Regenrückhaltebecken an verschiedenen Stellen rund um Neustadt würden über drei Millionen Euro kosten
Während der Beantwortung einer großen Anfrage der SPD zum Thema Hochwasser betonte Bürgermeister Thomas Groll: Wenn die Stadt zu „baulichen Maßnahmen“ greift, dann nur zum Schutz für alle Bürger.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Die Überschwemmungen am 5. August rund um die Nellenburgstraße waren schlimm, daran besteht kein Zweifel. Allerdings war es nicht das erste Mal, dass ganze Straßenzüge von Wassermassen verwüstet wurden: Vor drei Jahren hatte es vornehmlich das Heidental und die Innenstadt betroffen.
Inzwischen hat sich einiges getan: Die Stadt ließ eine Studie rund um den Hochwasserschutz erstellen, die zeigte, dass Investitionen in Regenrückhaltebecken den besten Schutz bieten, jedoch auch Kosten in Millionenhöhe verursachen würden. Angesichts der klammen Kassen entschieden sich die Stadtverordneten, „agrar-strukturelle Maßnahmen“ auszuschöpfen.
Auch dafür holten sie sich professionelle Hilfe: Die Fachmänner vom Institut für Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement der Uni Gießen rieten den Landwirten, auf den Anbau von Hackfrüchten zu verzichten, den Boden mit Mulchsaat zu bearbeiten und ihre Schläge parallel zum Hang zu bearbeiten. Diese Anregungen scheinen zu fruchten: Die Stadtmitte blieb Anfang August jedenfalls von Wassermassen verschont.
Im Einzugsbereich Nellenburg / Otterbach sah es indes ganz anders aus. Als Problem stellte sich der Grabendurch-lass in dem Straßenviadukt unter der Bahnlinie raus, der durch den Starkregen schlicht überlastet war, sodass das Wasser über die Straße in die Stadt strömte. Der Otterbach habe an dieser Stelle ein Einzugsgebiet von sechs Quadratkilometern, sagte Bürgermeister Thomas Groll und versuchte so zu verdeutlichen, dass schlicht zu viel Wasser zu schnell auf das „Nadelöhr“ – den Grabendurchlass -getroffen sei.
Im Zuge der Beantwortung der SPD-Anfrage erläuterte der Bürgermeister, dass die Problemzone mithin hinter der Bahnunterführung beim Viadukt liege. Dort gebe es eine, sich in privatem Besitz befindliche Wiese: „Diese könnte man zum Beispiel tiefer legen oder Wälle darauf anlegen. Allerdings reden wir von einem FFH-Gebiet und Kosten von jenseits der 100 000-Euro-Marke.“
65 bis 85 Prozent Förderung
Laut der nach den Hochwasserereignissen 2011 erstellten Studie würde ein Regenrückhaltebecken in Erdbauweise mit einem Fassungsvermögen von 5 600 bis 7 700 Kubikmetern Größe, ein Schlammfang und Gräben für den Bereich Nellenburgstraße den besten Schutz bieten. Die Kosten beliefen sich auf 610 000 bis 720 000 Euro plus Baunebenkosten in Höhe
von rund 20 Prozent. Sollte sich die Stadtverordnetenversammlung entgegen ihrer bisherigen Haltung für den Bau solcher Anlagen entscheiden, dürfe sie -so Groll – die in der Vergangenheit betroffenen Gebiete keinesfalls außen vor lassen. Die Kosten beliefen sich dann für das „Gesamtpaket Hochwasserschutz“ auf rund 3,1 Millionen Euro, wobei es für solche Projekte zwischen 65 und 85 Prozent Fördermittel gibt.
„Selbst bei einer hohen finanziellen Förderung müsste die Kommune also in erheblichem Maße eigene Mittel aufbringen“, fasste der Bürgermeister zusammen, sprach von mindestens 620 000 Euro zuzüglich der Kosten für den Grunderwerb und erinnerte an die „finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune und die geforderte Haushaltskonsolidierung“. Sprich: Trotz seiner Sorgen um das Wohlergehen der Bürger hält Groll Investitionen in dieser Höhe nicht für tragbar. Die Verwaltung versuche aber, weitere Infos zusammenzutragen. H Eine Frage bezog sich auf die Stromkästen der Kanalpumpenhebeanlage in der Neuen Gartenstraße. Groll teilte mit, von den vom Zweckverband Mittelhessische Abwasserwerke betriebenen Anlagen sei keine Gefahr ausgegangen. Bei dem von Anliegern festgestellten Qualm habe es sich um Wasserdampf gehandelt, der im Sockel der Zähleranschlusssäule durch Berührung von Wasser und erhitztem Kabel entstanden sei.