Bürgermeister brachte Haushaltsplanentwurf ein und freut sich über einen Überschuss von 627.000 Euro
Zum zehnten Male brachte Thomas Groll einen Haushaltsplanentwurf ein – doch so angenehm wie gestern Abend war es noch nie: „Von so einer Haushaltssituation konnten wir lange nur träumen.“
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Ein Plus von 627 000 Euro steht am Ende des Ergebnishaushaltes 2017 – das ist noch einmal eine viertel Million Euro mehr als in diesem Jahr. Der sturmerprobte „Kleine Segler Neustadt“, von dem Bürgermeister Thomas Groll in seinen Haushaltsreden gerne spricht, schippert also erstmals durch ruhigere See. „Es waren durchaus schwere Jahre“, betonte der Rathauschef während der Stadtverordnetenversammlung und erinnerte an ein Defizit von rund 3,4 Millionen Euro und einen Kassenkredit von einer Million Euro, die seit Einführung der doppischen Buchführung im Jahr 2009 auf Neustädter Seite entstanden.
„Gekentert sind wir aber trotzdem nicht“, hob Groll hervor und freute sich, dass sich die finanzielle Situation „grundlegend geändert“ habe. Bei „planmäßigem Verlauf“ erwirtschafte die Stadt nicht nur das erwähnte Plus, sondern sei auch in der Lage, Schulden in Höhe von 431000 Euro zu tilgen. Noch dazu sind Investitionen in Höhe von 1,8 Millionen Euro geplant – für deren Finanzierung die Stadt nicht einmal einen Kredit aufnehmen muss.
Vier Gründe führen laut Bürgermeister zur verbesserten finanziellen Situation: die gute allgemeine wirtschaftliche Lage, die erhöhten Zahlungen des Landes über den kommunalen Finanzausgleich, die durch die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge zum 31. Dezember des vergangenen Jahres stark angewachsene Einwohnerzahl und der damit einhergehende Anstieg der Schlüsselzuweisungen 2017 und der Konsolidierungskurs der vergangenen Jahre. Er wolle den „Kleinen Segler“ nun nicht in eine „Schicki-Micki- Yacht verwandeln, sondern auch zukünftig nur das tun, was für die Weiterentwicklung der Kommune notwendig und finanzierbar ist“, stellte Groll heraus und bezog im OP-Gespräch Stellung zu einer auf fünf Jahre ausgerichteten Stelle, die er in der Verwaltung schaffen will. Die Stadt habe in den vergangenen Jahren mehrere Stellen eingeschränkt oder abgebaut: „Es war klar, dass dann Dinge liegenblieben.“ Nun jedoch sei die Stadt Nutznießer zahlreicher Förderprogramme – mit denen Mehrarbeit einhergehe. Ohne einen weiteren Mitarbeiter sei dies nicht leistbar – und die Neueinstellung sei keine
Abkehr vom Konsolidierungskurs, sondern eben notwendig und gut zu finanzieren.
„Auch die mittelfristige Finanzplanung gibt Anlass zu Optimismus“, sagte Groll und kündigte einen Abbau der Kassenkredite in den Jahren 2019 und 2020 um 300 000 beziehungsweise 350 000 Euro an – ganz so, wie es das Innenministerium für die Zukunft fordere. Gleichzeitig feuerte er in
Richtung Wiesbaden eine kleine Spitze ab: Das Land selbst sei nicht in der Lage, im Herbst 2016 Aussagen dazu zu treffen, was die Kommunen im Jahr 2018 aus dem Finanzausgleich erhalten. Gleichzeitig werde von den Kämmerern verlangt, Aussagen zu den Finanzplanungen der Jahre 2018 bis 2020 zu treffen. Er sei also „mehr oder weniger zum Blick in die Glaskugel angehalten“, was ihm überhaupt nicht gefällt. Ganz ohne Glaskugel kommt er indes beim Blick auf die Investitionen des kommenden Jahres aus. Wenn der der Veränderung weht, suchen manche Schutz im Hafen, während andere Segel setzen“, zitierte Groll in diesem Zusammenhang ein chinesisches Sprichwort und erläuterte, dass es natürlich wichtig sei, im sicheren Hafen zu sitzen und Schulden abzubauen. Gleichzeitig gelte es aber auch, die Zukunft zu gestalten: „Mutig, aber nicht übermütig“ – war das Motto seiner Rede.
740 000 Euro stehen für die Sanierung des Hauses der Begegnung bereit (unabhängig von einer Million aus diesem Jahr). Rund drei Millionen Euro wird das Gesamtprojekt bis 2019 kosten. 2019 und 2020 soll, so Groll, das Freibad für 1,6 Millionen Euro renoviert werden. Beides sei gut finanzierbar, sagte er und verwies darauf, dass gut zwei Drittel der Summe über Fördermittel aufgefangen werden.
Ein weiterer großer Posten (90 000 Euro) ist ein neues Einsatzleitfahrzeug für die Feuerwehr Neustadt Mitte. Zudem will die Stadt für 130000 Euro ein „Naturportal“ einrichten – wofür sie 100 000 Euro an Förderung erhält. Ebenfalls eine große Summe fressen die historischen Gebäude – was allerdings als „Unterhaltung“ läuft: Rund 200000 Euro muss die Stadt in die Fassade des Historischen Rathauses stecken, 20 000 Euro werden für Arbeiten am Fachwerk des Hauses der Vereine sowie 23 000 Euro für den Zollhof Speckswinkel und 10 000 Euro für das Backhaus Mengsberg fällig.
Auf Straßenprojekte verzichtet die Stadt mit Ausnahme eines Fußweges in Speckswinkel. Zunächst sei zu klären, ob es zur Einführung der wiederkehrenden Straßengebühren (die OP berichtete mehrfach) kommt, sagte der Bürgermeister, der in seiner Haushaltsrede auch noch einmal betonte, dass er das Amt „gerne auch über den 30. Juni 2019 hinaus“ bekleiden würde – also seine erneute Kandidatur als Kapitän des „kleinen Seglers“ noch einmal öffentlich erklärte.