Erster massiver Zwischenfall löst Reaktionen aus

Rund 30 Beteiligte bei Schlägerei in der Erstaufnahmeeinrichtung Behörde will Situation beobachten

von Michael Rinde

Neustadt. Wie es am Donnerstag gegen 23.30 Uhr zu der massiven Auseinandersetzung in der Erstaufnahmeeinrichtung kam, muss die Polizei noch ermitteln. Bei dem Vorfall wurden auch vier Handys und Geld gestohlen. Wie Polizeisprecher Jürgen Schlick auf Anfrage am Freitag erläuterte, war es der erste größere Zwischenfall in der früheren Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne. Etwa 30 Asylbewerber waren daran beteiligt. Die Zahl der an der Schlägerei beteiligten Bewohner machte einen größeren Polizeieinsatz erforderlich. Welche Straftatbestände letztlich im Raum stehen, müssen die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft ergeben.

Sieben Streifenwagen, nach Recherchen der OP unter anderem aus Stadtallendorf, Marburg, dem Schwalmstädter Raum und Alsfeld waren in Neustadt vor Ort. Es war schon lange vor Eröffnung der Erstaufnahmeeinrichtung klar, dass Einsätze wie dieser nur mit Verstärkung aus anderen Polizeidirektionen zu bewältigen sind. Im Ostkreis sind im Regelfalle abends und in der Nacht lediglich zwei Streifenwagen-Besatzungen verfügbar.

Seit der Ankunft der ersten Asylbewerber am 21. Mai hatte es lediglich kleinere Konflikte in den bisher drei Unterkunftsgebäuden gegeben. Vor einer Woche hatte die OP entsprechend darüber berichtet.

Mit den Zuständen in der zentralen hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen bleibt die Lage in Neustadt nach den ersten Erfahrungen nicht vergleichbar. In Gießen wurde nach Zwischenfällen in beinahe jeder Nacht das Sicherheitspersonal immer wieder massiv verstärkt.

„Wir haben immer offen kommuniziert, dass man solche Ereignisse wie am Donnerstagabend in Neustadt nicht ausschließen kann“, sagte Gabriele Fischer, Sprecherin des Regierungspräsidiums (RP) Gießen, am Freitag gegenüber dieser Zeitung.

Natürlich werde die Situation in der Unterkunft genau beobachtet. „Aktionismus“ sei aber nicht sinnvoll.

Angesichts der weiter steigenden Flüchtlingszahlen ist das Regierungspräsidium auf jeden freien Platz in einer Unterkunft angewiesen. Aktuell sind rund 1 000 Flüchtlinge bereits in Zelten untergebracht, unter anderem in Wetzlar. Bis zum Herbst soll es in der Neustädter Erstaufnahmeeinrichtung 800 Plätze geben. 486 Menschen leben, Stand Freitag, bisher dort. Damit kommt die Einrichtung langsam an ihre vorläufige Kapazitätsgrenze, so lange noch nicht alle Gebäude bereitstehen. „Es gibt aber auch Übergrifflichkeiten, die passieren unabhängig I von der Zahl der dort untergebrachten Menschen“, sagt RP-Sprecherin Fischer unter Bezug auf den Vorfall von Donnerstagabend, allerdings ohne weitere Einzelheiten nennen zu wollen.

Neustadts Bürgermeister Thomas Groll erfuhr am Freitagmorgen ebenfalls von dem Vorfall, Die Polizei habe ja angekündigt, die Situation sorgfältig zu beobachten. „Dieser Vorfall wird sicherlich in die Zwischenbilanz einfließen müssen“, sagt Groll.

Er verweist aber auch darauf, dass es bisher in Neustadt ruhig zugegangen ist, seit die Erstaufnahmeeinrichtung besteht, abgesehen von einzelnen Beschwerden über Ruhestörungen und Problemen im Bürgerpark.

Gleichwohl hatte Neustadts Bürgermeister weit im Vorfeld ein Sicherheitskonzept gefordert, das auch eine Verstärkung der Polizeistation Stadtallendorf umfasst. Dieser Ansicht sei er natürlich nach wie vor.

„Es ist auch die Frage, was wir unseren Polizeibeamten auf Dauer zumuten können“, betonte Groll am Freitag gegenüber der OP.

Über Grolls klaren Forderungen war es im Mai sogar zum Konflikt mit Polizeipräsident Manfred Schweizer gekommen.