Bau der Gasse leert Bürgers Kasse – MNZ

Momberger fürchten zu hohe Anliegerbeiträge, wenn Straßen saniert werden.
Von Friederike Gatzke
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Neustadt-Momberg. Kein Grundstücks-Besitzer sehnt den Tag herbei, an dem seine Straße erneuert wird. Denn Anliegerbeiträge sind kein Pappenstiel. Die Anlieger von Arenecke, Pfaffenhöfer Straße und Tannenbergstraße in Momberg hatten sich darauf eingestellt. Doch Rechnungen von 40 000 Euro haben ihre Schmerzgrenze überschritten. Sie wappnen sich zur Klage. Sie bezweifeln, dass Bürgermeister Thomas Groll (CDU) alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um seine Bürger vor „überzogenen Rechnungen“ zu bewahren.
Im März wurden die Anlieger informiert: Die drei Straßen würden noch in diesem Jahr grundhaft erneuert werden. Auf sie, die Anlieger, würden 75 Prozent der Baukosten zukommen. Im Klartext bedeutet das zwischen 16 und 20 Euro pro Quadratmeter des eigenen Grundstücks. Vier Wochen später ging die Ausschreibung raus.
Die Anlieger fühlten sich überfahren. Und als sie ausgerechnet hatten, wie tief sie für die Straße in die Tasche greifen sollen, kam der Schock. „Für manche kommen Kosten zwischen 30 000 und 40 000 Euro zusammen, und das bei einer normalen Arbeiter- oder Witwenrente“, sagt Klaus Mösch. Er ist der Sprecher der Interes-. sensgemeinschaft (IG), zu der sich die Anlieger noch im März zusammenschlössen.
Große Chancen rechnet sich Klaus Mösch nicht aus. Der Bürgermeister habe formal korrekt gehandelt, sagt er. Allerdings erwarten sie mehr von ihrem Bürgermeister: Sie erwarten Einsatz. Sie erwarten, dass der Bürgermeister einen passenden Fördertopf für ihre Straßen ausfindig macht. Bürgermeister Groll wehrt ab: Für Anliegerbeiträge gebe es prinzipiell keine Fördermittel.
Die Anlieger wollen den Straßenbau nicht verhindern. „Die Straßen sind marode und müssen gemacht werden“, sagt Klaus Mösch.
■ Bürger meinen, dass die Wege billiger in Stand gesetzt werden können
„Doch der strittige Punkt ist, wie sie erneuert werden und vor allem, wie abgerechnet wird. Wir wollen nicht über Gebühr zur Kasse gebeten werden.“ Fünf bis zwölf Euro sei der in Neustadt übliche Quadratmeterpreis, habe ihre Recherche ergeben. Die veranschlagten 16 bis 20 Euro würden jeden Rahmen sprengen.
Bürgermeister Groll hält dagegen: „Man kann keine zwei Straßen miteinander vergleichen. Man muss verschiedene Faktoren beachten. In jenen Straßen haben wir erstens wenige Anlieger, zweitens große Grundstücke und drittens lange Straßen.“ Die Anlieger sind allerdings der Meinung, dass die Straße auch billiger erneuert werden könnte, wenn auf „sinnlose Maßnahmen“ wie Verkehrsinseln oder gepflasterte Bürgersteige verzichtet werde.
Am meisten ärgert die Anlieger, dass der Magistrat ihre Straßen als Anliegerstraßen eingestuft hat. In Anliegerstraßen verursachen die Anlieger
den größten Teil des Verkehrs. Deswegen müssen sie 75 Prozent der Baukosten stemmen. Stuft der Magistrat die Straße dagegen als innerörtliche Durchgangsstraße ein, wird anders abgerechnet: Die Anlieger müssen statt 75 Prozent nur 50 Prozent der Kosten tragen.
Die Anlieger sind überzeugt, dass sie die Kriterien einer innerörtlichen Durchgangsstraße erfüllen. Über ihre Straßen werde nicht nur der Durchgangsverkehr zum benachbarten Neubaugebiet abgewickelt, sondern auch der zur Schule. Hinzu kämen Tag für Tag 15 bis 20 Busse.
Bürgermeister Groll entgegnet: „Ich kann doch jetzt nicht sagen, es ist eine innerörtliche Durchgangsstraße, nur damit mich die Bürger nicht an den Pranger stellen.“ Der Magistrat habe seine Entscheidung auf der Grundlage einer Empfehlung des hessischen Städte- und Gemeindebundes (HSGB) gefällt.
Inzwischen habe sogar noch ein Vor-Ort-Termin mit einer Referentin des HSGB stattgefunden. Die endgültige Bewertung sei noch offen. Allerdings bezweifelt er, dass der HSGB seine Meinung ändert.
Er geht davon aus, dass die Stadt die Rechnungen für die Bürger mit einem Anliegeranteil von 75 Prozent ausstellen wird. Und er geht auch davon aus, dass die Anlieger Widerspruch einlegen und sie sich vor dem Verwaltungsgericht in Gießen wiedersehen werden. „Das gestehe ich bei diesen Summen jedem zu“, sagt er.