Tunnel bekommt privaten Betreiber

 

Ministerium erwartet bei vorläufigem Autobahnende in Schwalmstadt keinen „Gau“, Bürgermeister zweifelt

Das hessische Verkehrsministerium werde selbstverständlich „Maßnahmen treffen“, um die Folgen eines Autobahnendes bei Schwalmstadt zu mindern, betonte gestern ein Ministeriumssprecher.

von Michael Rinde

Neustadt. Die Nachricht, dass das hessische Verkehrsministerium plant, den Frankenhainer Tunnel auch durch einen Privatinvestor ausstatten und betreiben zu lassen, kommt überraschend. Dieser Plan sei bei der Weiterentwicklung der Konzeption entstanden, erklärte gestern Wolfgang Harms, ein Sprecher des Verkehrsministeriums, im Gespräch mit dieser Zeitung. Es soll derselbe Investor sein, der in Zukunft auch die beiden A-49-Abschnitte Schwalmstadt – Stadtallendorf (Verkehrseinheit 30 genannt) und Stadtallendorf – Gemünden (Felda, Verkehrseinheit 40) baut und betreibt. Mit diesem Schritt, so wird diese Änderung in Wiesbaden begründet, solle für einen „reibungslosen Ablauf‘ gesorgt werden. Klar ist, dass der Tunnelbetrieb wirtschaftlich sicherlich besonders herausfordernd ist. Es bleibt abzuwarten, wie sich ein Privatinvestor das am Ende von der öffentlichen Hand bezahlen lassen wird.

Im Jahr 2020, das bestätigte das Verkehrsministerium gestern noch einmal, soll der reine Autobahnbau von Neuental bis Treysa geschafft sein. Die OP hatte im Dezember ausführlich darüber berichtet. Wann die ersten Fahrzeuge über das Autobahnstück tatsächlich rollen werden, hängt dann davon ab, wann der Privatinvestor mit dem Endausbau des Tunnels Frankenhain fertig sein dürfte. Diesen Termin kann das Verkehrsministerium nicht vorhersagen. Das alles gilt derzeit ohnehin nur unter der Prämisse, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung für eine solche öffentlich- private Partnerschaft (ÖPP) positiv ausfällt. Diese Prüfung erfolgt im ersten Halbjahr dieses Jahres. Darin werde auch der Privatbetrieb des Frankenhainer Tunnels untersucht, erklärte Harms auf Nachfrage. Definitiv fest steht bisher, dass der Bund das Geld für den begonnenen Autobahnabschnitt Neuental – Schwalmstadt bereitstellen wird.

Zunächst nur ein Fünftel der Fahrzeuge?

Neustadts Bürgermeister Thomas Groll (CDU) hatte im Dezember deutlich klargemacht, was er bei einem vorübergehenden Autobahnende im Jahr 2020 für Schwalmstadt, Neustadt und im weiteren Verlauf auch Stadtallendorf befürchtet: den „Verkehrs-Gau“ durch die zusätzlichen Fahrzeuge, die dann in die Region und durch die Städte strömen. Das Ministerium sieht diese Gefahr nicht. Diese Situation sei schon beim Baurecht für den Abschnitt berücksichtigt worden, heißt es dazu vom Verkehrsministerium. Dort wird anders gerechnet. Demnach erwarten die Planer für den Fall, dass die Autobahn 49 zunächst bei Schwalmstadt endet, deutlich weniger Fahrzeuge als bei einem vollständigen Ausbau bis Gemünden (Felda), nämlich nur ein Fünftel, also etwa 6 400. Diese Zahl gilt in der Verkehrsuntersuchung für den Prognosezeitraum 2025. Zudem sollen sich diese Fahrzeuge nicht komplett durch Schwalmstadt und den Ostkreis bewegen, sondern sich auch in andere Richtungen verteilen. „Ein Verkehrs- Gau ist also nicht zu befürchten“, schreibt das hessische Verkehrsministerium in seiner Antwort auf die Fragen der OP.

Gleichwohl soll es Hilfen geben. Sprecher Harms nennt für diese befürchtete Übergangszeit beispielhaft „verkehrsbehördliche Anordnungen“. Von Umfahrungen Neustadts, wie sie Groll verlangt hatte, ist aber in Wiesbaden nicht die Rede.

Bürgermeister Groll bleibt bei seiner Position, nachdem er von den Ministeriums-Aussagen gestern erfuhr. „Meine Vermutung bleibt, dass es zu Verkehrschaos kommen könnte, wenn diese Situation eintritt. Das Ministerium hat eine andere Vermutung“, formuliert Groll. Er hoffe natürlich, dass sich die Vermutung des Verkehrsministeriums am Ende bewahrheite und nicht seine eigene.

Groll fürchtet, dass die zusätzlichen Fahrzeuge in naher Zukunft durch besonders sensible Neustädter Straßen rollen werden: etwa durch die Querallee, an der Martin-von-Tours-Schule vorbei, nahe am Familienzentrum Regenbogen und dem Freibad. „Wir reden dann nicht nur über Pkw, sondern auch über Lastwagen“, macht er klar.

 

Hintergrund

Im vergangenen Sommer endete ein politisches Tauziehen um die Finanzierung des insgesamt 43 Kilometer langen Weiterbaues der A 49. Der Bund hatte sich dabei bereiterklärt, die bis dato fehlenden 120 Millionen Euro für den Abschnitt bis Schwalmstadt bereitzustellen und die übrigen beiden Abschnitte über ÖPP zu finanzieren. Einen verbindlichen Fertigstellungstermin für diese Abschnitte gibt es nicht. Nach wie vor ruht auch noch eine weitere Klage gegen das Baurecht für den Abschnitt Stadtallendorf – Gemünden (Felda).

 

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