Ausrufe- oder doch eher Fragezeichen?

Bürgermeister Thomas Groll brachte Haushaltsplanentwurf mit einem Defizit von 650 000 Euro ein

„Land in Sicht!?“ lautet der Titel des Haushalts­planentwurfs, den Tho­mas Groll mit einem Aus­rufe- und einem Fragezei­chen versehen hat, um seine gespaltene Meinung zu verdeutlichen.

von Florian Lerchbacher

Neustadt. Nicht ohne stolz ver­kündete Thomas Groll gestern Abend in der Stadtverordnetenversammlung, dass der Haus­haltsplanentwurf 2014 für das kommende Jahr das beste Ergebnis seit der Einführung der doppischen Buchführung prog­nostiziere. Allerdings beläuft sich das Defizit weiterhin auf rund 650 000 Euro – zudem sei nicht alles Gold, was glänzt, und die Zukunft auch nicht vorher­sehbar, betonte der Kämmerer.

Sparsame Haushaltsführung, Einnahmeverbesserungen, wirt­schaftlicher Aufschwung und Veränderungen beim Kom­munalen Finanzausgleich zähl­te Groll als Gründe für das verbesserte Ergebnis auf. „Bürger­schaft, Vereine oder Kirchen­gemeinden mussten Abstriche am Serviceangebot der Kom­mune in Kauf nehmen“, gab er zu. Abkommen wird er von dem Weg aber nicht: „Sparen geht eben nicht ohne Einschnitte.“ So hat sich der Magistrat da­zu durchgerungen, den Kinder­garten Speckswinkel zum 31. Juli zu schließen: „Diese Entscheidung fällt uns allen sicher schwer und ist gewiss nicht po­pulär, aber sie ist leider notwen­dig und eine Folge des demo-grafischen Wandels.“

60 000 Euro spare die Kom­mune dadurch jährlich – unter anderem, weil zwei Stellen weg­fallen. Wie angekündigt gibt es auch Kürzungen um jeweils ei-

ne Stelle bei Verwaltung und Bauhof. „Wer einem zusätzli­chem Personalabbau das Wort redet, der muss auch sagen, wie die Alltagsarbeit und die in den letzten Jahren hinzu gekom­menen Zusatzaufgaben zeit­nah, bürgerfreundlich und qua­litätsvoll erledigt werden sol­len“, verteilte Groll im selben Atemzug noch einen Seitenhieb Richtung SPD-Fraktion, die zur gestrigen Sitzung einen Antrag vorgelegt hatte, in dem sie ein Konzept zur Personalentwick­lung fordert. Der Präsident des Landesrechnungshofes bekam auch gleich eine mit: Seine Aus­sage, dass Hessens Kommunen zu viel Personal beschäftigten, sei „leider sehr pauschal, aber gewiss populär“, sagte der Bür­germeister und resümierte: „Der von mir als Kämmerer seit 2007 vertretene Sparkurs mit Augen­maß und ohne „Kahlschlag“ soll auch in den kommenden Jah­ren seine Fortsetzung finden.“ Allerdings steht für 2014/2015 aufgrund des altersbedingten Ausscheidens dreier Mitarbeiter eine größere Umstrukturierung der Verwaltung an: „Ziel muss es sein, dass der Bürger hiervon möglichst wenig bemerkt“, so Groll.

Vergleichs­weise kurz fiel in diesem Jahr seine Kritik am – bereits über­arbeiteten – kommunalen Fi­nanzausgleich aus, den das Land gemäß einer Entschei­dung des Staatsgerichtshofs bis 2016 weiter verändern muss. Zwar gebe es 110 000 Euro mehr an Schlüsselzuweisungen, da­von bleibe aber nichts in der Stadtkasse hängen. Beim Blick auf die Entwicklung der Kreis-und Schulumlage rechnete er im Vergleich von 2008 zu 2013 vor, dass die Stadt 700 000 Euro mehr an Umlagen zahle, an Schlüsselzuweisungen gleich­zeitig aber „nur“ 259 000 Euro mehr kassiere: „Die neue Land-rätin muss ihren Wahlkampf­aussagen zu einem Absenken der Kreisumlage rasch Taten fol­gen lassen.“

 

Anschließend widmete sich der Bürgermeister den größ­ten Investitionen: 10 000 Euro sind im Ergebnishaushalt für die Einrichtung eines kleinen Recyclinghofes geplant. Im Finanzhaushalt finden sich un­ter anderem 157 000 Euro für die weitere Umrüstung der Stra­ßenbeleuchtung auf LED-Tech­nik wieder, 75 000 Euro für die erste Rate des Feuerwehrfahr­zeuges für Neustadt, 190 000 Euro für einen Unimog, 26 000 Euro für eine „Maurerpritsche“ sowie 725 000 Euro für die Er­neuerung der Nebenanlagen der Wierarer Straße in Mom­berg und der Hindenburgstraße in Neustadt – nach Abzug der Anwohnerbeiträge und der För­dermittel bleibt da allerdings ei­ne Investition von nur 100 000 Euro übrig. Im Zusammenhang mit dem Straßenbau in Mom­berg überarbeitet die Stadt die Wasserversorgung und muss weitere, 80 000 Euro berappen.

In Sachen „Haus der Be­gegnung“ rechnet die Stadt mit 30 000 Euro für die Um­setzung der Vorschläge eines Brandschutzgutachtens. Im Er­gebnishaushalt stehen weitere 15 000 Euro für die Erstellung zusätzlicher Gutachten bereit.

Fazit: Der „kleine Segler Neu­stadt“, von dem Groll seit vie­len Jahren in seinen Haushalts­reden spricht, scheint in ruhige­re Fahrwasser zu kommen: 2009 sei die See rau gewesen, „trotz aller Hindernisse ging unser Schiff aber nicht unter“, sagte der Bürgermeister. Die Stadt ha­be ihr Segel nach dem Wind aus­gerichtet. Ging sie für 2013 noch von einem Minus von 919 000 Euro aus, so scheint dieses etwa 120 000 Euro geringer auszufal­len. Für das Haushaltsjahr 2019 peilt sie gar einen Überschuss an – unter anderem aufgrund einer erneuten Anhebung der Grundsteuer um 20 Punkte. Es­sentiell wäre aber auch der Bau des Windparks „Dreiherren­stein“, der Pachteinnahmen von 150 000 Euro einbrächte.