Professor Hanns Jürgen Küsters sprach zum 50. Todestag Konrad Adenauers in Neustadt
Im Rahmen der Neustädter zeitgeschichtlichen Veranstaltungsreihe erinnerte der Adenauer- Kenner Professor Hanns Jürgen Küsters an den vor 50 Jahren verstorbenen Gründungskanzler der Bundesrepublik.
von Klaus Böttcher
Neustadt. 90 interessierte Besucher waren trotz der vormittäglichen Zeit in das Haus der Begegnung gekommen und erlebten einen spannenden Vortrag. Davor ließ Neustadts Bürgermeister Thomas Groll einen kurzen Film über das Leben von Dr. Konrad Adenauer abspielen. Der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland lebte von 1876 bis 1967 und habe somit vier Zeitepochen erlebt, erklärte Groll in seiner Einführung. „Wiederaufbau, Wirtschaftswunder, die Heimholung der letzten Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion, Westintegration und Aussöhnung mit Frankreich werden für immer mit dem Wirken des legendären Staatsmannes verbunden bleiben“, so schrieb der Bürgermeister in der Einladung. Das war ihm Grund genug, zum 50. Todestag von Konrad Adenauer an dessen Leben und Wirken zu erinnern.
Mit der Einladung von Zeitzeugen Adenauers sehe es schlecht aus, weil sie selbst sehr alt sind, sagte Groll. Über den ehemali
gen Kanzleramtsminister Friedrich Bohl habe er den Kontakt zu Professor Hanns Jürgen Küsters bekommen. Er ist nach Neustadt gekommen und berichtete aus dem Leben des Gründungskanzlers.
Grundlage dafür ist sein kürzlich veröffentlichtes Buch mit dem Titel: „Der Vater, die Macht und das Erbe – Das Tagebuch des Monsignore Paul Adenauer 1961 – 1966“. Der Politikwissenschaftler und Zeithistoriker Küsters ist Hauptabteilungsleiter bei der Konrad-Adenauer- Stiftung. In Neustadt hielt er einen brillanten Vortrag, bei dem die Besucher interessiert zuhör
ten. Auf der Grundlage des Tagebuches des jüngsten Sohnes Paul zeichnete er ein Bild des Gründungskanzlers, das man so nicht im Fernsehen gesehen hat.
Professor Küsters erklärte zu Beginn, dass derzeit nicht nur an den 50. Todestag Adenauers erinnert werde, sondern auch an dessen Ernennung zum Kölner Oberbürgermeister vor 100 Jahren. Bevor er auf Konrad Adenauer einging, schilderte er das Leben Paul Adenauers. Er beschrieb ihn als sensiblen, einfühlsamen Menschen, der Theologie studiert und 1951 zum Priester geweiht
wurde. Zwei Jahre später ließ er sich beurlauben und studierte Sozialwissenschaften. 1957 trat er in die CDU ein, was für einen Priester eigentlich undenkbar war. Nur Sohn des Kanzlers, das reichte nicht, und so wirkte sein Vater darauf hin, dass er 1960 durch den Papst den Titel Monsignore erhielt.
Von 1961 bis 1966 lebte Paul im Haus Adenauer in Rhöndorf und schrieb in dieser Zeit jene Tagebücher, die Küsters für sein Buch und auch für den Vortrag in Neustadt zugrunde lagen.
Konrad Adenauer sei ein politischer Stratege gewesen und seine Schwächen würden die gro
ße Persönlichkeit nicht schmälern. Küsters zeichnete ein Bild des Kommunalpolitikers Konrad Adenauer, der lange Zeit Oberbürgermeister von Köln war. Später habe er mal gesagt, seine Zeit als Kommunalpolitiker sei die beste gewesen, weil er dort selbst gestalten konnte.
Seinen spannenden Vortrag spickte Küsters mit vielen Zitaten und Hintergründen, spannte oft einen Bogen zur heutigen Politik. Vieles sei nicht an die Öffentlichkeit gedrungen, so beispielsweise der Herzinfarkt, den Adenauer 1962 erlitten hatte. Großen Raum widmete der Referent den politischen Machtkämpfen Adenauers mit Politikern anderer Parteien, aber besonders auch mit jenen aus der eigenen Partei. So habe ihn der Machtkampf mit Ludwig Erhard zermürbt. Er sei dies alles zwar leid gewesen, doch sein Verantwortungsgefühl ließ ihn weitermachen.
Adenauer habe sich um die Einigkeit Europas gesorgt. Im Oktober 1963 habe sich Erhards Übernahme nicht mehr vermeiden lassen, und er trat zurück. Der zweite Kampf mit Erhard um den Parteivorsitz endete 1966 mit Adenauers Verzicht auf das Amt. Am 19. April 1967 verstarb der Gründungskanzler der Bundesrepublik Deutschland in seinem Wohnhaus in Rhöndorf.
Die Veranstaltung wurde mit gut ausgesuchter Musik von Semplice begleitet, die wegen einer Erkrankung von Michael Dippel als Duo mit Karl-Joseph Lemmer und Wilfred Sohn auftraten.