Straße gehört wieder den Künstlern

Viele Profis kommen zur elften Auflage des Straßenmalerfestivals • Förderung durch Projekt „misch mit“
Auch in diesem Jahr findet in Neustadt das einzige Straßenmalerfestival Hessens statt. Ab dem 31. August verwandeln zahlreiche Künstler die Marktstraße in ein Meer aus Farben.
von Marcello Di Cicco
Neustadt. Roswitha Trümpert erinnert sich noch genau – als von der Straßenmalerei in Neustadt nur die Idee existierte. Mehr als zehn Jahre ist es her, dass die Vorsitzende des Arbeitskreises Straßenmalerfestival seinerzeit in Geldern am Niederrhein ein Straßenmalerfestival besuchte und dachte: So was könnte man in der Junker-Hansen-Stadt doch auch machen. Also sprach Trümpert in Geldern Künstler an – mit Erfolg. 2009 feierte das Festival in der Kleinstadt im Marburger Ostkreis seine Premiere. Mit dabei: Jürgen Janßen, Ruth Brauer oder der russische Künstler Nikolaj Arndt, der früher in Neustadt wohnte. „Nikolaj malte damals in Neustadt erstmals auf der Straße und ist inzwischen weltweit unterwegs mit seiner Kunst. Er gehört zu den Spitzenmalern in Deutschland“, sagt Trümpert ein bisschen stolz angesichts dieser künstlerischen „Entdeckung“.
Auch bei der inzwischen elften Auflage des Straßenmalerfestivals, das von Samstag, 31. August (10 bis 18 Uhr), bis Sonntag, 1. September (9 bis 15.30 Uhr, Siegerehrung ab 17 Uhr), in der Marktstraße stattfindet, sind Arndt und Brauer wieder dabei – und weitere namhafte Profimaler. Der ausrichtende Arbeitskreis Straßenmalerfestival hat bereits die Zusagen von Wolfgang Städter, Michele Buscio, Larisa Moise und der Neustädterin Susanne Dieper.
Neu stößt Abraham Burciaga hinzu. Der Mexikaner hat „weltweit Preise gewonnen“, erzählt Trümpert. Ebenfalls zum ersten Mal kommt der in Berlin wohnhafte Kroate Filip Mrvelj. Besonders freut es Trümpert, dass sich das Festival in Neustadt unter den Profikünstlern herumgesprochen habe. „Einige Künstler haben sich bei uns beworben“, erzählt die Arbeitskreis -Vorsitzende.
Doch nicht nur Profis sollen in Neustadt zum Zuge kommen. Das Miteinander mit den Hobbymalern, von denen bisher immer zwischen 150 und 160 dabei waren und die laut Trümpert „ein wichtiger Teil“ seien, sei ein wesentliches Merkmal der Veranstaltung. „Dass alle Teilnehmer gleichberechtigt sind, macht den Charakter unseres Festivals aus“, sagt Trümpert, „es gibt kein Konkurrenzdenken. Die Maler geben sich untereinander sogar Tipps.“
In diesem Jahr steht das Festival unter dem Motto „Die Welt zu Hause in Neustadt (Integration und Inklusion)“, womit man „alle ansprechen“ wollte, erklärt Dieter Trümpert, Vorsitzender des erst kürzlich gegründeten Bürgervereins „Wir für uns“, in den das Festival integriert wird – allerdings erst ab kommendem Jahr. „In diesem Jahr lag die Vereinsgründung zeitlich noch zu nah am Austragungstermin“, begründet er.
Gefördert wird die Veranstaltung zum einen von Sponsoren, wozu neben der Stadt auch Gewerbetreibende gehören. Zum anderen stehen erstmals finanzielle Mittel aus dem Projekt „misch mit“ des Vereins zur Förderung bewegungs- und sportorientierter Jugendsozialarbeit (bsj) Marburg mit dem Büro für Integration zur Verfügung. „Derartige Fördermittel sind für uns
wichtig, um das Niveau halten zu können – zumal wir als Arbeitskreis über keine Mitgliedsbeiträge verfügen“, erklärt Roswitha Trümpert.
Neu ist diesmal, dass es für jede der sechs Altersgruppen eine Jury bestehend aus Profimalern gibt. Zudem sollen alle Kindergartenkinder eine Urkunde und Medaillen erhalten. „Damit wollen wir etwas den Druck wegnehmen“, sagt die Arbeitskreis- Vorsitzende. Wertungen gebe es erst ab dem Schulkindalter.
Eingeläutet wird das Straßenmalerfestival bereits am Freitag, 30. August: Bei einer Vernissage stellt Jürgen Schmittdiel aus Neustadt, der bekannt ist für seine Baumfotografien, ab 18 Uhr im Historischen Rathaus seine Arbeiten aus – musikalisch begleitet von Artur Seewald.
Aufwarten kann der Veranstalter mit einem großen Rahmenprogramm. Auf der Marktplatz- Bühne treten die Momberger
Band „Two+One“ (Samstag) und die Kasseler Gruppe „New Pony“ (Sonntag) auf – an beiden Tagen zudem die 15-jährige Sofia aus Treysa. „Grundsätzlich steht die Bühne aber jedem frei zur Verfügung“, hofft Roswitha Trümpert, dass auch Gäste ihre Kunst zum Besten geben. Darüber hinaus gibt es Stände der OP, des Waldkindergartens Neustadt, des bsj-Quartierbüros, des FC Intertürk Neustadt und des Bürgervereins „Wir für uns“. Auch Tattookünstlerin Velasha Nierath und Stelzenkünstler „Ringelschlingel“ sind dabei.
Neben Helfern und Sponsoren sucht der Arbeitskreis noch Personen, bei denen Profimaler Unterkommen können. „Das sind total liebe Menschen“, sagt Roswitha Trümpert, die auch diesmal auf zahlreiche Teilnehmer und Besucher hofft – und auf das Wetter. Denn dies meinte es in den vergangenen zehn Jahren meist nicht gut mit den Straßenmalern.