Neustadt strebt aus Kostengründen den Beitritt zum Müllabfuhrzweckverband Biedenkopf an
Aus Kostengründen soll der Müllabfuhrzweckverband auch in Neustadt tätig werden. Sorgen um die Entsorgung mach sich Bürgermeister Thomas Groll trotz der Negativschlagzeilen nicht.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Die Stadt Neustadt möchte die Abfallentsorgung abgeben. Ende des Jahres läuft ihr Vertrag mit ihrem bisher beauftragten Dienstleister aus. Eine Verlängerung scheint nicht infrage zu kommen, da – wie Bürgermeister Thomas Groll berichtet – das Unternehmen mögliche Preissteigerungen von bis zu 30 Prozent angekündigt habe. „Mindestlohn, Lohnsteigerungen, Investitionen in Fahrzeuge und Geräte, die Marktstruktur generell“, zählt der Rathauschef mögliche Gründe dafür auf und zeigt Verständnis dafür, dass mit den Kosten auch die veranschlagten Preise steigen.
Diese Ankündigung veranlass- te die Neustädter jedoch, sich nach möglichen Alternativen für Restmüll, Bioabfall und Altpapier umzuschauen. „Außerdem werden die Anforderungen immer spezieller: Man muss zahlreiche Verordnungen kennen, Sitzungen besuchen – das sind ganz schöne Herausforderungen für eine kleine Verwaltung wie die unsrige“, erklärt Groll, der aber auch schon eine Lösung parat hält: den Beitritt zum Müllabfuhrzweckverband Biedenkopf (MZV) zum 1. Januar 2019 (spätestens aber zum 1. April). Hauptgrund für den geplanten Wechsel sei, dass die meisten Bürger in Zukunft weniger zahlen müssten – oder zumindest nicht mehr, so Groll: „Bei Ausschreibung eines großen Gebiets können wesentlich bessere Ergebnisse erzielt werden als bei kleinen, autarken Kommunen.“ Noch dazu sei davon auszugehen, dass aufgrund der erst im vergangenen Jahr erfolgten Ausschreibung zumindest für die kommenden Jahre Gebührenstabilität beim MZV bestehe.
Angst davor, dass die Entsorgungssicherheit nicht gewährleistet sein könnte, hat Groll trotz der Negativschlagzeilen der vergangenen Wochen nicht: „Das sind normale Startschwierigkeiten, die es gibt. Es sind ja schließlich auch viele Bürger, bei denen der Zweckverband den Müll abholt. Die Probleme werden sich legen.“ Noch dazu könnte ja auch, wenn die Stadt die Hoheit über die Entsorgung behalten würde, ein anderes Unternehmen als das bisherige die Ausschreibung gewinnen: „Und dann hätten wir auch das Problem, dass der neue Müllentsorger die Stadt erst mal kennenlernen und sich auf Neues einstellen müsste.“
Allerdings müssten sich die Bürger auch auf Veränderungen einstellen: In Neustadt wird Restmüll alle drei Wochen abgeholt. Der MZV bietet nur einen zwei- und einen vierwöchigen Rhythmus an. Ähnlich sieht’s beim Biomüll aus: Neustadt holt diesen in den wärmeren Monaten alle zwei Wochen, im Winter aber nur alle drei Wochen ab.
„Das geht aber auch, wie die Erfahrungen zeigen. Die Neustädter müssen sich keine Gedanken machen, dass es in der Stadt irgendwann unerträglich stinkt.“
Groll will die Thematik besonders über die Preis-Schiene an- gehen und rechnet anhand einer 80-Liter-Tonne für Restmüll und einer 240-Liter- Tonne für Biomüll vor: Beim Zweckverband müssen Bürger 60 Euro im Jahr für die Entsorgung des Biomülls berappen, für den Restmüll kommen noch einmal rund 107 Euro (Abholung alle vier Wochen) beziehungsweise rund 144 Euro (alle zwei Wochen) hinzu. Die Summe sei beide Male billiger als die Preise, die die Stadt derzeit aufruft (113 Euro für Restmüll-Entsorgung alle drei Wochen plus 101 Euro für den Biomüll). Noch dazu sei zu bedenken, dass die bisher aufgerufenen Preise aufgrund der vom Entsorger angekündigten Steigerungen ansteigen würden.
Restmülltonnen mit einem Fassungsvermögen von 60 Litern bietet der MZV im Gegensatz zur Stadt nicht an. Nutzern dieser Tonnen rät Groll daher, den Vier-Wochen-Rhythmus zu buchen – dann hätten auch sie eine kleine Ersparnis.
Beim Sperrmüll wird‘s definitiv billiger: Bisher müssen die Neustädter die Abholung per Karte beantragen und 30 Euro berappen. Beim MZV gilt es ebenfalls, die Entsorgung zunächst per Karte in Auftrag zu geben. Zwei Abholungen im Jahr sind jedoch kostenlos – noch dazu sind zehn Kubikmeter Sperrmüll genehmigt, während die Stadt maximal drei Kubikmeter abholt.
„Position der Stadt ist es, dort Wege der interkommunalen Zusammenarbeit zu gehen, wo dies sinnvoll ist und Vorteile für die Bürgerschaft bietet“, resümiert Groll und ergänzt: „Das ist hier der Fall.“ Der Vorstand des MZV sehe die Bestrebungen der Stadt als „durchweg positiv“ an, berichtet der Bürgermeister. Die Entscheidung durch die Verbandsversammlung, ob Neustadt eintreten darf oder nicht, stehe im Mai an.
Rund 8100 Abfallgefäße für Rest-, Bio- und Papiermüll gibt es in Neustadt. Ein Teil davon muss ausgetauscht oder mit einem Chip versehen werden. „Gegenwärtig ist noch nicht abzusehen, ob dies bis zum 1. Januar 2019 realisiert werden kann“, gibt Groll zu. Ziel sei es zwar, sollte dies aber nicht klappen, werde „die Abfuhr der entsprechenden Abfallfraktionen sichergestellt“. Am Montag treffen die Stadtverordneten in ihrer um 19.45 Uhr im historischen Rathaus beginnenden Sitzung eine Entscheidung, ob Neustadt als 14. Kommune des Landkreises dem MZV beitritt. Fällt die Entscheidung dafür aus, will die Stadt für Bürger Infoveranstaltungen initiieren, um die Veränderungen zu erläutern.
„Die Neustädter müssen sich keine Gedanken machen, dass es in der Stadt irgendwann unerträglich stinkt.“ Thomas Groll, Bürgermeister