Die Natur riechen, fühlen, schmecken

Neustädter Umweltwoche hat begonnen  Stadt hat Förderantrag für das Naturportal eingereicht

Durch abstraktes Lernen wird sich kein Kind für das Thema des Klimaschutzes begeistern lassen, meint Marian Zachow und freut sich, dass Neustadt mit der Umweltwoche eine andere Herangehensweise hat.

von Florian Lerchbacher

Neustadt. Viel zu früh und völlig ausgehungert kehrt ein kleiner Vogel aus seinem Winter-

I quartier nach Deutschland zurück. In Afrika sei es viel zu heiß und es gebe zu wenig Nahrung, berichtet er einer Freundin, ehe er erschöpft zusammenklappt.

Neben der Begeisterung über den Beginn der Theateraufführung und das bunte Kostüm, in dem die Schauspielerin steckt, ist den Kindergartenkindern im Publikum rasch eine gewisse Nachdenklichkeit anzumerken: Sie wollen wissen, warum es dem Vogel schlecht geht und was die Auslöser dafür sind – die Tür, um den „Klimawandel“ nachhaltig zu thematisieren, steht entsprechend sperrangelweit offen.

Die Marburger Gruppe „Immer dem Schnabel nach“ hat also im ersten Programmpunkt der Neustädter Umweltwoche sofort das erreicht, was Bürgermeister Thomas Groll und Erster Kreisbeigeordneter Marian Zachow sich erhofft hatten: Themen rund um Umwelt und Naturschutz nicht mit erhobenem Zeigefinger ansprechen und von oben herab aufdrücken – sondern so ansprechen, dass die Teilnehmer der Veranstaltung merken, wo die Schnittstellen mit der eigenen Existenz und die Auswirkungen auf das eigene Leben sind. „Man muss Lust machen auf ökologische Verantwortung“, sagt Zachow.

Insgesamt 14 Veranstaltungen für Groß und Klein hat die Stadt Neustadt mit ihren Kooperationspartnern für die Umweltwoche, die gestern begann, zusammengestellt. Und es hätten noch weitaus mehr sein können. „Früher war es natürlich, dass Kinder in den Wald gehen und dort spielen. Heute ist es eher außergewöhnlich“, betonte Groll und ergänzte, dass entsprechend ein Waldspaziergang auf dem Programm stehe. „Die Faszination des Waldes muss man erleben, wenn man draußen ist und die Bäume und die

Natur riecht, fühlt und manchmal auch schmeckt“, fügte Zachow hinzu.

„Es ist wichtig, dass aus unseren Veranstaltungen etwas wächst. Wir wollen schließlich nicht nur ein paar Rollups mit Informationen aufstellen“, sagte Groll mit Blick auf eine kleine Ausstellung im Rathaus, die sich mit Umwelt- und Naturschutz auseinandersetzt: Es gelte, die Thematik an die Menschen heranzutragen, Wissen und Bewusstsein zu vermitteln – und letztendlich nachhaltig Veränderungen herbeizuführen. Für Neustadt heißt das beispielsweise, das Projekt „Naturportal“ umzusetzen. Entsprechend hat die Stadt, wie Groll berichtet, über die Region Marburger Land bereits einen Förderantrag für ihr 130 000 Euro teures Projekt gestellt. Sie möchte unter anderem einen Storchenmast aufstellen, in Mengsberg die Wandermöglichkeiten verbessern, für Mombergs Naturschützer eine Streuobstpresse kaufen oder in Speckswinkel die Anlage rund um den Dorfteich verschönern.

„Aus den kleinen Dingen muss das große Ganze entstehen“, sagte der Bürgermeister und sprach Zachow aus dem Herzen. Denn der Erste Kreisbeigeordnete hatte bereits von seinem Gastspiel bei der Weltklimakonferenz erzählt, bei der die zentrale Erkenntnis gewesen sei, dass die Politik die „großen“ Themen wie Atomkraft und die Energiewende nahezu abgearbeitet habe: „Der Ball liegt längst im Spielfeld der Kommunen. Die Frage ist nun, wie wir Klimaschutz vor Ort realisieren und in die Köpfe der Menschen bekommen.“ Die Stadt Neustadt habe diese Herausforderung erkannt und sei mit ihrer Umweltwoche ein Vorreiter, da sie die Themen mit ihren Veranstaltungen erlebbar mache und an die Menschen herantrage, lobte er. „Aus dem Kleinen muss das Große entstehen“, kommentierte Groll.

Die Stadt Neustadt will die Umweltwoche alle zwei Jahre stattfinden lassen – abwechselnd mit einer Woche des Ehrenamtes.