Jugend muss Feuerwehr weichen

Umbau der Unterkunft der Brandschützer geplant / Jugendraum wandert in Container
Von Florian Lerchbacher

Speckswinkel. „Ich muss zugeben, dass Speckswinkel in den vergangenen Jahren etwas gebeutelt war“, sagte Bürgermeister Thomas Groll während der Übergabe des Förderbescheides für den Umbau des Feuerwehr-Standortes, erinnerte an die Schließung von Kindergarten, Grundschule und Lebensmittelgeschäft und betonte, dass der Jugendraum auf keinen Fall aus dem Ort verschwinden dürfe.

Warum der Rathauschef den Jugendraum mit dem Ausbau des Feuerwehrsdtandortes in Verbindung steht? Weil beide im Zollhof sitzen, der Jugendraum allerdings aufgrund des Ausbaus der Feuerwehrheimat aus dem Gebäude verschwinden muss. „Wir bemühen uns aber um Ersatz“, betont Ortsvorsteher Karl Stehl, berichtet, dass die Einrichtung gut frequentiert wird und ergänzt, dass vorerst ein Container als Zwischenstandort fungieren soll. Für die Zeit danach habe er auch schon eine Alternative im Blick – Details möchte er aber noch nicht nennen.

Doch zurück zur Feuerwehr: Im kommenden Jahr will die Stadt aus dem Jugendraum einen Umkleidebereich für die Einsatzkräfte – 24 Männer und 4 Frauen – machen und außerdem im Zollhof einen Werkstattraum einrichten. Mit dem Umbau werde eine dringende Empfehlung der Unfallkasse Hessen umgesetzt, denn bisher war die „Schwarz-weiß-Trennung“ nicht gegeben. Will heißen, dass – wie früher üblich – sich die Umkleiden noch in der Fahrzeughalle befinden. 130 000 Euro soll dieser Umbau kosten. Das Land fördert das Projekt zu 90 Prozent, zahlt also 117 000 Euro.

Eine Umsetzung noch in diesem Jahr sei aufgrund der Auslastung von Bauhof und Baufirmen nicht möglich, hob Groll während der Bescheidübergabe durch Dr. Martin Worms, Staatssekretär aus dem Hessischen Finanzministerium, hervor. Nichtsdestotrotz ist die Vorfreude groß bei Speckswinkels Wehrführer Marco Stegner, der den Gast aus Wiesbaden durch die Räume der Feuerwehr führte.

Dabei berichtete er insbesondere über die Nachwuchsarbeit der Speckswinkler Brandschützer – die als erste im Neustädter Stadtgebiet eine Kinderfeuerwehr gegründet hatten und auch über eine Jugendfeuerwehr verfügen. Letztere leide derzeit allerdings etwas unter Mitgliedermangel, sagte Stegner. Der Grund dafür ist jedoch ein schöner, denn jüngst seien einige Nachwuchsfeuerwehrleute in die Einsatzabteilung gewechselt – die in Sachen Tagesalarmstärke mit der Kernstadt kooperiert.

Der geplante Tag der offenen Tür, den die Speckswinkler ausrichten wollen, um Nachwuchs zu gewinnen, fiel der Corona-Pandemie zum Opfer – soll aber noch in diesem Jahr nachgeholt werden. Und auch die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nimmt nach einer pandemie-bedingten Unterbrechung langsam wieder Fahrt auf: „Wir wollten aber erst den Schulstart abwarten und schauen, wie es dort läuft“, erklärt Stadtbrandinspektor Frank Bielert, warum Aktionen der vergangenen Wochen nur virtueller Natur waren.

Speckswinkel ist zwar der kleinste Neustädter Stadtteil, aber auch der älteste. Und die Heimat der Feuerwehr sei eine ganz besondere, stellte Stehl heraus: Beim Zollhof handele es sich um eine ehemalige Zoll- beziehungsweise Pferde-Wechsel-Station, die auf der Handelsstraße Kassel-Frankfurt lag. Manchmal würde er sich wünschen, diese Geldquelle gebe es noch, scherzte der Ortsvorsteher. Im Fall des Feuerwehrhauses darf nun eben das Land als Geldquelle herhalten. „Feuerwehren liegen der Landesregierung besonders am Herzen. Der Brandschutz ist Musterbeispiel ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagements“, sagte Worms und ergänzte: „Man kann diesen Einsatz nicht hoch genug bewerten. Das Ehrenamt ist der Kit der Gesellschaft.“

Der Staatssekretär betonte, durch die Hessenkasse könnten 700 Millionen Euro in die kommunale Infrastruktur gepumpt werden. Die Stadt Neustadt bekommt aus dem Förderprogramm insgesamt 2,4 Millionen Euro. Übrigens plant die Kommune auch schon die nächste Großinvestition für Speckswinkel, die voraussichtlich im Jahr 2022 oder eben 2023 mit rund 130 000 Euro zu Buche schlägt. Schon jetzt ist sicher, dass Bürgermeister Groll dann wieder mit aufgehaltener Hand in Wiesbaden steht und die obligatorischen Fördermittel einfordert.