Versteckte Talente sollen sich zeigen

Stadt will mit einem „Demographie-Dialog“ dem Bevölkerungsrückgang in Neustadt entgegenwirken
Neustadt. „Neustadt ist nicht die Stadt weniger, sondern aller Bürger“, sagt Bürgermeister Thomas Groll und ruft dazu auf, an der Entwicklung von Ideen mitzuwirken.
von Florian Lerchbacher
„Wir müssen die versteckten Talente in unserer Stadt finden und die Menschen dazu ermutigen, diese auch zu nutzen“, sagt Groll in Hinblick auf den im Juni startenden „Demographie-Dialog“.
Die Alterstruktur wird sich bis zum Jahr 2050 erheblich verschieben. Die Zahl der Personen über 65 Jahren wird sich im Vergleich zu heute nahezu verdoppeln, die der Menschen unter 16 Jahren dafür halbieren. Für Mittelhessen hat die Bertelsmann-Stiftung durch die niedrige Geburtenrate und die Abwanderung in Ballungszentren einen Rückgang der Bevölkerung um drei Prozent vorausgesagt, für Neustadt sind es sogar zehn Prozent.
Um auf diese Entwicklung vorbereitet zu sein beziehungsweise ihr entgegen zu wirken haben die Landesregierung und der Landkreis Projekte zum demographischen Wandel in Gang gesetzt. Das Land Hessen unterstützt Kommunen, die einen „Demographie-Dialog“ starten, mit 5 000 Euro – das „Projekt Zukunft Neustadt“ ist eines der Konzepte, das gefördert wird. Dazu gehören unter anderem „Neustadt soll grüner werden“, „Ab in die Mitte“ oder der einmal im Monat stattfindende Aktionsmarkt. Zudem hoffen die Neustädter auf weitere Unterstützung: Heute fällt der Kreistag darüber eine Entscheidung. Voraussetzung für die Förderung durch das Land ist, dass sich Gruppen bilden und Projekte auf den Weg bringen. Zusätzlich müssen die Neustädter Veranstaltungen organisieren und eine Dokumentation für die Hessische Staatskanzlei auf den Weg bringen.
Auftaktveranstaltung unter dem Motto „Älter – Weniger -Bunter“ ist am 23. Juni von 19 bis 21.30 Uhr im Haus der Begegnung. Die Moderation übernimmt Ellen Ehring von der Organisationsberatung Ehring & Kuehn, die sich seit Jahren mit dem demographischen Wandel auseinandersetzt. Sie berichtet über dessen Auswirkungen im
Allgemeinen und mit besonderem Blickpunkt auf die Junker-Hansen-Stadt.
In den Kleingruppen soll ein Dialog über die Thematik initiiert werden, um diesen in Zukunft fortzuführen. „Zukünftige Stadtgestaltung und die Weiterentwicklung der kommunalen Seniorenarbeit sind zwei Dinge, die behandelt werden könnten“, sind sich Ehring und Groll einig.
Der Bürgermeister hebt gleichzeitig hervor, dass sich die Stadt nicht in zahlreichen Aktionen „verzetteln“ dürfe. Der „Demographie-Dialog“ solle daher eng mit dem zu erarbeitenden Stadtentwicklungskonzept, der Arbeit der neu gegründeten „Region Herrenwald“ aber auch dem Dorferneuerungsprozess in Momberg und den Planungen für die Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne verzahnt werden. Schließlich dienten all dieses Prozesse einem Ziel: der Zukunft Neustadts – und an der Verfolgung dieses Ziels sollten sich möglichst viele Bürger beteiligen.
„In Arnsberg wurden zum Beispiel die Fünfzigjährigen eingeladen, um sie darüber zu befragen, wie sie sich das Leben mit 60 oder 70 Jahren vorstellen“, berichtet Ehring. In der Generation 50plus gebe es schließlich großes Wissen und viel Lebenserfahrung: „Das sind Ressourcen, an die eine Stadt rankommen und die sie nutzen muss“, ergänzt sie. Eine Stadt könne schließlich ein Projekt auf den Weg bringen, es moderieren und teilfinanzieren: „Von den Bürgern muss aber auch Engagement kommen.“
„Vielleicht lässt sich ein Gesprächskreis aufbauen, der Ideen entwickelt“, sagt Groll und fügt hinzu: „Viele davon können wir dann sicher auch umsetzen. Den Menschen muss bewusst werden, dass sie sich engagieren – auch wenn die politische Entscheidung letztendlich beim Magistrat liegt.“