Stadtverordneten geht es beim „Nein" ums Prinzip

Zinser und Schwalm wehren sich gegen „Ausgleichsmaßnahmen“
Nur 37 Minuten dauerte die Stadtverordnetenversammlung in Neustadt am Montag, aber dennoch gab es eine Besonderheit: Eine Abstimmung fiel nicht einstimmig aus.
von Florian Lerchbacher
Neustadt. Eigentlich herrscht in der Stadtverordnetenversammlung meist große Einstimmigkeit. Die Neustädter bereiten die Punkte der Tagesordnung in den Ausschüssen gut vor, beraten sich und finden Lösungen, denen alle Stadtverordneten zustimmen. Diesmal jedoch fanden sich in Reihen der CDU zwei Abweichler, die allerdings weniger Kritik am konkreten Beschluss hatten. Vielmehr ging es Volker Zinser und Klaus Schwalm ums Prinzip.
In der konkreten Vorlage hatte die Stadt den Vertretern der Bürger vorgeschlagen, zwei Flächen mit einer Gesamtgröße von rund 5 700 Quadratmetern zum Preis von etwas mehr als einem Euro pro Quadratmeter an die Bundesrepublik Deutschland zu verkaufen. Die Flächen sollen für „Kompensationsmaßnahmen für die B-3-Ortsumgehung Frohnhausen genutzt werden: Ziel ist es, gemäß der Kulturgeschichte am „Etzgeröder Teich“ aus einem Wiesenstück eine Art Teich zu machen.
Zinser bezeichnete die „Ausgleichsmaßnahmen“, die bei Eingriffen in die Natur (wie beim Straßenbau) vorgeschrieben sind, als „nicht mehr zeitgemäß“. Oftmals würde Ackerland vernichtet, monierte der Landwirt und betonte: „Nasse Wiesen füllen nicht die Teller.“
Bürgermeister Thomas Groll hatte Verständnis für die andere Meinung seiner Fraktionskollegen, hob aber noch einmal hervor, dass in Neustadt Grünland veräußert werde, von dem es in der Kommune einen Überhang gebe. Daher sei der Verkauf (zu Preisen, die den Bodenrichtwerten entsprechen), vertretbar. Noch dazu passe das Vorhaben zum Silek-Konzept der Stadt.
Groll verkündete während der Stadtverordnetenversammlung außerdem, dass 2 275 Unterschriften bei der Aktion „Ja zur A 49 – Nein zu einem Verkehrskollaps in Neustadt“ zusammenkamen. Die Liste mit Befürwortern des Weiterbaus der A 49 in einem Rutsch will der Bürgermeister persönlich nach Wiesbaden bringen und „nicht nur beim Pförtner abgeben sondern bei jemandem, der etwas zu sagen hat“. In der kommenden Woche steht für Groll zudem ein Termin mit den Bürgermeistern von Schwalmstadt und Stadtallendorf auf der Agenda, bei dem die Stadtoberhäupter eine gemeinsame Position entwickeln wollen, ü In Sachen interkommunaler Zusammenarbeit kam auch die Windenergie noch einmal auf den Tisch: Die Unterlagen liegen derzeit beim Regierungspräsidium zu Überarbeitung. Im Januar soll laut Groll klar sein, ob es bei den Mindestanforderungen an die Windgeschwindigkeit für Standorte von 5,75 Metern pro Sekunde bleibt. Sei dies der Fall, habe sich das Thema für Neustadt wahrscheinlich erledigt. Insofern würden sich Fragen dazu derzeit nicht stellen.
Entsprechend widmeten sich die Stadtverordneten auch nicht näher einem Antrag der SPD-Fraktion aus dem September, in dem es um die Gründung einer Energiegenossenschaft geht. „Es bringt uns nichts, über potenzielle Standorte für Windräder oder Genossenschaften zu reden, wenn das Regierungspräsidium bei 5,75 Metern Windgeschwindigkeit bleibt“, resümierte Groll.