Eine Arche Noah für alte Obstsorten

Das erste Apfelfest in Momberg gab einen Einblick in die vielfältige Welt der Streuobstwiesen
Artenreichtum inmitten der meist kultivierten Landschaft: Streuobstwiesen bilden eine vielfältige Oase und wurden beim ersten Momberger Apfelfest thematisiert.
von Karin Waldhüter
Momberg. Besser hätte das Wetter an diesem sonnigen Herbstsonntag kaum sein können: Ein fast wolkenloser blauer Himmel und angenehm warme Temperaturen lockten schon zu Beginn des Apfelfestes rund 60 Besucher zur Streuobstwiese an der Speckswinkler Straße. Die Umwelt- und Naturschutzgruppe Momberg, sie zählt acht bis zehn Mitglieder, bewirtschaftet und betreut die Wiesen.
Die Bäume sind etwa 100 Jahre alt
Gemeinsam mit dem Heimat- und Verschönerungsverein Momberg, dem Jugendclub und dem Ortsbeirat Momberg veranstaltete die Gruppe erstmalig das Fest, das mit einer Führung durch die Streuobstwiesen begann. „Wie alt die Streuobstwiese ist, ist nicht bekannt“, erläuterte Michael Krieger, der Vorsitzende der Umwelt- und Naturschutzgruppe. Das Alter der rund 70 Bäume schätzte Kieger auf etwa 100 Jahre.
Zwischen 25 und 30 unterschiedliche Sorten, darunter auch alte Birnensorten, finden sich hier. Gemeinsam mit Marius Ramb führte Krieger die Gäste über die Wiese und ging dabei auch auf die ökologische Bedeutung und den Artenreichtum näher ein. Mit bis zu 5000 Tier- und Pflanzenarten zählen Streuobstwiesen zu den artenreichsten Lebensräumen und sind wichtig für die biologische Vielfalt. Die unterschiedlichen Pflanzenarten locken viele Tierarten an: Insekten, kleine Säugetiere und Amphibien leben hier. Die Wiese wird nicht gemäht, sondern ein bis zweimal im Jahr landwirtschaftlich beweidet.
Die verstreut stehenden Obstbäume und das liegen gelassene Totholz bieten verschiedenen Tierarten Unterschlupf. „Streuobstwiesen gelten als artenreich, einer Pflanzenart folgen zehn Tierarten nach, allerdings gilt das System als sehr bedroht und muss oft Bauland weichen“, verdeutlichte Ramb. Der Begriff Streuobstwiese gehe auf eine alte Nutzung der Blätter zurück. „Früher haben die Bauern die Blätter als Einstreu für den Stall genutzt“, erklärte Ramb. Gerade alte Sorten wie zum Beispiel der Ontario, erklärte Krieger und deutete auf einen Baum in der Nähe, seien unscheinbarer, aber enthielten viel Vitamin C. Aufgehängte Nistkästen und ein Insektenhotel auf der Wiese bieten zusätzlichen Unterschlupf für Vogelarten und Insekten.
Äpfel gibt es in diesem Jahr allerdings eher weniger. „Viele Insekten, die zum Bestäuben der Blüten benötigt werden, haben den starken Frost zu Beginn des Jahres nicht überlebt“, erklärt Krieger den interessierten Besuchern.
Für die Zukunft plant die Naturschutzgruppe eine weitere Streuobstwiese, in direkter Nachbarschaft am „Kirschborner Feld“, mit zehn alten Apfelsorten, die besonders schmackhafte Früchte tragen. Zudem sollen die Bäume nach und nach „auf Vordermann“ gebracht und wieder gepflegt werden.
Für eine besondere Freude unter den vielen Kindern sorgte Hermann Josef Schmitt, der mit Hilfe eines langen Stocks Äpfel auf die Erde regnen ließ. Diese wurden schnell von den Kindern eingesammelt und anschließend zu frischem Saft verarbeitet. Zur späteren Sortenbestimmung konnten auch eigene Äpfel von zu Hause mitgebracht werden.