Stadtverordnete stimmen Bürgschaft für Mengsberger zu
Das „Ja“ zur Übernahme der Bürgschaft für die Mengsberger Bioenergiegenossen war nur eine Entscheidung, die Neustadts Stadtverordnete am Montagabend während ihrer Sitzung trafen.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. „So ausgiebig wie über diese Magistratsvorlage hatten wir noch nie diskutiert“, berichtete CDU-Vorsitzender Franz-W. Michels über die Gespräche, die seine Fraktionsmitstreiter über die Gewährung einer Bürgschaft führten. Prinzipiell finde er gut, dass die Mengsberger ein Nahwärmenetzbauten, das an die geplante Solarthermieanlage anschließe. Allerdings hießen nicht alle CDU-Mitglieder den Weg gut: „Schließlich geht es um 3,5 Millionen Euro, für die die Stadt geradestehen soll.“ Inzwischen seien die Christdemokraten jedoch mehrheitlich davon überzeugt, dass das Risiko nicht so groß sei, wie ursprünglich befürchtet.
Eigentlich gebe es nur ein theoretisches Restrisiko, ergänzte Hans-Gerhard Gatzweiler, der Vorsitzende der SPD – er könne sich allerdings nicht vorstellen, dass plötzlich zahlreiche Mitglieder der Genossenschaft den Rücken kehren würden und das Projekt schlagartig unwirtschaftlich wäre. Vielleicht sei es nicht so sinnvoll, sich von einer Firma beraten zu lassen und dieser dann den Gesamtauftrag für das Großprojekt aus Solarthermieanlage und Nahwärmenetz zu übertragen: „Viessmann kann es sich aber eigentlich nicht leisten, ein solches Pilotprojekt in den Sand zu setzen – schließlich erwartet das Unternehmen deutschlandweit Nachfolgeaufträge.“
Am Ortsausgang von Mengsberg in Richtung Wiera soll in der Gemarkung „In den Beetengärten“ ein 3 500 Quadratmeter großes Solarthermiefeld – das größte Deutschlands – entstehen, dessen Wärme über ein rund 9,5 Kilometer langes Nahwärmenetz in bisher 154 Gebäude fließen soll.
So lautet der Plan der Genossen, den sie in enger Zusammenarbeit mit Planern von Viessmann in Allendorf erstellt und in jahrelanger Feinarbeit ausgearbeitet haben. Eine Machbarkeitsstudie hatte ergeben, dass eine Nahwärmeversorgung für den Neustädter Stadtteil wirtschaftlich sei. Zudem hatten ein finanzierendes Geldinstitut und der Genossenschaftsverband einen auf 20 Jahre ausgerichteten Businessplan abgesegnet.
Stadt bekommt im Notfall das Wärmenetz übereignet
Momentan gehen die Mengsberger von Investitionen in Höhe von 6,32 Millionen Euro aus. Sie erwarten Zuschüsse in Höhe von 1,46 Millionen Euro, des Weiteren beläuft sich die Genossenschaftseinlage derzeit auf rund 610000 Euro – womit sich ein Eigenkapital der Genossen von rund 2,1 Millionen Euro ergibt. Entsprechend müssten sie 4,24 Millionen Euro finanzieren. Die Stadt müsste für 80 Prozent des Betrages bürgen, was rund 3,5 Millionen Euro wären.
Dafür kommt die Kommune in den Genuss einer sogenannten Avalprovision, die sich auf 0,5 Prozent der Bürgschaftshöhe beläuft und 17 500 Euro im Jahr ergibt. Die Stadt plant,
diesen Betrag mit Energielieferungen für die an das Nahwärmenetz zukünftig angeschlossenen Liegenschaften wie das Hallenbad zu verrechnen. Tritt der unter anderem von den CDU- und SPD-Fraktionsvorsitzenden als eher unwahrscheinlich eingestufte Fall ein, dass die Bürgschaft tatsächlich in Anspruch genommen werden muss, bekommt die Kommune das – frühestens Ende 2016 betriebsbereite – Nahwärmenetz und die dazugehörigen Abnahmeverträge übereignet.
Bürgermeister Thomas Groll als Aufsichtsratsmitglied sowie die CDU-Mitglieder Karlheinz Kurz und Klaus Schwalm als Mitglieder des Vorstandes mussten während dieses Tagesordnungspunktes den Sitzungssaal verlassen. Die Entscheidung für die Übernahme der Bürgschaft fiel einstimmig aus – lediglich Joachim Rausch und. Walter Schmitt (beide CDU) enthielten sich der Stimme.
Hoffnung auf Förderung der Zusammenlegungen
Thomas Groll teilte den Stadtverordneten mit, dass er vom Hessischen Innenministerium die Zusage erhalten habe, dass das Land die Zusammenführung der Kindergärten Mengsberg und Momberg beziehungsweise der Grundschulstandorte (die OP berichtete mehrfach) über die interkommunale Zusammenarbeit fördern wolle. Noch sei nicht klar, wie hoch die Unterstützung ausfalle – im Regelfall beliefen sich die Mittel auf 50 000 Euro, erklärte der Rathauschef. Diesen Betrag würden sich Kommune und Kreis dann teilen. Die Stadtverordneten stimmten einem entsprechenden, aus Zeitgründen vorerst mündlich vorgelegten Beschluss, einstimmig zu.
H Die Neustädter segneten außerdem mehrere baurechtliche Veränderungen ab, zum Beispiel die Änderung eines Flächennutzungsplanes für das Gebiet „Vor dem Momberger Wald“, das künftig keine landwirtschaftliche Fläche ist, sondern eine Abgrabungsstätte.
Der Bürgermeister berichtete den Stadtverordneten zudem, dass der Kreis den ein Defizit von 240 000 Euro ausweisenden Haushaltsplan 2015 und die Einsparungsbemühungen der Neustädter in den vergangenen Jahren anerkannt habe.