Zusammenarbeit mit Stadtallendorf und Eon Mitte SPD beklagt offene Fragen und enthält sich
Stadtallendorf und Neustadt werden ihre Stromnetze übernehmen, in einer gemeinsamen Netzgesellschaft betreiben und 5t Prozent der Gesellschaftsanteile an den derzeitigen Stromkonzessionär Eon Mitte verkaufen.
von Matthias Mayer
Neustadt. Für ihren 49-prozentigen Anteil an dem Stromnetz sollen beide Städte laut Eon Angebot zusammen 4,36 Millionen Euro bezahlen. De| gescheiterte Mitbewerber OVAG hatte den Wert dieses Anteils auf 2,7 Millionen Euro taxiert.
Den Weg dazu pachte das Neustädter Stadtparlament am Montagabend endgültig frei. Mit den Stimmen von CDU, FWG und Republikanerin billigte das Parlament zum Abschluss seiner 42. und letzten Sitzung dieser Legislaturperiode eine entsprechende Beschlussvorlage des Magistrats. Die SPD-Fraktion enthielt sich geschlossen der Stimme. Zuvor hatte bereits das Stadtallendorfer Stadtparlament die interkommunale Zusammenarbeit der beiden in der Region Herrenwald partnerschaftlich verbundenen Städte in Sachen Stromnetz gebilligt.
Stadtallendorf wird 71,2 Prozent Anteile an der zu gründenden Beteiligungsgesellschaft Herrenwald halten, Neustadt 28,8 Prozent. Diese Form der interkommunalen Zusammenarbeit war in der Stadtverordnetenversammlung ebenso unstrittig, wie die Absicht der Kommunen, durch Teilhabe an den beiden innerstädtischen Stromnetzen mittel- und langfristig Geld verdienen. Kontrovers diskutiert wurden allein die Wahl des Partners (Eon Mitte statt OVAG), die Qualität der Arbeit der beratenden Büros und die Festlegung, die Daten und Fakten, die zur Auswahl eines Partners führten, der Öffentlichkeit nicht offenzulegen.
In wohltuend sachlichen Beiträgen erörterten der CDU-Fraktionsvorsitzende Franz-Winfried Michels und dessen SPD-Kollege Hans-Gerhard Gatzweiler die Haltung ihrer Fraktionen. Beide sprachen von einer historischen, weit reichenden Entscheidung, beide lobten die gute Zusammenarbeit mit Stadtallendorf, beide würdigten die Chance für die Stadt, mit einem teilweise rekommunalisierten Stromnetz Geld zu verdienen. Damit war der Vorrat an Gemeinsamkeiten aufgebraucht.
Michels stellte sich für die Union vorbehaltlos hinter die Magistratsvorlage, sprach von einem sorgfältigen Entscheidungsprozess, in dessen Verlauf alle offenen Fragen klar beantwortet und die wirtschaftlichen Interessen der Kommunen durch die beiden Bürgermeister konsequent und zielgerichtet vertreten worden seien. Michels kritisierte zwar die „Unsicherheit“, die durch die Präsentation der „vorläufigen Ergebnisse“ am
21. Februar durch die beratenden Büros unter den Stadtverordneten geschürt worden sei, lobte aber insgesamt die Arbeit der Gutachter, bei denen letztlich die Eon sowohl in der ersten als auch in der zweiten Präsentation vorn gelegen habe. Michels stelle klar, dass den Kommunen durch die Beschränkung ihres Anteils auf 49 Prozent kein Nachteil entstehe. In der Netzgesellschaft der Stadtwerke wäre der Einfluss beider Städte auf den Geschäftsbetrieb deutlich geringer gewesen.
Hans-Gerhard Gatzweiler bewertete die Dinge völlig anders. „Die SPD-Fraktion fühlt sich heute sehr unwohl, weil wir den Fakten nicht trauen“, sagte er und kritisierte ausdrücklich die 120 000 Euro teure Arbeit der Beraterbüros; „Ich habe, erhebliche Zweifel, ob die von uns bestellten Experten auch unsere Interessen vertreten!“
Gatzweiler machte seine Gutachter-Schelte an mehreren Punkten fest. So kritisierte er unter anderem/dass die Eon laut Gutachter beim Gewerbesteuer-Zufluss in 20 Jahren mal 440 000 Euro, mal 1,1 Millionen Euro und mal 850 000 Euro vor der OVAG gelegen habe. Umgekehrt sei am 21. Februar von den Gutachtern für die OVAG ein um 300 000 Euro höherer Gewerbesteuer-Zufluss angesetzt worden, als in der Schluss-Präsentation. „Wohin sind die 300 000 Euro verschwunden? Eine Erklärung dafür haben wir nicht! Belastbare Zahlen? Saubere Ergebnisse?“
Bürgermeister Thomas Groll (CDU) sprach von einem guten Verhandlungsergebnis für Neustadt, äußerte aber zugleich Verständnis für die Unsicherheit des einen oder anderen Parlamentariers. Er zeigte sich aber überzeugt, dass das wirtschaftliche Ergebnis für die Kommunen am Ende besser sein werde, als von den Gutachtern vorsichtig prognostiziert.
Stadtverordnetenvorsteher Norbert Krapp (CDU) war es vorbehalten, mit dem Epilog auf die Wahlperiode den in Neustadt üblichen Parlamentsfrieden wieder herzustellen. Er würdigte die gute, erfolgreiche und polemikfreie Zusammenarbeit im Haus zwischen 2006 und 2011 und wünschte auch für die Zukunft „Einigkeit und gute Beschlüsse zum Wohle der Neustädter Bürger.“