Statt 50 000 Euro frisst die Umgestaltung der Grundschule Momberg zum Kindergarten nun 200 000 Euro
Es sei immer deutlich schwieriger, Gebäude um- statt neu zu bauen, sagte Neustadts Bürgermeister Thomas Groll und ärgerte sich über einen fehlgeschlagenen „Blick in die Glaskugel“.
von Florian Lerchbacher
Momberg. Statt der ursprünglich geschätzten 50 000 Euro kostet der Umbau der Grundschule Momberg zum Kindergarten rund 200 000 Euro. Nun bestehe die Gefahr, dass Kritiker der Zusammenführung der Kindergärten Mengsberg und Momberg den Politikern vorwerfen, sie hätten die Kosten schöngerechnet, um den Widerstand zu verringern, sagte Hans- Gerhard Gatzweiler (SPD). Bürgermeister Thomas Groll (CDU) nahm die Kritik an, versicherte aber, dass nichts schöngerechnet worden sei. Viel eher sei der Blick in die Glaskugel schiefgegangen: „Es ist immer problematisch, wenn man Gebäude nicht neu baut, sondern verändert.“ Beste Beispiele seien die Stadthalle Marburg und das Stadtallendorfer Hallenbad, wo die Kosten im Laufe des Umbaus ebenfalls stiegen. „Wir wollen es beim nächsten Mal besser machen“, betonte er.
„Was wir uns mit laienhaftem Verstand vorstellen, passt eben oft nicht zu den Einschätzungen von Behörden“, ergänzte Gatzweiler und förderte, in Zukunft vor Entscheidungen genauestem zu recherchieren und zu planen, um vor unangenehmen Überraschungen wie dieser gefeit zu sein.
Nachdem die Idee aufgekommen war, nur noch den Grundschulstandort Mengsberg zu nutzen und auch die Kindergärten von Mengsberg und Momberg zusammenzulegen, hatte sich die Stadt im Herbst das Schulgebäude in Momberg angeschaut. Damals war sie der Annahme, dass vornehmlich Arbeiten im Sanitärbereich – zum Beispiel bei der Anzahl der Toiletten – notwendig seien. „Ansonsten ging man davon aus, dass keine größeren Arbeiten anstünden, da das Gebäude derzeit als Grundschule für sechs- bis elfjährige Kinder genutzt wird und eine Nutzungsänderung von Schule in Kindergarten aus damaliger Sicht wohl relativ problemlos durchgeführt werden dürfte“, heißt es in einer Magistratsvorlage.
Im Nachgang musste die Stadt feststellen, dass diese Annahme falsch war. Zum einen müssen aufgrund des neuen Hessischen Kinderförderungsgesetzes für bestehende Kindertagesstätten zum 1. August neue Betriebserlaubnisse beantragt werden.
Zum anderen weiche die Genehmigungspraxis von bisher Bekanntem ab, sagte Groll und verwies auf Brandschutz, Fluchtwege und den sanitären Bereich. Als Nächstes bekam die Stadt die Nachricht, dass sie das Dorfgemeinschaftshaus nicht für Turnangebote nutzen darf und im Kindergarten mithin einen Bewegungsraum einplanen muss. Entsprechend setzte der Kämmer für das Jahr des Umbaus einen Investitionsrahmen von 100 000 Euro fest.
Doch auch das sollte nicht reichen, wie die Neustädter im Laufe des Jahres 2015 feststellen mussten. Nach einer Ortsbegehung forderten die Behörden (Fachdienst Kindertagesstätten, Brandschutzamt, Gesundheitsamt, Unfallkasse) Notausgänge in den Gruppen, einen zusätzlichen Schlafraum, ein Büro für die Leitung und Sicherheitsvorkehrungen im Außenbereich. Daraus resultieren weitere Arbeiten: Zum Beispiel müssen Heizkörper umgesetzt werden, da sie sonst die Fluchtwege blockieren. Durch die geänderte Raumkonzeption passt auch die vorgesehene Küche nicht mehr. Des Weiteren muss eine Warmwasserzufuhr in den Sanitärbereich gelegt werden, da dieser bisher auch fehlt. Zudem ist für den Hygieneschutz eine neue thermische Desinfektion der Wasserversorgung notwendig.
Als Letztes gilt es, die Einrichtungsgegenstände „zu ergänzen“ – da das vorhandene Material in Momberg zum Teil Jahrzehnte alt ist und in einer, so die Stadt, „neuen, zukunftsweisenden Kindertagesstätte“ kein Patchwork entstehen soll.
Zu allem Überfluss ist der Umbau nur in den Sommerferien möglich, was die Auswahl der Firmen reduziert. So kommen insgesamt 190 000 Euro an Bau- und Baunebenkosten zusammen. Weitere 10 000 Euro plant die Stadt für „Unvorhergesehenes“ ein.
Kreis und Stadt haben für die Zusammenlegung von Kindergarten beziehungsweise Schule Fördermittel beantragt und rechnen mit 50 000 Euro an Unterstützung, die sie – so der Vorschlag der Neustädter – gemäß der Kosten teilen.
„Wenn ich resümiere, wäre es richtig gewesen, gleich von 100 000 oder 120 000 Euro auszugehen. Das mit Küche oder Bewegungsraum hätten wir aber auch so nicht gewusst“, sagte Groll. Die Stadt war davon ausgegangen, dass sich die Investitionskosten durch die Zusammenlegung und die daraus resultierenden Einsparungen von etwa 40 000 Euro per annum innerhalb von einem Jahr amortisiert haben – nun dauert es fünf Jahre.