Städte planen mit Netzgesellschaften

Neustadt und Stadtallendorf bereiten bei der Stromversorgung den ersten, wichtigen Schritt vor
Die Stadtverordneten von Neustadt und Stadtallendorf müssen sich in den letzten Sitzungen des Jahres mit der Gründung zweier städtischer Netzgesellschaften auseinandersetzen.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. „Welcher Anbieter zum Zug kommt, ob die Stadt Teile des Netzes erwirbt und wie viel – das entscheiden die Stadtverordneten“, sagte Bürgermeister Thomas Groll am Donnerstag zu den Mitgliedern des Haupt- und Finanzausschusses. Zuvor hatte er ihnen eine Vorlage präsentiert, in der die Gründung einer städtischen Netzgesellschaft Thema ist, deren Gegenstand die „Erstellung, der Ausbau und die Unterhaltung des Stromverteilnetzes in Neustadt zur Sicherstellung einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leistungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Energie sowie die Durchführung weiterer Versorgungsaufgaben“ ist.
Sowohl die Neustädter als auch die Stadtallendorfer haben sich bereits intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt, zum Beispiel während eines Stromtages. Zudem hatten sie ein Büro für Energiewirtschaft beauftragt, das in seiner Bewertung deutlich machte, dass eine Übernahme des Stromnetzes wirtschaftlich sinnvoll ist. Die Erfahrungen anderer Kommunen gleicher Größenordnung und die Einschätzung des Büros lassen erwarten, dass die Stadt erhebliche Vorteile aus den neuen Gestaltungsmöglichkeiten ziehen kann, heißt es in der Magistratsvorlage: Neben zusätzlichen Einnahmen könne die Stadt maßgeblichen Einfluss auf die Erhaltung, Erneuerung und die weitere Entwicklung des Stromversorgungsnetzes nehmen.
Grundsätzlich beabsichtigen beide Städte die Übernahme des Stromverteilnetzes – mit welchem Partner dies geschieht, ist aber noch unklar. Derzeit ist für beide insbesondere ein Pachtmodell denkbar, bei dem die Netzgesellschaft zunächst den Konzessionsvertrag mit der Stadt abschließt, das Netz von E.on Mitte erwirbt und es dann an den Kooperationspartner verpachtet. Neben den Konzessionsabgaben leistet der Partner Pachtzahlungen, die der Finanzierung des Netzkaufs dienen.
Grundsätzlich stehen verschiedene Optionen offen: Die Städte können sich darauf beschränken, Eigentum am Stromnetz zu besitzen und/oder das Netz betreiben. Sie können daneben auch im Vertrieb tätig werden, was jedoch entsprechendes Personal und Know-how voraussetzt.
Bis Mitte des Monats sollen Stadtwerke, OVAG und Eon überarbeitete Angebote vorlegen, dann stehen weitere Gespräche an, die sich laut Groll bis in den Januar ziehen können. Eine Entscheidung wollen die Städte bis zur Kommunalwahl im März 2011 treffen – dabei sollten, so Groll, keine parteipolitischen Interessen eine Rolle spielen.
Noch unklar ist, ob die Netzgesellschaften von Stadtallendorf und Neustadt später zusammengeführt werden. „Wir müssen sehen, ob das Vorteile bringt. Es kommt auf das Angebot und die Rahmenbedingungen an“, sagte Groll und betonte, dass es maßgeblich sei, ob der Zusammenschluss wirtschaftliche Synergieeffekte und Einsparungsmöglichkeiten mit sich bringe.
Kosten von 57 500 Euro umfasst der Haushaltsplan 2011 für die Elektrizitätsversorgung. 30 000 Euro gehen davon für Beratungsleistungen an das Büro für Energiewirtschaft, an eine Rechtsanwaltskanzlei und einen Steuerberater. „Das ist sehr gut angelegtes Geld, um das Optimum für uns zu erreichen“, verspricht Groll, da die drei Parteien gemeinsam mehrere Übernahmeverfahren auf den Weg gebracht hätten und entsprechend auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen können.
25 000 Euro sind das zur Ausstattung der Gesellschaft benötigte Mindestkapital. 2 500 Euro sind für die Gründung der Netzgesellschaft notwendig.