Das Minus gehört der Geschichte an

Bürgermeister brachte gestern Haushaltsplanentwurf 2016 ein – Stadt will sich zwei „Sorgenkinder“ widmen

Erstmals seit der Einführung der Kaufmännischen Buchführung im Jahr 2009 brachte der Bürgermeister einen Haushalt mit einem Überschuss (390 000 Euro) ein.

Neustadt. Die Stadt Neustadt geht für das Haushaltsjahr 2016 von einem Plus in Höhe von fast 400 000 Euro aus. Bürgermeister Thomas Groll erklärte, dass Zuweisungen aus dem Landesausgleichsstock für die Unterbringung von Flüchtlingen, Veränderungen beim Kommunalen Finanzausgleich, die Sparmaßnahmen beziehungsweise die Haushaltskonsolidierung der vergangenen Jahre und die verbesserte gesamtwirtschaftliche Situation Gründe für den Überschuss seien.

Zunächst warf der Bürgermeister in seiner Rede einen Blick auf die Entwicklungen in der Welt mit Fokus auf die Flüchtlingskrise. Dann konzentrierte er sich auf Neustadt und die neue Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) für Flüchtlinge. Diese sei eine Herausforderung für Neustadt – die aber auch Chancen für die Weiterentwicklung biete. „Inmitten der Schwierigkeiten liegt die Möglichkeit“, zitierte Groll Albert Einstein und zählte Vorteile auf, die aus der EAE resultierten: Unter anderem gebe es in Neustadt rund 30 neue Arbeitsplätze, die Kernstadt wurde kurzfristig in das Förderprogramm „Soziale Stadt“ aufgenommen, das Sonderinvestitionsprogramm „Hessen packt’s an“ für Kommunen mit einer EAE spült 500 000 Euro in die Kasse, und aus dem Landesausgleichsstock gibt es durch die Unterbringung von Flüchtlingen weitere 370 000 Euro. Durch letzteren Punkt kann es sich die Stadt leisten, auf eine weitere Erhöhung der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer zu verzichten. Zudem müsse die Stadt die deutlichen Lohnerhöhungen bei den Erzieherinnen nicht an die Eltern weitergeben, betonte der Bürgermeister.

Danach thematisierte er den Kommunalen Finanzausgleich – den er in der Vergangenheit mit schöner Regelmäßigkeit auf dem Kieker hatte. Da Neustadt nach der Reform nun jedoch um 300 000 Euro gegenüber dem Vorjahr besser steht, verschonte Groll das Land. Stattdessen kritisierte er die Kreis- und Schulumlage, bei der Mehrausgaben von 127 000 Euro auf die Stadt zukommen. Entsprechende forderte der Bürgermeister die Senkung der Umlage und behauptete, der Kreis habe das notwendige Polster dafür.

Selber ein kleines Polster in Aussicht will die Stadt sich im kommenden Jahr zwei „Sorgenkindern“ widmen „und damit auch für kommende Generationen klug investieren“: dem Haus der Begegnung und dem Schwimmbad. Vor allem das Thema „Veranstaltungsraum“ hält die Neustädter schon länger

in Atem. Die Gespräche mit dem Kreis über eine gemeinsame Sanierung, Erweiterung und künftige Nutzung der Sporthalle der Waldschule seien positiv gewesen, berichtete Groll. Nichtsdestotrotz strebe die Stadt ein eigenständiges Vorgehen beim Haus der Begegnung an. Dafür will sie im kommenden Jahr schon einmal rund 1,4 Millionen Euro an Fördermitteln (plus den Eigenanteil von rund 500 000 Euro) investieren – und auf Komplementärfinanzierungen zurückgreifen. Um kurzfristig Mittel zur Verfügung zu haben, will die Stadt 120 000 Euro für Planungskosten bereitstellen.

Für das Freibad sind 50 000 Euro für Planungskosten vorgesehen – 500 000 Euro kommen, so hofft Groll, aus einem Sondertopf für EAE-Kommunen. „Für 2017 und 2018 haben wir in der mittelfristigen Finanzplanung dann jeweils 250 000 Euro vorgesehen“, sagt er und fasst zusammen: Insgesamt sind das etwas mehr als eine Million Euro – 650 000 Euro müsste die Kommune tragen, 400 000 Euro wären Zuschüsse.

Zudem rechnet die Stadt 215 000 Euro für Fahrzeuge, Ausrüstung und Notstromversorgung im Feuerwehrhaus Neustadt und für die Notbeleuchtung bei allen vier Wehren ein. 160 000 Euro kostet die Erneuerung der fast 25 Jahre alten Bäder in der Kindertagesstätte Sonnenschein, 65 000 Euro stellt die Stadt für sanierungsbedürftige Brücken zur Verfügung, 100 000 Euro investiert sie in die Fensterfront im großen Saal des Dorfgemeinschaftshauses – der gleiche Betrag ist für den Straßenbau eingeplant.

Neben diesen größten Posten im Finanz- sind auch im Ergebnishaushalt größere Summen enthalten, unter anderem 20 000 Euro für den Erhalt des historischen Rathauses und 23 500 für das Haus der Vereine. „Unsere historischen Gebäude sind uns lieb, aber auch teuer“, fasst Groll zusammen. Die Stadt will des Weiteren den Abbau der zusammengerechneten Defizite der Jahre 2009 bis 2015 in Höhe von 3,5 Millionen Euro in Angriff nehmen – los geht es mit dem Abbau von rund 430 000 Euro an Altschulden.

Stolz resümiert der Bürgermeister, dass es der Stadt für 2016 auch ohne die Zuweisung aus dem Landesausgleichsstock gelungen wäre, einen knapp ausgeglichenen Haushalt vorzulegen: „Allerdings wohl nicht ohne die im Haushaltskonsolidierungskonzept 2015 vorgesehenen weiteren Erhöhungen bei der Grund- und Gewerbesteuer, denn ansonsten wäre das Ergebnis zu sehr „auf Kante genäht“ gewesen.“ Schon jetzt sei klar, dass manches nur aufgeschoben, nicht aber aufgehoben ist: 2017 werden aller Wahrscheinlichkeit nach zum Beispiel die Kitagebühren wieder steigen.