Thomas Groll ist seit einem Jahrzehnt Bürgermeister der Stadt Neustadt und will sich in zwei Jahren wieder zur Wahl stellen
Der „kleine Segler Neustadt“ ist ein Bild, das Bürgermeister Thomas Groll immer wieder gerne für seine Heimat nutzt. Nach vielen Jahren auf rauer See befindet sich sein Schiffchen jetzt wieder in ruhigeren Gewässern.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Die Stadt Neustadt gehört im Landkreis eigentlich nicht zu den Kommunen, die mit Geld gesegnet sind. Vom Stillstand aber keine Spur – auch in Zeiten knapper Kasse setzte sie Projekte wie beispielsweise den Neubau eines Kindergartens um. Einer, der die Zeichen der Zeit erkannte, war Bürgermeister Thomas Groll. Er nahm sich eben zum Ziel, seine Heimat von einer Arbeiter- in eine Wohnstadt umzuwandeln.
Inzwischen gehören Finanzsorgen nahezu der Geschichte an. Ausschlaggebend dafür sind drei Gründe: Die allgemein bessere wirtschaftliche Lage, die Einsparungen, die Neustadts Kommunalpolitiker unter Führung ihres Rathauschefs gemeinsam auf den Weg brachten, und die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge, in die ein Großteil der ehemaligen Ernst- Moritz-Arndt-Kaserne umgewandelt wurde. Zugegeben: Gerade auf den letzten Punkt hatte Thomas Groll eigentlich keinen Einfluss – allerdings wusste der Bürgermeister, das Beste aus der Situation herauszuholen.
Wahrscheinlich hat er eine Standleitung nach Wiesbaden, wo sich ebenso wahrscheinlich ein extra Mitarbeiter mit den zahlreichen Anliegen und Anträgen des Neustädters auseinandersetzen dürfte. Jedenfalls versteht es Groll, immer wieder Förderanträge für verschiedenste Projekte so zu stellen, dass die Ministerien sie genehmigen und Geld in die Junker-Hansen-Stadt schicken. Beste Beispiele sind der Kunstrasenplatz und der geplante Neubau des Hauses der Begegnung. Projekte, die sich die Neustädter alleine nie leisten könnten – und die Groll nicht umsonst den Adelstitel „Fördertopfkönig“ einbrachten. „Fragen kostet ja nichts“, lautet sein Kommentar zu seinem Talent. Dazu sei angemerkt: Wer oft genug gefragt, bekommt irgendwann auch die Antwort, die er hören will – oder zumindest eine, die teilweise in die erhoffte Richtung geht.
Am heutigen Tag ist Groll seit zehn Jahren Bürgermeister von Neustadt. Einer der dunkelsten Punkte stand dabei direkt am Anfang, quasi noch vor seiner Amtszeit: Im Januar 2007 verlor er für ein halbes Jahr seinen Führerschein wegen einer Trunkenheitsfahrt, nachdem er seine Wahl etwas zu stark gefeiert hatte. „Aus Schaden wird man klug“, betont Groll, der aus seinem Fehltritt gelernt hat und sich danach stets korrekt verhielt. Im Kreuzfeuer der Kritik stand er seitdem eigentlich nur zweimal: Zunächst, als sich die Bewohner dreier Straßen in Momberg gegen Gebührenbescheide für den Ausbau wehrten. „Ich kann die Leute ja verstehen, wenn Bescheide über 15 000 oder 20 000 Euro ins Haus flattern“, gibt er zu und ergänzt: „Wir haben damals aber nur die Gesetze befolgt und ja auch vor dem Verwaltungsgericht letztendlich Recht bekommen.“ Nichtsdestotrotz dürfte auch das ein Grund dafür sein, dass er sich heutzutage stark für wiederkehrende Straßengebühren einsetzt.
Einmal jedoch beugte er sich dem Druck: Als die Stadt nachts die Straßenbeleuchtung ausschaltete, gab es massive Proteste – die in einer Kehrtwende resultierten: „Ich habe anerkannt, dass die Bevölkerung manchmal anders denkt. Als Bürgermeister muss man eine Meinung haben und eine Richtung vorgeben – aber ich bin nicht beratungsresistent.“
Für einige „Sorgenkinder“ fand Groll eine Lösung
Auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten musste er ein paar weitere Entscheidungen treffen, die vernünftig waren – die aber auch gleichzeitig den Abschied von liebgewonnenen Dingen bedeuteten: So schloss er beispielsweise den Kindergarten Speckswinkel aufgrund mangelnden Nachwuchses.
Doch eigentlich ist Groll eher jemand, der aufbauen und entwickeln möchte: So fand er in Hephata die Losung fur das marode Deutsche Haus, brachte wieder Leben in den Bayerischen Hof oder gestaltete den Rabenauplatz komplett um. Gleiches gilt für die Kirmes, die Kinder- und Jugendarbeit oder die Kindergartenlandschaft. „Zudem war es mir immer wichtig, bürgerschaftliches Engagement zu fördern“, sagt der 46-Jährige und ergänzt: „Für die Erfolgsgeschichte von Mengsberg bei .Unser Dorf hat Zukunft‘ habe ich ja aktiv nicht viel getan – aber die Menschen zu unterstützen und das alles mitzuerleben, war schon toll.“
Als weiteren Höhepunkt seiner Amtszeit bezeichnet er das Neustadt-Treffen 2011, bei dem die Stadt Gastgeber war: „Ein bleibendes Ereignis.“ Zudem freut sich Groll noch immer über die Aufnahme in das Förderprogramm „Soziale Stadt“, das große Chancen biete. Besonders liebgewonnen hat er zudem die von ihm initiierten zeitgeschichtlichen Veranstaltungen, bei denen unter anderem die ehemaligen Politprominenten Dr. Bernhard Vogel, Sabine Bergmann-Pohl, Eberhard Diepgen oder Erwin Teufel in Neustadt sprachen – nicht zu vergessen die Gastspiele von Hans Eichel oder Fußballweltmeister Horst Eckel. Dabei kann Groll auch hervorragend sein Talent als Redner und Moderator ausspielen.
Eher ungern erinnert er sich an die Starkregenereignisse zurück, nach denen Teile der Stadt unter Wasser standen. „Eigentlich weiß jeder, dass die Kommune dafür nichts kann. Aber es ist schade, wenn man nicht richtig helfen kann, außer mit kleinen Dingen. Zum Beispiel stellten wir keine Rechnungen für Feuerwehreinsätze. Dennoch ist man eigentlich hilflos und kann dem Problem nicht
richtig an die Wurzel gehen.“ Inaktiv blieb der Rathauschef danach aber auch nicht – jüngst erreichte ihn sogar die Nachricht, dass das Land 10 000 Euro zur Verfügung stellt, damit die Neustädter ihr Hochwasserschutzkonzept überprüfen lassen können.
Groll will weiter den Weg der Gemeinsamkeit gehen
Als Ziele für die kommenden Jahre gibt Groll neben den Großprojekten Neubau des Hauses der Begegnung und Sanierung des Freibades aus, die Stadtteile ins Dorfentwicklungsprogramm zu hieven, die Entwicklung Neustadts zur Wohnstadt voranzutreiben und mehr Leben in Dorfgemeinschaftshäuser zu bringen. Außerdem plant er, eine neue Nutzung für den ehemaligen Momberger Kindergarten zu finden oder Leerstände in den Ortskernen zu bekämpfen. Und das alles am liebsten weiterhin als Gemeinschaft, als die sich die Stadtpolitik inzwischen bezeichnen lässt. Weit über 90 Prozent aller Entscheidungen trafen die Stadtverordneten in den vergangenen Jahren einstimmig – und das liegt nicht daran, dass die Bürgervertreter keine eigene Meinung haben. Groll versteht es einfach, auch auf die Opposition einzugehen, ihre Meinung zu akzeptieren und Anregungen und Vorschläge als solche anzusehen und einzupflegen. Wobei er sich durchaus bewusst ist: „Alle zufriedenzustellen – das funktioniert nicht. Ich muss immer das Gesamtwohl der Kommune sehen und ihre Interessen vertreten – auch wenn das manchmal mit persönlichen Interessen der Menschen differiert.“ Sein Fazit, das er zurecht ziehen kann: „Ich glaube, die letzten zehn Jahre waren gute Jahre für Neustadt.“ Und da ihm der „Job“ weiterhin Spaß macht, wundert es auch nicht, dass er sich in zwei Jahren erneut zur Wahl stellen will.
Hans-Gerhard Gatzweiler (Fraktionsvorsitzender SPD):
Die Zusammenarbeit ist sehr gut. Thomas Groll hat das Konzept der frühzeitigen Information und Beteiligung ausgebaut und zeigt Offenheit, auch Hinweise und Vorschläge anzunehmen. Früher war das anders. Ich hätte ihm nicht die Flexibilität zugetraut, sich umzustellen -aber er hat sich gut entwickelt. Groll ist ein hervorragender Netzwerker, der seine Verbindungen zum Wohl der Stadt einsetzt. Ab und zu wünschen sich die Menschen, dass er auch mal ohne Anlass offen auf sie zugeht – aber er ist eben noch kein Bierzeltpolitiker. Vielleicht schafft er es ja, in Zukunft auch mal locker den Kontakt zu den Menschen zu finden. Ich wünsche ihm viel Kraft und Gesundheit und dass er neben der Arbeit weiterhin Freude an der Familie findet – und seinen Stil beibehält und nicht aus wahltaktischen Gründen verändert.“
Manfred Hoim (Vorgänger als Bürgermeister): Thomas Groll beherrscht das Geschäft und hat sehr viele kreative Ideen, die er umsetzt. Bei den Finanzen hat er aber auch ein bisschen Glück gehabt, dass sich die Erstaufnahmeeinrichtung so positiv auswirkt. Er hat einen guten Job gemacht, sodass die Bevölkerung den Weg weitestgehend mitgegangen ist. Mein Wunsch an ihn ist, dass er gesund bleibt, die Stadt weiterhin voranbringt und das Ohr immer nah am Bürger hat.
Klaus Groll (Ortsvorsteher und ehemaliger städtischer Mitarbeiter): Thomas Groll ist ein sehr intelligenter, fachkundiger Mensch, der das Amt als Bürgermeister hervorragend ausfüllt. Er weiß genau, was er will – das muss er aber auch, denn wenn er auf jeden hören wollte, dann könnte er einpacken. Außerdem ist er ein hervorragender Redner, hat tolle kulturelle Veranstaltungen auf die Beine gestellt und hochkarätige Gäste nach Neustadt geholt – und weiß es wie kein anderer, Fördertöpfe anzuzapfen. Ich wünsche ihm, dass er weiter so viel Elan an den Tag legt und die Stadt weiterhin so gut führt.
ElkeTrieschmann (Vorzimmerdame): Die Zusammenarbeit ist sehr harmonisch – auch wenn Thomas Groll natürlich ein junger Chef ist, der alles immer am liebsten gleich erledigt hätte, wenn es angesprochen wurde. Es ist sehr angenehm, für ihm zu arbeiten macht viel Spaß. Außerdem hat er für Neustadt viel erreicht. Ich wünsche ihm alles Gute, eine stabile Gesundheit und dass er alle Aufgaben weiterhin zum Wohle der Stadt meistert.
Franz-W. Michels (CDU-Fraktionsvorsitzender): Die vergangenen zehn Jahre mit Thomas Groll an der Spitze waren ein Glücksfall für Neustadt. Er hat viel bewegt und in der Stadt hat sich viel getan. Die Art, wie er regiert und an Fördergelder kommt, ist beeindruckend. Man merkt zudem, dass er Neustädter ist und sich mit der Stadt verbunden fühlt. Ich bin froh, dass er sich seinen Berufswunsch, Bundeskanzler zu werden, nicht erfüllt hat und hoffe, dass er noch viele Jahre Bürgermeister von Neustadt ist.
Karsten Gehmlich (Fraktionsvorsitzender der FWG): Thomas Groll wirkt wie jemand, der als Bürgermeister sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Dies gelingt nur wenigen Menschen und dazu kann man ihm nur ganz herzlich gratulieren. Es freut mich zu sehen, wie er seine langjährigen politischen Kontakte zum Wohle Neustadts nutzt. Für die Zukunft wünsche ich ihm weiterhin ein offenes Ohr für die Anliegen der Neustädter Bürger, gute Berater und ein glückliches Händchen bei seinen politischen Entscheidungen.