitete Konzeption – großer abtrennbarer Saal mit Bühne, Räumlichkeiten für Familienfeiern, Bücherei, „Begegnungstreff“ und Seminarraum für Gemeinwesen- und Quartiersarbeit solle natürlich aufrecht erhalten bleiben. Sie sei sinnvoll und werde vom Fördergeber mitgetragen. „Unser Bürgerhaus mit seinen Einrichtungen soll ein Treffpunkt für alle Einwohner Neustadts sein, für Menschen mit und ohne Behinderung, für Einheimische, Migranten und Geflüchtete sein“, erklärt Groll.

Am 20. April 2017 soll die Stadtverordnetenversammlung daher nun zunächst ein Ruhen der bisherigen Planungsarbeiten bis längstens Ende 2017 beschließen. Bis dahin soll nämlich die Bescheidung der neu einzureichenden Anträge erfolgen. Nach Grolls Vorstellung sollen Abriss und Neubau umfänglich durch das Programm „Soziale Stadt“ bzw. hilfsweise den „Investitionspakt Soziale Integration im Quartier“ gefördert werden. Die kommunalen Förderquoten betragen hier – bezogen auf die förderfähigen Kosten – bei der „Sozialen Stadt“ im Falle Neustadts knapp 75 % bzw. beim „Investitionspakt“ sogar 90 %.

Ein Wort des irischen Autors Oscar Wilde, so Thomas Groll abschließend, könnte auch vorliegend Wahrheit werden: „Was uns zunächst als schwere Prüfung erscheint, erweist sich oft als Segen.“